Brötchen, Spaß und Poesie

Brötchen, Spaß und Poesie

Wer Lust hat, junge und spannende Autoren zu entdecken und die Atmosphäre in einer vollen Studenten-WG mag, der wird zwischen/miete lieben. Die Lesereihe findet drei Mal pro Semester in unterschiedlichen Freiburger Wohngemeinschaften statt. uniCross war im Dezember dabei… Am 25. Januar gibt’s die nächste zwischen/miete!

19:45: Noch ist es ruhig in der Wohngemeinschaft in der Haslacher Straße, in der heute die Lesereihe zwischen/miete stattfinden wird. Die Bewohner sitzen mit den Organisatoren um den Esstisch, es duftet nach dem Abendessen: Nudeln mit Gemüsesoße. Eine typische WG-Küche: Neben dem Geschirr-Abtropfgestell von Ikea, das sich in fast jedem Studentenhaushalt findet, kleben am Kühlschrank Postkarten und das Programm des aka-Filmclubs. Doch in einer Stunde wird es mit der Ruhe vorbei sein. Viele fremde Gäste werden auf dem Wohnzimmerboden sitzen und einer jungen Autorin lauschen.

Stefanie Stegmann, die Leiterin des Literaturbüros Freiburg, hatte im April 2010 die Idee für die zwischen/miete. Sie wollte junge Literatur anders vermitteln als durch die klassische „Wasserglas-Lesung“. Ein Ortswechsel bot sich an: Junge Literatur da stattfinden lassen, wo studentisches Leben passiert, wo diese junge Literatur rezipiert wird und vielleicht sogar entsteht. So entstand das Konzept dieser erfolgreichen Veranstaltung, einer Kooperation des Studentenwerks Freiburg und des Literaturbüros Freiburg.

Junge Literaten lesen in Wohnzimmern

Zu Gast sind junge Schriftsteller, die schon einmal etwas publiziert haben. „Das sind nicht immer Bücher“, sagt Felix Schiller, einer der Organisatoren. „Luise Boege, die heute für uns liest, hat bisher nur in Zeitschriften veröffentlicht.“ Zum Team der zwischen/miete gehören außer Felix, der Deutsch, Geschichte und Philosophie auf Lehramt studiert, noch Carolin Löher, die ihr Studium der Neueren Deutschen Literaturwissenschaft, der Skandinavistik und der Betriebswirtschaftslehre abgeschlossen hat und Franziska Späth, Lehramtsstudentin in Deutsch, Geschichte und Französisch.

20:15: Luise sitzt im Wohnzimmer. Sie wirkt lässig, die dunkelbraunen Haare sind zum Zopf gebunden, zur rostroten Hose trägt sie ein schlichtes schwarzes Shirt und eine khakifarbene Jacke. Die Gäste, vor allem Studierende, sitzen dicht an dicht auf grünen und gelben Kissen auf dem Boden. Auch der Eingangsbereich ist voll mit Menschen, die Luise lesen hören wollen.

Sie beginnt: In ihrer ersten Kurzgeschichte versucht die Ich-Erzählerin erfolglos, einen Mann loszuwerden, der eine starke Frau sucht, welche ihn in einer von ihm konzipierten Art-Performance in den Mund spuckt. Die zweite handelt von einem Mann, der seinen Penis verloren hat. „Warum hat der Mann seinen Penis verloren?“, fragt jemand aus dem Publikum. „Das weiß ich nicht“, antwortet Luise. „Das ist ja schon passiert, bevor meine Geschichte anfängt.“ Die Stimmung ist gut, es wird gelacht und geschmunzelt. Obwohl sich die meisten der Leute nicht kennen, ist es wie eine große Party, nur ohne zu viel Alkohol und kaputte Gläser.

Es ist vor allem dieses Vertrauensverhältnis, das den Erfolg der Lesereihe ausmacht und von der sie lebt. „Es ist noch nie was kaputtgegangen, noch nie was passiert. Die Leute fühlen sich wohl und willkommen“, sagt Felix. Der Gast ist für diesen einen Abend ein Zwischenmieter in einer fremden Wohngemeinschaft und verbringt einen schönen Abend mit Gleichgesinnten.

Jede zwischen/miete ist gut besucht

Den großen Erfolg hatte das Team nicht erwartet. „Eigentlich dachten wir, dass vielleicht 25 Leute kommen. Doch schon bei der ersten Veranstaltung waren 100 Besucher da!“, sagt Felix. Dass sich so viele Leute für junge Literatur interessieren, freut die Organisatoren. „Wir haben gemerkt, dass die Menschen Lust auf Lesungen junger Autoren haben. Deswegen haben wir im Juli 2012 ein größeres Literaturfestival organisiert, die zwischen/brise.“

Cora wohnt in der heutigen Gastgeber-WG und war schon oft bei der zwischen/miete. „Bevor ich aus Freiburg weggehe, wollte ich das auch nochmal bei mir zu Hause erleben“, sagt sie. „Man hat den Spaß bei sich und muss nicht mal rausgehen!“ Sie empfiehlt allen Studierenden, die Lesung bei sich zu beherbergen.

Prinzipiell suchen die Organisatoren immer nach geeigneten Wohnungen. „Zu Beginn haben wir oft einfach Leute in unserem Bekanntenkreis gefragt, die eine passende WG hatten“, erzählt Felix. Wichtig seien vor allem eine zentrale Lage und ein großes Zimmer, von dem am besten noch weitere Zimmer abgingen. „Wir sind immer auf der Suche.“ Appell also an alle, die eine schöne, geräumige Wohnung haben und junge Literatur mögen!

Mittlerweile haben die meisten der Gäste ausgetrunken, Luise liest die letzten Zeilen, gefolgt von lautem Applaus. Cora übernimmt als Gastgeberin die Moderation, einige Gäste stellen Fragen. Luise erzählt von ihrer noch ganz neuen Homepage, ihrem Aufenthaltsstipendium für Schriftsteller im Alfred-Döblin-Haus und ihrem Studium am deutschen Literaturinstitut in Leipzig. 2013 erscheint ihr erster Erzählband, der Titel steht noch nicht fest.

Was allerdings feststeht: zwischen/miete lohnt sich für alle, für die Besucher, die Gäste und die Autoren. Gemeinsam Literatur rezipieren und zusammensitzen, ein Bier trinken, Brötchen essen und diskutieren – ein schöner Abend oder auch der Start zu einer spontanen gemeinsamen Party…

Die nächste zwischen/miete…

Wann 25.1.1013, 20 Uhr, Einlass ab 19.30 Uhr

Was Lyrik von Sascha Kokot

Wo Kartäuserstraße 1, Freiburg

Eintrittt 3 Euro

Mehr Infos zu Terminen und Fotos der vergangenen Lesungen auf www.facebook.com/zwischenmiete

Foto: Sophie Aschenbrenner
Veröffentlicht am 23. Januar 2013

Empfohlene Artikel