Auf den Spuren der Schwarzwälder Kirschtorte

Auf den Spuren der Schwarzwälder Kirschtorte

Kirschen, Sahne und Schokolade. Mit einem Schuss Kirschwasser auf Biskuit ist diese Kombination weit über regionale Grenzen hinweg bekannt und beliebt. Die Schwarzwälder Kirschtorte verbinden wohl die meisten Menschen mit dem Schwarzwald. Ob sie ihren Ursprung jedoch wirklich hier in der Region hat, daran scheiden sich die Geister. Text, Video, Audio, Rezept.

Die Schwarzwälder Kirschtorte kommt – wie der Name schon sagt – aus dem Schwarzwald. Denkt man. Auf den zweiten Blick aber steckt hinter dieser traditionell deutschen Torte eine ungeklärte Vergangenheit.

Andreas Vögele ist Leiter des Internationalen Clubs für Studierende des Studierendenwerks Freiburg-Schwarzwald. Gemeinsam mit seiner Schwester Helga Pavan kam er auf die Idee, einen Schwarzwaldabend in der Mensabar anzubieten. Teil dieses Abends ist ein Schwarzwälder Kirschtorten-„Seminar“. Pavan zeigt während einer Bühnenshow allen Interessierten, wie man eine Schwarzwälder Kirschtorte backt. Darüber hinaus präsentiert Vögele, der dafür viel recherchierte, die Geschichte der Erfolgstorte.

 

Die Schwarzwälder Kirschtorte begann im Glas

Zur Tradition der Süßspeise existieren nur einige belegte Fakten. „Ihren Ursprung hat die Schwarzwälder Kirschtorte nicht als Torte, sondern als geschichtetes Schalendessert“, weiß Andreas Vögele. „Dass man dann daraus eine Torte geformt hat, das fing erst ab den 30er-Jahren des letzten Jahrhunderts an. Das wurde möglich durch die Einführung von Kühlgeräten.“ Diese Erfindung bahnte somit den Weg für Sahnetorten aller Art, unabhängig davon, wer daraufhin als Erster die Schnaps-Sahne-Kirschen-Kombination als Torte weiterentwickelte

„Interessant ist, dass die Schwarzwälder Kirschtorte eine rasante Verbreitung in den großen und bekannten Cafés der deutschen und österreichischen Großstädte erfahren hat“, führt Vögele weiter aus. Daraufhin habe sie sich zunächst als bekannteste deutsche Torte etabliert. Heute reiche ihre Bekanntheit auch weit über Deutschland hinaus.

Drei Theorien zur Weiterentwicklung der Torte

Zu der Entstehung der Torte als solche existieren verschiedene Geschichten. Keine von ihnen ist allerdings verifiziert. „Es gibt zwei Konditorenfamilien oder –betriebe, die für sich beanspruchen, die erste Schwarzwälder Kirschtorte kreiert zu haben“, erklärt Vögele.

Die bekannteste Version besage, dass der aus Riedlingen stammende Konditor Josef Keller 1915 in einem Café in Bad Godesberg bei Bonn eine Torte erfand, die als erste Schwarzwälder Kirschtorte in die Geschichte einging. Diese Kreation soll Keller später auch in seinem eigenen Café in Radolfzell am Bodensee serviert haben.

Die zweite Geschichte soll sich in Tübingen abgespielt haben. Nachforschungen eines ansässigen Stadtarchivars ergaben, dass ein Konditor namens Erwin Hildenbrand 1930 die erste Schwarzwälder Kirschtorte gebacken haben soll. Diese Annahme stützt sich jedoch nur auf mündliche Überlieferungen Dritter.

Hinzu kommt eine weitere Theorie, dass die Torte aus der Schweiz stamme. Dort existiert eine „Schwarzwälder Torte“, die jedoch ohne Kirschen und Kirschwasser auskommt. Der Name rührt von dunklem Boden und Schokolade her, die an einen schwarzen Wald erinnern. Dass daraus die Kreation, die heute als Schwarzwälder Kirschtorte bekannt ist, entstand, gilt jedoch als höchst fragwürdig.

Aufgrund mangelnder Beweise bestehen heute also alle drei Geschichten nebeneinander.

Unklarheiten über die Entstehung des Namens

Auch über die Herkunft des Namens herrscht keine Einigkeit. Denkbar sei, dass die Farben Schwarz, Weiß und Rot an Schwarzwälder Trachten erinnern, sagt Andreas Vögele. Insbesondere der Vergleich der Kirschen mit dem bekannten Bollenhut liege nahe. Glaubt man den Theorien, die besagen, dass die Torte aus dem Schwarzwald kommt, so lässt sich der Name mit der Herkunft erklären. Eine weitere Version führt den Namen auf das Schwarzwälder Kirschwasser zurück, welches ein essentieller Bestandteil der Torte ist. Bis heute ist auch von diesen Theorien keine als die einzig wahre belegt worden.

