Kampfsport im Wort-Dschungel

Kampfsport im Wort-Dschungel

Jeden Dienstag um 20 Uhr fliegen in der Landeszentrale für politische Bildung die Fetzen, wenn die Mitglieder des Debattierclubs sich gegenseitig mit rhetorisch geschliffenen Wortbeiträgen und gut durchdachten Argumenten attackieren. uniCross war bei der Showdebatte dabei.

Auf dem Tisch liegen eine Stoppuhr und ein Richterhammer bereit. Fünfzehn Minuten vor Beginn der Showdebatte ist bei den Mitgliedern des Debattierclubs jedoch keine Spur von Nervosität. Sie diskutieren darüber, wer mit wem welche Seite vertreten soll. Das Publikum lässt auf sich warten – „Ist das hier der Debattierclub?“, heißt es recht schüchtern – aber kurz vor acht sind alle 30 Plätze in dem kleinen Büroraum der Landeszentrale für politische Bildung belegt.

Studierende aller Fakultäten sind gekommen: Von Germanistik über Politik, Medizin, Informatik bis hin zu Anglistik. Laura und Laura haben gerade ihr Studium der English and American Studies aufgenommen und sind da, weil sie Tanja Strukelj, die einzige debattierende Frau an diesem Abend kennen. Sie waren noch nie auf einer Debatte und erhoffen sich, mit guten Argumenten überzeugt zu werden. Christian, der Informatik studiert, erhofft sich eine gute Debatte mit „nicht zu viel Show“.

Regierung und Opposition argumentieren

Schließlich geht es los. Die beiden Teams ziehen sich in ihre zehnminütige Vorbereitungszeit zurück. Julian von Lautz debattiert an diesem Abend nicht mit, sondern leitet die Debatte, macht Fotos und gibt zu Beginn eine kurze Einführung zum Ablauf einer organisierten Debatte. Das Thema für diesen Abend lautet: „Sollen für Studiengänge mit geringen Berufschancen weniger Studienplätze angeboten werden?“. Eine kurze Abstimmung mit Handzeichen vor der Debatte zeigt, dass das Publikum sich einstimmig gegen eine solche Regelung aussprechen würde.

Ein Team tritt als „Regierung“ an und argumentiert dafür, diese Regelung einzuführen. Die andere Seite bildet die „Opposition“ und argumentiert dagegen. Die Redner haben jeweils sieben Minuten Zeit, Argumente für die ihnen zugeloste Seite vorzutragen. Außer in der ersten und letzten Minute der Redezeit dürfen die Anderen Fragen stellen. Sie geben ein Handzeichen und der Redner entscheidet, ob die Frage gestellt wird oder nicht. Julian wacht über die Zeit und schlägt mit dem Hammer auf den Tisch, wenn die Redezeit beginnt beziehungsweise endet.

Es geht ums Gewinnen

Beim Debattiersport kommt es nicht darauf an, seine eigene Meinung zu vertreten oder eine möglichst konsensfähige Kompromisslösung zu finden. Viel eher soll geübt werden, Argumente für eine beliebige Position zu finden und diese rhetorisch geschliffen vorzutragen. Doch zurück zur Debatte: Die Teams kommen zurück in den Raum und die „Regierung“ darf beginnen. Auffallend sind die unterschiedlichen Niveaus der Teilnehmer, aber auch, dass bei allem sportlichen Ehrgeiz und Siegeswillen der Gemeinschaftsgedanke und der Spaß an der Interaktion nicht verloren gehen. Immer wieder gibt es Zwischenrufe, Lacher und Anspielungen auf die anderen Redner.

Das Stimmungsbild im Publikum nach der Debatte fällt, trotz des starken Auftritts des „Regierungs“-Teams mit den Pro-Argumenten, genauso aus wie vorher. Die Mitglieder des Debattierclubs mischen nach getaner Arbeit unter das Publikum und es entsteht eine lebhafte Diskussion über die „krasse Männerdominanz“ im Debattierclub, wie es eine Studentin im Publikum formuliert. Tanja, die einzige weibliche Rednerin an diesem Abend studiert Soziologie und Philosophie. Sie betont, dass die Jungs zwar sehr nett seien, „ein paar Mädels als weibliche Unterstützung“ aber schön wären. Insgesamt gibt es drei Frauen im Debattierclub Freiburg, die anderen beiden konnten allerdings nicht zur Showdebatte kommen. Die Studiengänge der Mitglieder sind bunt gemischt und reichen von Soziologie über Jura bis hin zu Informatik.

Debattieren ist ein Sport

Warum sich in verschiedene Themenfelder hineindenken und am Ende vielleicht eine Position vertreten, die gar nicht der eigenen Meinung entspricht? Grund für Julian und seine Kollegen mitzumachen sei vor allem die Gemeinschaft, die Möglichkeit Freunde zu finden und der Spaß am Kampf. Debattieren ist ein traditionsreicher Sport, der vor allem im angelsächsischen Raum populär ist. Doch auch in Deutschland gibt es immer wieder Turniere, wie zum Beispiel die ZEIT-Debatten, die auch die Showdebatte an diesem Abend sponserten. Bei diesen Turnieren können sich die Teams aus verschiedenen Städten beziehungsweise von verschiedenen Hochschulen miteinander messen.

Debattieren als Hobby kann allerdings auch später im Job hilfreich sein: Der Vortrag vor der Gruppe wird geübt, an der Ausdrucksweise gefeilt, Gesprächsstrategien ausprobiert. Das alles kann bei Vorstellungs- und Kundengesprächen, Präsentationen und vielem mehr im Beruf helfen. „Man lernt Souveränität trotz kompletter Ahnungslosigkeit“, sagt ein Redner der „Opposition“. Das sind doch gute Aussichten.

Der Debattierclub trifft sich jeden Dienstag um 20 Uhr in der Landeszentrale für politische Bildung, Bertoldstraße 55. Interessierte sind jederzeit herzlich willkommen und können auch während des Semesters dazukommen.

 Info

Alle Termine und Infos unter debattierclub-freiburg.de

Foto: Julian von Lautz
Veröffentlicht am 11. Dezember 2013

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