Die Sprache als Waffe

Die Sprache als Waffe

Lateinisch “battere” bedeutet “schlagen”. Und genau darum geht es im Debattierclub Freiburg e.V.: Eine bestimmte Position mit schlagenden Argumenten zu vertreten. Wie der Debattierclub Woche für Woche seine messerscharfe Rhetorik schult.

Nein, im Debattierclub geht es nicht darum, seine persönliche politische Einstellung zu vertreten. Ganz im Gegenteil: Die eigene Meinung ist egal. Die Kunst besteht gerade darin, die provokantesten Positionen so überzeugend und wasserdicht zu präsentieren, dass das gegnerische Team durch die Schlagkraft der Argumente in die Enge getrieben wird.

Jeden Dienstagabend treffen sich die Mitglieder des Debattierclub Freiburg e.V., um sich im Reden zu üben. Der beste Redner der vorherigen Woche darf die Debatte leiten und das Thema wählen. An diesem Abend im Januar ist Jurastudent Jonathan Dollinger der „Präsident“.

Per Los werden die Teilnehmenden in zwei Teams aufgeteilt: Die Regierung und die Opposition, jeweils drei Leute in einem Team.

Nachdem Redner und Publikum – die übrigen Mitgliederder, die danach an der Reihe sind – ihre Plätze eingenommen haben, begrüßt Jonathan Dollinger die Anwesenden und verkündet das Thema: „Wir wollen bei der nächsten Fußballweltmeisterschaft mit einer europäischen Mannschaft antreten.“

Überzeugend argumentieren


Innerhalb von 15 Minuten erarbeiten Regierung und Opposition nun eine Argumentationsstrategie und legen die Redneraufgaben fest.

Und dann geht es los: Der erste Redner der Regierung stellt den Antrag. Er tritt ans Rednerpult, alle Augen sind auf ihn fixiert, der Countdown beginnt: Genau sieben Minuten Zeit hat er, den Antrag der Regierung zu stellen. Sein Hauptargument: Eine EU-weite Identität und die Vermeidung von intereuropäischen Konflikten.

Nun ist die Opposition mit den Gegenargumenten dran. Der Sprecher lehnt den Antrag ab: Der Sinn des Sportereignisses würde verloren gehen, da keine Mannschaft eine Chance gegen die Spitzenmannschaft der EU hätte. Außerdem lehne die Opposition die künstliche Herbeiführung einer Nation ab.

Jetzt gilt es, die jeweiligen Positionen mit weiteren Argumenten zu unterfüttern. Der  zweiter Redner der Regierung holt nicht nur inhaltlich, sondern auch rhetorisch aus: „Wir haben einen Traum! Die europäische Gemeinschaft. Diese können wir nicht mit militärischer Gewalt, sondern mit Fußball erreichen“, ruft er ins Publikum und rudert dabei mit den Armen durch die Luft. Gegen den kleinstaatlichen Nationalismus und für eine Einheit der europäischen Länder wolle die Regierung kämpfen.

Die sieben Minuten sind um, der zweite Redner der Opposition tritt ans Pult und argumentiert dagegen. Es ist ein dynamisches Ringen um die besten Argumente und die Gunst der Zuhörer. Dabei geizen die Redner nicht an Gestik, Mimik, Intonation, ihrer Sprachgewalt. Schlagfertig gehen sie auf die Kritik ihrer Gegner ein und lassen sich nicht aus dem Konzept bringen.

Auf’s Publikum “einpeitschen”

Als letztes treten die beiden Schlussredner von Regierung und Opposition gegeneinander an. Diese Position gilt im Debattieren als die rhetorisch schwierigste, der dritte Redner wird auch als “Whipper” bezeichnet, denn er muss aufs Publikum “einpeitschen”. Er darf keine neuen Argumente einbringen, sondern muss die Debatte abstrahiert zusammenfassen und das Publikum für sich gewinnen.