Tortenbacken nach Vorschrift

Jedoch gibt es gar nicht die eine Schwarzwälder Kirschtorte oder das eine Rezept. Jede Hausfrau, jeder Hausmann und auch jeder Konditor backt individuell.

Offiziell existieren allerdings einige Regeln, wann eine Torte „Schwarzwälder Kirschtorte“ heißen darf. In den „Leitsätzen für feine Backwaren“ steht festgeschrieben, dass es sich dabei um Kirschwasser-Sahnetorten oder Kirschwasser-Butterkremtorten handeln muss, bei denen der zugesetzte Anteil an Kirschwasser geschmacklich deutlich wahrnehmbar ist.

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Seit 2014 ist die Schwarzwälder Kirschtorte eine eingetragene „garantiert traditionelle Spezialität“. Die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung schreibt die Mindestanforderungen an ein „Erzeugnis dieses Namens“ vor. Das Kirschwasser muss Schwarzwälder Kirschwasser sein. Außerdem sind der Durchmesser der Torte (17cm), der Fettgehalt der Sahne (30 Prozent) und der Kakaoanteil der Biskuitböden (3 Prozent) festgelegt.

Für Privatbäcker gelten diese Vorschriften natürlich nicht zwangsläufig. Letztendlich kann doch jeder seine eigene Schwarzwälder Kirschtorte so backen wie es ihm beliebt. Ob nun nach jahrelanger Tradition oder einem Rezept aus dem Internet, die Hauptsache ist doch: Es schmeckt.

Video

► “Die Geheimnisse der Kirschtorte” von der Oma, der Spezialistin und dem Bäckermeister

   

Radio

Die Schwarzwälder Kirschtorte. Wie wird sie eigentlich gemacht?

      Radiobeitrag-zum-Schwarzwälder-Kirschtorten-Seminar

Infos

Mehr Infos zumInternationalen Club für Studierende gibt es hier: www.ic-freiburg.de

Die offiziellen Dokumente zu den Mindestanforderungen der „garantiert traditionellen Spezialität“ sind zu finden unter: www.bundesanzeiger.de

Noch ausführlicher mit der Geschichte der Torte hat sich das Conditorei-Museum Kitzingen befasst: www.conditorei-museum.de/texte9.htm

Rezept für Schwarzwälder Kirschtorte

von Helga Pavan, Leiterin des Schwarzwälder Kirschtorten-„Seminars“

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Biskuit

6 Eier getrennt, 240 g Zucker, 120g Mehl, 50 g Speisestärke, 20 g Kakao

Eiweiß steifschlagen, Zucker hinzufügen, rühren bis die Masse glänzt, Eigelb nach und nach hinzu. Mehl, Stärke und Kakao zusammensieben und unter die Ei-Masse heben. Bei 175-180 Grad etwa 40 Minuten in einer Springform (Durchmesser 26 cm) im vorgeheizten Backofen backen. Auskühlen lassen (wenn möglich, erst am nächsten Tag weiter verwenden).

Füllung

1 Glas Sauerkirschen (Füllmenge ca. 650 g), 1 Päckchen Tortenguss klar oder rot, ½ Liter Sahne (min. 30% Fett, keine H-Sahne), 3 Schnapsgläser Kirschwasser

Biskuit aufschneiden, unterste Scheibe etwas dicker lassen. Kirschen abtropfen, den Saft auffangen. Ein Glas Kirschwasser in einer Schüssel über die Kirschen gießen, ¼ Liter des Saftes mit dem Tortenguss nach Anleitung andicken. Kirschen erneut abgießen und zum angedickten Saft geben. Abgetropftes Kirschwasser auf den untersten Biskuitboden träufeln, Kirschen darauf verteilen, die Hälfte der steifgeschlagenen Sahne darauf streichen. Den zweiten Tortenboden drauflegen, mit Kirschwasser beträufeln und die restliche Sahne darauf verteilen. Den dritten Tortenboden drauflegen und ebenfalls mit Kirschwasser beträufeln.

Verzieren

½ Liter steif geschlagene Sahne, 100 g dunkle Raspelschokolade, Belegkirschen

Sahne um die gesamte Torte herum streichen, Sahnehäubchen darauf setzen, auf die Häubchen je ein Stück Belegkirsche. Torte mit Schokoladenraspeln bestreuen. Über Nacht gekühlt stehen lassen.

Gemeinschaftsproduktion von Dorit Jackermeier (Foto), Tamara Übelin, Lia Kurtskhalia und Kim Banerjea im Seminar „Einführung in den crossmedialen Journalismus“  für Studierende der Medienkulturwissenschaft.

Seminarleitung, Redaktion: Silvia Cavallucci, Ragna Plaehn, Horst Hildbrand

Veröffentlicht am 10. Februar 2015

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