Vom Labor unter die Guillotine

Vom Labor unter die Guillotine

Alte Feuerlöscher, Quecksilberthermometer, chemische Lösungen und ausgediente Halogenleuchten: Sondermüll der im universitären Alltag anfällt, wird im Keller der Stabstelle Umweltschutz gelagert. Darunter auch Abfall der besonderer Sicherheitsvorkehrungen bedarf oder mit Pfeil und Bogen „erlegt“ werden muss. 

1.100 Tonnen Müll, das entspricht rund 45 Kilogramm pro Mitglied der Uni, werden jährlich von der Stabsstelle Umweltschutz entsorgt.

„Die Müllberge landen nicht einfach ohne Mehrwert auf irgendeiner Deponie“, sagt der Leiter der Stabsstelle Jürgen Steck, der bei seiner Arbeit viel Wert auf Wiederverwertung legt. Das ganze Team strebt stets die Reduzierung und nachhaltige Entsorgung der uniinternen Abfälle an.

Zwei Drittel des pro Kopf-Abfalls können in Biogasanlagen oder beim Metall- und Altpapierrecycling in Energie oder neue wiederverwertbare Stoffe umgewandelt werden.

An der Uni wird viel Gefahrenmüll produziert

 

Abseits der Abfälle, die man aus dem eigenen Haushalt kennt, lagern noch ganz andere Arten des Mülls im Untergeschoss des Gebäudes der Stabstelle. Tausende chemische Stoffe werden von Studierenden sowie wissenschaftlichem und technischem Personal der Uni produziert.

Dr. Steck im Keller der Stabsstelle, wo die Chemikalien zwischengelagert werden.

Dr. Steck im Keller der Stabsstelle, wo die Chemikalien zwischengelagert werden.

Der größte Posten des Sondermülls ist das Lösungsmittel Aceton. Man kennt es außerhalb der chemischen Laboratorien zumeist als Hauptbestandteil des Nagellackentferners. In den Laboratorien dient es zum Säubern und Trocknen von Reagenzgläsern. Aceton ist unverzichtbar und eine der am häufigsten verwendeten Chemikalien.

Aceton liefert bei der Entsorung Wärme

Ist das Lösungsmittel Aceton zu alt, kann es nicht einfach mit dem normalen Müll entsorgt werden. Stattdessen wird es von geschultem Personal gesammelt und zur Stabsstelle Umweltschutz in die Albertstraße transportiert. Damit unterwegs nichts passiert, stellt bei diesen Fahrten die Stabsstelle den Beifahrer. So sei der chemische Sachverstand an Bord gewährleistet, erklärt Steck.

Am Lastentor werden die Kanister per Aufzug in den unterirdischen Sammelräumen des Hochsicherheitskellers gebracht. Die Kellerräume der Stabsstelle sind brandschutzsicher und mit Notduschen ausgestattet, für den Fall das ein Mitarbeiter versehentlich mit einem Giftstoff in Berührung kommt.

Umfüllanlage in der Stabsstelle für Umweltschutz.

Umfüllanlage in der Stabsstelle für Umweltschutz.

In einer eigens dafür konstruierten Umfüllanlage wird das Aceton in Großbehälter umgefüllt und für den Abtransport in die zugelassene Verbrennungsanlage bereitgestellt. Denn auch Aceton kann nutzbringend entsorgt werden. „Diese flüssigen Stoffe  haben die Eigenschaft, dass sie gut brennen und folglich sehr energiereich sind. Wenn man sie schadstoffarm sammelt, kann man sie fast abgeben wie Heizöl“, sagt Steck.

Sofern der zu verwertende Stoff also keine größeren Verunreinigungen wie Halogene oder Schwefel enthält, können beim Verbrennen giftige Abgase vermieden werden. Die thermische Verwertung der Lösungsmittel liefert Wärme und Energie und kann so den Brennstoffverbrauch von Heizöl und Gas mindern.

Gefahrenfreie Entsorung aus der Distanz

 

In einigen Laboratorien der Uni finden sich aber auch Gefäße, deren Inhalt nicht mehr zuzuordnen ist und die sich nur noch mit Gewalt öffnen lassen. Für solche Fundchemikalien lassen sich die Angestellten der Stabsstelle Umweltschutz etwas einfallen, wie das folgende Beispiel zeigt.

Auf ein Fläschchen, das sich nur noch aus der Distanz gefahrenfrei öffnen ließ, sollte mit einem Luftgewehr geschossen werden. Da dieses am Tag der Sonderaktion nicht einsatzfähig war, nahmen die Mitarbeiter Pfeil und Bogen. .

Das Gefäß mit der unbekannten Flüssigkeit wurde über einem Fass mit spezieller Lösung aufgefangen, in welcher der austretende Stoff abreagieren sollte. „Nach dem Schuss erfolgte eine kontrollierte Explosion“, sagt Steck.

Andere nicht identifizierbare oder gefährliche Fundchemikalien werden in der Regel mit Hilfe einer Kolbenguillotine über weiteren Gefahrgutfässern aufgeschlagen. Die Guillotine wird aus sicherer Distanz durch eine Kette ausgelöst, um das Einatmen giftiger Stoffe zu vermeiden.

Onlinebörse für wiederverwertbare Altchemikalien

Für eine weitere Form der Weiterverwertung von Gefahrstoffen setzt die Stabsstelle auf eine eigens eingerichtete Online-Chemikalienbörse. Diese bietet Angehörigen der Universität die Möglichkeit bereits geöffnete oder übriggebliebene, chemische Bestände für den dienstlichen Gebrauch teils kostenfrei zu erwerben.

Mehr Infos

www.umweltschutz.uni-freiburg.de/

Video zum „exzellenten Schuss“

Wer die fachgerechte Entsorgung mit Pfeil und Bogen anschauen möchte, findet auf dem Podcast-Portal der Uni Freiburg den Beitrag unter

podcasts.uni-freiburg.de/fcf/forum/beitraege/324260421#127945987

Fotos: Julia Harig
Autoren:
Veröffentlicht am 29. Mai 2013

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