Das Finale beginnt. Die Peitsche der Redner ist ihre Sprache: Polemisch und lebhaft präsentieren sie ihre Argumente. Anschauliche Beispiele und Metaphern, Antithesen, Parallelismen – kurz messerscharfe Rhetorik mit passender Intonation, gezielter Gestik und einer logischen Argumentationsstruktur.

Nach den Schlussworten berät sich die Jury, die aus dem besten Redner der letzten Woche und einem Berater besteht. Sie beurteilen die Einzelredner nach Sprachkraft, Kontraktfähigkeit, Urteilskraft, Auftreten und Sachverstand. Unter die Teamkriterien fallen Strategie, Interaktion und Überzeugungskraft.

Dann verliest Juror Jonathan Dollinger die Wertungen, jeder Redner bekommt ein Feedback.

Sieger des Abends ist Zsolt Szilagyi. Kein Wunder, denn der Vorstand des Debattierclubs konnte schon Turniererfolge verbuchen und belegte zwischenzeitig den  ersten Platz im nationalen Redner-Ranking. Der Verein belegt deutschlandweit Platz 5.

„Wir debattieren nicht, um gute Plätze auf den Meisterschaften zu holen, sondern um gute Redner zu werden“, betont Vorsitzender Zsolt Szilagyi, der im neunten Semester Jura studiert.

Mitdebattieren!

Wer selbst ein guter Redner werden möchte, kann mitdebattieren: Der Debattierclub ist für alle Interessierten offen. Ob die Streitfähigkeit für Jurastudierende, das Gespräch mit Patienten für Mediziner oder Kundengespräche für Maschinenbauer: überzeugende Rhetorik und Schlagfertigkeit sind in allen Bereichen gefragt. „Durch das Debattieren lernt man, selbst bei völliger Ahnungslosigkeit vorne zu stehen und zu glänzen“, ergänzt Mitglied Johannes Samlenski.

Um so selbstbewusst, schlagfertig und rhetorisch am Rednerpult zu glänzen, bedarf es jedoch einiger Übung.  „Wenn man das erste mal ans Rednerpult tritt, ist man unglaublich nervös, aber man wird von mal zu mal gelassener“, sagt Jonathan Dollinger.

Redner in Aktion.

Schlag um Schlag tauschen die Studierenden also jeden Dienstag ihre Argumente aus. Am Ende reichen sich alle die Hand. „Vielen Dank für die Debatte“.

Infos zum Debattierclub

Der Debattierclub Freiburg e.V. trifft sich in der Vorlesungszeit jeden Dienstag um 20 Uhr in der Landeszentrale für politische Bildung, Bertoldstraße 55 und debattiert über aktuelle Themen aus Politik, Wirtschaft und Kultur.

Derzeit besteht der Club aus rund 40 Studierenden verschiedener Fachrichtungen. Mitmachen können alle, die Lust am Debattieren haben, erwarteter Wissensstand ist das Abitur.

Der Debattierclub Freiburg e.V. ist ein gemeinnütziger Verein, der von Studierenden der Universität Freiburg getragen wird. Er besteht seit 1998.

Vorstand: Zsolt Szilagyi (Präsident), Patrick Flamm (Stellvertreter) und Ute Hoffmann (Kassenwärtin).

Web

www.debattierclub-freiburg.de

Mehr Studierendengruppen bei uniCross

AIESEC Auf und Davon

Freiburger Studenten-Orchester Mitspieler gesucht!

campusnah Simulation Studium

Freiburger Nepalesische Gemeinschaft Ein Hauch von Nepal

Rock your life! Ein Verein der Brücken baut

Studentischer Podcastdienst & Film Mit dem Osteuropakanal in die Ukraine

Amnesty Hochschulgruppe Asyl: Ein dringendes Thema (nicht nur) in Freiburg

Tri Rhena Consulting Beratung mal anders

quaestia Komm mit mir ins Uni-Abenteuerland

weitblick Freiburg e.V. “Weitblicken” in Freiburg

Fotos / Logo: Debattierclub Freiburg e.V.
Veröffentlicht am 20. Februar 2012

Empfohlene Artikel