Freiburger Student erfindet Amerika

Freiburger Student erfindet Amerika

Amerika – einige wissen, dass die Bezeichnung des Kontinents eine Wortschöpfung war, angelehnt an den Namen des Seefahrers Amerigo Vespucci. Doch nur wenige wissen, dass der Erfinder des Namens in Freiburg studierte. Eine Ausstellung im Museum für Stadtgeschichte widmet sich seinem Werk.

An bekannten Namen ehemaliger Studierender mangelt es der Universität Freiburg nicht. Wer noch auffallen möchte, muss sich schon etwas Besonderes ausgedacht haben: Eine große Weltkarte zum Beispiel, auf der die Neue Welt im Jahre 1507 erstmals als „Amerika“ bezeichnet wird.

Martin Waldseemüller gilt als Schöpfer des so genannten „Taufscheins Amerikas“, der noch bis zum 2.Juni 2013 in der Ausstellung „Oberrheinischer Humanismus und Geographie“ im Museum für Stadtgeschichte in Freiburg in einer Reproduktion zu sehen ist.

Waldseemüller begann 1490 sein Studium in Freiburg – in einer Zeit, in der die Menschen Europas die Antike für sich wiederentdeckten. Die Renaissance der Schriften antiker Autoren im 15. und 16. Jahrhundert brachte den Humanismus als geistige Strömung hervor.

Buchdruck – eine Revolution wie das Internet

Eine Zeit der sensationellen Entdeckungen, die nicht an Aktualität verloren hat, meint Professor Wolfgang Kofler, der am philologischen Seminar Freiburg für die Konzeption der Ausstellung mitverantwortlich ist.

„Etwas Neues finden wir nur heraus, wenn wir unsere Wurzeln kennen. Im Humanismus wurde vorgelebt, was wir heute anstreben: Grenzüberschreitende Zusammenarbeit, Verbindung von Wissenschaft und gesellschaftlich-pädagogischem Auftrag. Es war eine Aufbruchszeit, die mit der Erfindung des Buchdrucks eine Revolution ausgelöst hat, die sich heute gut mit dem Internet vergleichen lässt.“

Der Humanismus fiel am Oberrhein auf fruchtbaren Boden

Diese mediale Revolution prägte auch die Region. In den oberrheinischen Städten Strasbourg, Sélestat, Basel und Freiburg entstanden Druckereien, in denen auch geographische Bestseller aus der Antike verlegt wurden.

Darunter die im 2. Jahrhundert nach Christi entstandene Geographie des Klaudios Ptolemaios aus Alexandria, der Martin Waldseemüller gemeinsam mit weiteren humanistischen Gelehrten im französischen Vogesenstädtchen Saint Dié besonders intensive Studien widmete.

Aus Terra Incognita wird Amerika

Die Entdeckung neuer Gebiete im Westen der Welt durch Christoph Kolumbus 1494 war den Forschern bekannt. Kolumbus selbst dachte allerdings, er sei in Indien gelandet. Erst Amerigo Vespucci konnte mit seinen Seefahrten gesicherte Erkenntnisse liefern, dass es sich um bisher unbekanntes Land handelte. Da Amerigo Vespuccis Berechnungen Waldseemüller mehr überzeugten, wurde aus „Terra Incognita“ erstmals „Amerika“.

Die oberrheinischen Forscher veröffentlichten 1507 neben der Waldseemüllerkarte auch einen Faltglobus zum Selber-Basteln (Foto zum Vergrößern ganz unten), auf dem Amerika zu sehen ist. Weltweit sind nur vier Exemplare des Faltglobus bekannt – eines davon wurde in der Historischen Bibliothek Offenburg gefunden und der Ausstellung als Leihgabe zur Verfügung gestellt.

Grenzüberschreitende Forschung

Die Ausstellung ist Teil des Projekts „Humanistisches Erbe am Oberrhein“, das als trinationales Forschungsinitiative die Drucke der oberrheinischen Humanisten in den Beständen der regionalen Bibliotheken erfasst und zusammenführt. Neue Erkenntnisse über ihre Tätigkeit und die Nutzung der wertvollen Bücher werden in einem internationalen Kolloquium und mehreren Vorträgen vorgestellt.

„Für Studenten ist das sicher interessant, weil wir im Humanismus in eine Zeit versetzt werden, in der sich wissenschaftsgeschichtlich viele Analogien zu heute erkennen lassen“, sagt Professor Kofler.

„Forschung als Verbundsangelegenheit, die nicht mehr in den Elfenbeintürmen einzelner Fakultäten stattfindet sondern fächerübergreifend vorgeht und so verschiedene Wissenschaftler wie Kartographen, Philologen und Mathematiker zusammenschloss. Die Auffassung von Bildung war universell – und Saint Dié sozusagen ein humanistisches FRIAS.“

Info

Was? Ausstellung “Oberrheinischer Humanismus und Geographie. Martin Waldseemüller und die Entdeckung der Neuen Welt”

Die Ausstellung zeigt humanistische Original-Dokumente aus den Beständen oberrheinischer Bibliotheken. Darunter auch ein Faksimile der ersten Weltkarte, die den amerikanischen Kontinent zeigt.

Wann: 21. April – 2. Juni 2013

Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag 10 bis 17 Uhr

Wo: Museum für Stadtgeschichte Freiburg
Wentzingerhaus
Münsterplatz 30, Freiburg
Tel.: 0761 / 201-2515

Eintritt: 3 Euro / erm. 2 Euro, Führungen mit 2 Euro Aufpreis

Mehr Info: www.humanismus-am-oberrhein.eu

Zum Vergrößern auf das Foto klicken

Quelle-Historische-Bibliothek-Offenburg_gross

Foto: 
Faltglobus: 
Quelle Historische Bibliothek Offenburg
Veröffentlicht am 8. Mai 2013

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