Der Wert des Körpers

Der Wert des Körpers

Verkommt der Körper zur profitablen Ware für Gesundheitswesen und Sport? Wann hört Leistung auf und fängt Doping an? Verschwindet der Körper in der digitalen Welt? Das dritte interdisziplinäre Symposium des FRIAS stellt aktuelle und historische Fragen rund um die Wertigkeit des Körpers – ein wissenschaftlicher Perspektivenwechsel, der sich für Studierende aller Fachrichtungen lohnt. 

Insgesamt 15 Vorträge wird es zu hören geben, wenn sich Vertreterinnen und Vertreter aus den Bereichen Philosophie, Geschichte, Soziologie, Kunst-, Literatur- und Sportwissenschaft, Biologie, Medizin und Informatik vom 13.-14. Juni 2013 zum interdisziplinären Austausch treffen.

Im Zentrum der diesjährigen Tagung steht „Der Wert des Körpers“. Eine Kategorie, der sich die Vorträge auf unterschiedliche Weise nähern. Gastgeber und Initiator der Veranstaltung ist das Freiburg Institute for Advanced Studies (FRIAS), das sich alle zwei Jahre um einen anregenden Diskurs der Wissenschaften bemüht.

Körper als ideeller und materieller Wert

Den Reiz des Symposiums mache die Heterogenität und Kombination der Beiträge aus, erklärt Professor Dr. Wolfgang Eßbach, emeritierter Soziologe und Co-Direktor der FRIAS School of History. Hintergrund der Themenfindung sei dabei der Doppelsinn der Rede vom Wert gewesen – den Körper gesund und fit zu halten koste etwas und für manche sei der Körper auch ein ideeller Wert. „Wir haben versucht, Paare zu bilden, um solche Spannungen deutlich zu machen“, sagt Professor Eßbach.

So fragen Vorträge zu Körperkult, Gesundheitswesen oder Leistungssteigerung nach einer ökonomischen Werteinschätzung des Körpers, wohingegen Beiträge zu historischen Körperbildern, Körperkult oder Schmerzpoetik einen ideellen Blickwinkel auf das Thema anwenden. In der Gegenüberstellung bilden sie Anlass zur Kontroverse und laden zum Dialog der Perspektiven ein.

Die Vorträge: Von Doping bis zum Verschwinden in der Digitalen Welt

Das Symposium zögert nicht, brisante Themen wie Doping und Kostenexplosion im Gesundheitswesen anzusprechen, blickt aber auch zurück in die Vergangenheit und entdeckt, dass manches, was aktuell erscheint, so neu eigentlich gar nicht ist. „Professor  Groebner, ein Historiker aus Luzern, hat uns völlig überrascht mit dem Thema Organhandel und Handel mit Körperteilen in der frühen Neuzeit“, erzählt Professor Eßbach.

Dr. Werner Bartens, Redakteur der Süddeutschen Zeitung, wird dazu den aktuellen Gegenpol bilden und angesichts von individuellen Gesundheitsleistungen oder Dreipunktpflege die Gewinnoptimierung am kranken Körper kritisch hinterfragen.

Die Beschaffenheit des Körpers ist eine wichtige Konstante für Gesundheit und Schönheitsempfinden, aber auch für Leistung. Gerade im Sport wird den natürlichen Anlagen gerne nachgeholfen. Dominic Müser von der Nationalen Doping Agentur Deutschland vertritt diese Debatte mit seinem Vortrag ‚Saubere Leistung?! – Doping in Sport und Gesellschaft’.

Angesichts der lokalen Dopingfälle eine aktuelle Sache, findet auch Professor Eßbach: „Wenn wir in Freiburg eine Tagung zu Körpern machen, ist Doping natürlich ein Thema“.

Nicht nur Doping ist im Sektor Wertsteigerung des Körpers einzuordnen, auch chirurgische Eingriffe versuchen sich an einer Optimierung des Vorhandenen. Das Schädelbasisprojekt aus Berlin geht diesen Bereich aus einer innovativen Richtung an. Mit dem Vorhaben, deformierte Säuglingsschädel chirurgisch zu normalisieren schlossen sich Mediziner und Kunsthistoriker zusammen, um gemeinsam eine adäquate Schädelform zu erarbeiten. Das kooperative Projekt wird durch Kunsthistorikerin Dr. Uta Kornmeier und Mediziner PD Dr. med. Ernst-Johannes Haberl vorgestellt.

Auch die körperlose Kommunikation, wie sie in Zeiten von Facebook und anderen sozialen Netzwerken immer mehr stattfindet, wird reflektiert. Dr. Bernard Robben, Informatiker an der Universität Bremen, wirft mit seinem Vortrag‚ Erzählungen vom Verschwinden des Körpers in der Digitalen Welt’ einen Fragenkomplex auf, der den kommunikativen Wert des Körpers im Internet kritisch beleuchtet.

Schließlich ist es heute über das Internet möglich, mit anderen Menschen in Kontakt zu bleiben oder sogar zu studieren – ohne sich dabei vom Schreibtisch wegzubewegen.

Tanz und Kunst ergänzen die Tagung

Künstlerisch unterstützt wird die Veranstaltung durch die Tanzperformance ‚Show and Tell’ der in der Schweiz lebenden Choreografin Simone Aughterlon, die an zwei Abenden im Theater Freiburg zu sehen ist. Die Choreografie widmet sich dem Spiel von Ausdruck und Kommunikation des Körpers und ist in das komplementäre Gesamtkonzept des Symposiums eingebettet: „Von Anfang an war unser Gedanke, nicht nur wissenschaftliche Thesen und Diskussionen zu haben, sondern auch künstlerische Repräsentationen“, erklärt Professor Eßbach die Verbindung zum Medium Tanz.

Als weitere visuelle Unterstützung von Körperlichkeit wird die in Freiburg lebende Künstlerin Celia Brown abstrakte Körperplastiken in den Räumen der Tagung ausstellen.

Eine Bereicherung für Studierende aller Fachrichtungen

Mit einer Reihe namhafter und internationaler Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie zahlreichen Themen aus den unterschiedlichsten Bereichen verspricht das Symposium eine lohnenswerte Veranstaltung zu werden.

Studierenden bietet der interdisziplinäre Ansatz die Möglichkeit, einmal über den eigenen wissenschaftlichen Tellerrand zu blicken und sich anregen zu lassen. Denn darum gehe es bei einer internationalen und interdisziplinären Tagung, fasst Professor Eßbach zusammen: „Um Ideen und ungewöhnliche Kontraste abseits des vorgeschriebenen ECTS-Sammelns“.

Und wer weiß, mit etwas Glück findet sich vielleicht sogar eine Idee für die nächste Haus- oder Abschlussarbeit?

Infos

Was: Interdisziplinäres Symposium „Der Wert des Körpers“

Wann: 13.6.-14.6., 9 Uhr bis 17 Uhr

Wo: Universität Freiburg, Aula, Platz der Universität

Eintritt: Zur Veranstaltung sind Studierende und alle weiteren Interessierte herzlich eingeladen, der Eintritt ist frei

Programm: www.frias.uni-freiburg.de/koerper

Ansprechpartnerin: Dr. Anna Ertel,  0761/203-97409

Tanz: Die Tanzveranstaltung „Show and Tell“ findet am 13.6.2013 und 14.6.2013 jeweils um 20 Uhr im Kleinen Haus des Theater Freiburg statt.
Karten sind über das Theater erhältlich.

Foto: Plakat Veranstalter
Autoren:
Veröffentlicht am 5. Juni 2013

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