„Was bleibt ist eine Grundangst“

„Was bleibt ist eine Grundangst“

Anna-Lena macht gerade ein Erasmussemester in Frankreich. Sie hat das Attentat auf die Zeitschrift Charlie Hebdo von der Stadt Brest aus miterlebt.  uniCross hat mit Anna-Lena einen Tag nach dem Tod der Attentäter über die Stimmung in Frankreich gesprochen.

Anna-Lena, die Ereignisse in Frankreich überschlagen sich, inzwischen sind die drei Terroristen tot. Ist da auch so etwas wie Erleichterung in der Bevölkerung zu spüren?

Weniger, es bleibt ein beklemmendes Gefühl, eine gewisse Grundangst und die Erkenntnis wie verletzlich demokratische Werte sein können.

Der Schockzustand hat sich aber ein wenig gelegt. Es kommt wieder etwas Normalität in den Alltag, die Medien berichten teilweise wieder über andere Themen. Im Mittelpunkt stehen die Anschläge natürlich immer noch und die Aufarbeitung der Geschehnisse  – in jeglicher Hinsicht.

Wie war die Stimmung nach dem Attentat?

Es herrschte hier der absolute Ausnahmezustand, auf allen Kanälen kamen Sonderberichterstattungen.  Auch die Menschen sprachen nur noch über die Anschläge und waren zutiefst schockiert. Viele fühlen sich als Mitglied dieser Gesellschaft persönlich betroffen.

Die ganze Nation stand unter Schock …

Ja, und ich denke das wird noch lange nachwirken. Die Terroristen haben Frankreich und seine Grundwerte angegriffen. Presse- und Meinungsfreiheit bestehen in Frankreich seit Jahrhunderten und sind essentieller Bestandteil dieser – wie ja auch unserer – Kultur. Darum gibt es diese große, allgemeine persönliche Betroffenheit.

Wie äußert sich diese Betroffenheit?

Die Menschen gehen auf die Straße, landesweit gibt es Gedenkfeiern und Schweigeminuten. Auch in Brest haben sich spontan noch am Mittwochabend tausende Menschen versammelt, ebenso an den folgenden Tagen, wie auch in vielen anderen Städten Frankreichs.

Außerdem sprechen die Leute sehr viel über das Attentat und dessen Folgen und drücken durch die Parolen „Je suis Charlie“ und “Nous sommes Charlie“ (Ich bin/Wir sind Charlie) ihre Anteilnahme aus.

Hast du auch schon so etwas wie eine islamfeindliche Stimmung erlebt?

Nein, das habe ich bisher nicht erlebt. Ich denke die Menschen unterschieden ganz bewusst zwischen den Extremisten und dem Islam an sich.

Anna-Lena Mohr studiert Frankomedia und Musikwissenschaft im 5. Semester. Seit Anfang September macht sie in Brest ein Erasmus-Semester.

Foto: Privat
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Veröffentlicht am 13. Januar 2015

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