Hallo, hier ist die Nightline…

Wer kennt so eine Situation nicht, in der nachts die Gedanken über einen hereinbrechen und sich die  Sorgen zu gigantischen Problembergen auftürmen. Für solche Nächte bieten Studierende der Universität Freiburg ein anonymes, vorurteilsfreies Zuhörertelefon, die so genannte Nightline an.

Jemanden anrufen, wenn man dringend einen Gesprächspartner braucht: Die Studierendengruppe Nightline bietet ein offenes Ohr für Alle, die jemanden brauchen, der einfach nur zuhört, ohne zu werten oder altkluge Ratschläge zu erteilen. Eine entspannte und freie Atmosphäre soll dabei dem  Anrufer  ermöglichen, eigene Lösungswege für seine Probleme zu erarbeiten.

„Wir bekommen ja nur einen Ausschnitt von den Problemen des Anrufers mit“, sagt Nightline-Mitarbeiterin Sophie, die nicht mit ihrem richtigen Namen genannt werden will, da alle Mitarbeiter anonym bleiben. Die Nightline wolle einfach eine angstfreie Atmosphäre ohne Druck bieten.

„Wir sind keine Therapeuten. Wir sind Zuhörer und  begegnen einander auf Augenhöhe“, betont Sophie. Weder Anrufer noch Mitarbeiter müssen eine Lösung finden, noch eine Entscheidung treffen.

„Es gibt allerdings Probleme, die wir nicht bearbeiten können oder dürfen, da wir dazu nicht ausgebildet sind“, erklärt Sophie.  Deshalb werden den Anrufern bei Bedarf auch professionelle Beratungsstellen genannt.

Nicht werten sondern zuhören

„Man wird ja im Alltag ständig bewertet, bei uns gibt es deshalb einen wertfreien Raum, wo alle Gefühle zugelassen werden“, sagt Sophie.

Die Nightline ist nicht nur ein Sorgentelefon für Probleme innerhalb der Universität, auch bei privatem Kummer können Studierende die 0761-203 93 75 wählen. „Kein Problem ist zu klein, um bei uns anzurufen“ sagt Sophie: Vom Prüfungsstress, über finanziellen Sorgen bis hin zu Trennungsschmerz oder Krankheitsfällen.

Und: Man dürfe auch anrufen wenn man keine Probleme habe. Auch bei generellem Redebedarf oder wenn man ein Erfolgserlebnis teilen wolle, sei man bei der Nightline richtig.

Anonymität als oberste Priorität

Gut zuzuhören lernen die neuen Mitglieder von schon erfahrenen Mitarbeitern in speziell für sie ausgerichteten Schulungen. Diese finden einmal im Semester statt und sind verpflichtend für jeden der bei Nightline mitmachen will. Außerdem werden regelmäßig Supervisionen unter Anleitung von Therapeuten und Psychologen angeboten, bei denen die Mitarbeiter die geführten Telefonate reflektieren können. Selbstverständlich wird dabei die Anonymität der Anrufer immer gewahrt.

Anonymität ist sowieso einer der Grundsätze von Nightline. Damit wirklich alle Studierenden anrufen können, geben sich die Mitarbeiter auch im Freundeskreis nicht als solche zu erkennen. Wenn es doch mal vorkommen sollte, dass eine bekannte Person anruft, wird die Situation sofort aufgeklärt und der Anrufer im Zweifelsfall an die Nightline anderer Universitäten weitergeleitet.

10 Jahre Nightline

Dieses Jahr feiert die Nightline ihr zehnjähriges Bestehen. Um für einen höheren Bekanntheitsgrad zu sorgen, gab es an allen Mensen der Universität, der Katholischen Fachhochschule und der PH Gratiskuchen. Hier wurde mit Masken und Perücken für Anonymität gesorgt. Die Nightline verteilte Flyer und warb damit nicht nur für ihr Angebot sondern auch, um Interessierte über die Mitarbeit bei Nightline zu informieren.

Anonymität ist oberstes Gebot bei Nightline – bei allen Aktionen und am Telefon.

1995 brachte ein Austauschstudent aus Heidelberg die Idee des studentischen Sorgentelefons mit nach Deutschland. In England existiert ein solches Angebot schon seit 1977 und ist heutzutage an nahezu jeder Universität  Großbritanniens zu finden. Auch in Deutschland ist die Nightline neben Freiburg auch in vielen anderen deutschen Städten, wie Münster oder Konstanz aktiv.

Für ihre ehrenamtliche Arbeit erhielten die Studierenden auch schon eine Auszeichnung: Im Jahr 2010 wurde die Nightline mit dem  dritten Preis  in der Kategorie „Soziales Leben“ des Ehrenamtswettbewerbs „echt gut“ der Landesregierung Baden-Württemberg ausgezeichnet.

Finanzielle Unterstützung bekommt die Nightline unter anderem vom  AStA, dem Studentenwerk, durch Qualitätssicherungsmittel sowie von privaten Spendern oder durch Kooperationen mit Firmen, wie beispielsweise der Sparkasse Freiburg. Die Gelder werden vor allem  für Werbematerial wie Flyer oder Plakate benötigt sowie für Schulungen und Fortbildungen bei Beratungsstellen wie „Frauenhorizonte“, „Arbeitskreis Leben“ oder „pro familia“  eingesetzt.

Mitmachen!

Wer Interesse hat bei der Nightline mitzumachen, findet auf der Homepage die Termine für unverbindliche  Informationsveranstaltungen. Momentan umfasst die Gruppe ungefähr 60 Mitarbeiter. Gearbeitet wird zwischen drei und fünf  Abenden pro Semester, je nachdem wie es der eigene Zeitplan zulässt. Hinzu kommen natürlich noch das Organisieren von Fortbildungen, Supervisionen und Weiteres.

Voraussetzungen gibt es keine. Weder das Studienfach, noch Alter oder Geschlecht sind von Bedeutung. Jeder der Zeit hat zuzuhören, ist willkommen.

Anrufen & Kontakt

Seit dem Sommersemester 2011 ist die Nightline jede Nacht  von 21 Uhr bis 1 Uhr unter der Telefonnummer 0761-203 93 75 zu erreichen. Wenn Euch was auf den Nägeln brennt, einfach mal anrufen!

www.nightline.uni-freiburg.de

Fotos:Mitarbeiter: Wiebke Hammers
Veröffentlicht am 27. September 2012

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