Seminararbeit mal anders

Seminararbeit mal anders

An alle, die politische Themen wie Schuldenkrise, Bankencrash oder Verbraucherpolitik spannend finden und Lust haben, sich in einer anderen Form mit wirtschaftspolitischen Fragen auseinanderzusetzen: Der Blog „Think Ordo – Ordnungspolitik neu denken“ von VWL-Studierenden lädt zur Debatte ein.

Anstatt Hausarbeiten zu schreiben, haben Studierende der VWL im Rahmen eines Seminars unter Leitung von Professor Tim Krieger im vergangenen Sommersemester einen Blog erstellt. Der Blog soll als Plattform für den Meinungsaustausch rund um Wirtschaftspolitik dienen. uniCross hat sich mit Malte Dold, der als Doktorand das Seminar mitbetreut hat, und Matthias Bujko, einem Blogger, getroffen und nachgefragt, worum es in dem Blog geht und wie der Blog weitergeführt werden soll.

MaltedoldWie kam es zu der Idee, im Rahmen eines Seminars einen Blog zu erstellen?

Malte Dold: Die Idee stammt von Professor Krieger, der im Rahmen eines Seminars versuchen wollte, ein innovativeres Lernkonzept umzusetzen. In der Lehre ist vieles sehr eingefahren, daher erschien es ihm sinnvoll, etwas Neues auszuprobieren. Was ihm schon länger vorschwebte, war die Verbindung von wissenschaftlicher Tätigkeit und Journalismus im Rahmen eines Blogs. Er hat mich gefragt, ob ich mir vorstellen könnte, das Seminar mitzubetreuen. Ich fand die Idee super, denn ich selbst hatte ein solches Angebot in meinem Studium vermisst.

Was verbirgt sich hinter dem Namen des Blogs „Think Ordo – Ordnungspolitik neu denken“?

Malte Dold: Nach dem zweiten Weltkrieg wurde in Deutschland eine Debatte um die richtige Ordnungspolitik für eine soziale Marktwirtschaft geführt, in der Hoffnung, ein neues und effizientes Wirtschaftssystem in Deutschland aufzubauen. Zwischen den vierziger und sechziger Jahren fand die wissenschaftliche Diskussion ihren Höhepunkt, unter anderem auch hier in Freiburg unter Walter Eucken und später unter Friedrich August von Hayek, welcher 1974 den Nobelpreis erhielt. Die Debatte hat sich dann ein bisschen totgelaufen. Seit den Achtzigern ist forschungstechnisch nicht mehr viel Neues passiert.

Es ist nicht unser Ziel, mithilfe des Seminars die Forschung voranzutreiben, denn das können wir mit einem Blog nicht leisten. Wir wollen aber für alte ordnungspolitische Ideen motivieren und versuchen, darin Antworten auf aktuelle Fragen zu finden. Wir leben in einer Zeit, die für unsere Generation, wenn man beispielsweise an die Schuldendebatte oder die Eurokrise denkt, nicht ganz einfach ist. Mit unserem Blog wollen wir hierzu einen Debattenbeitrag leisten.

MatthiasbujkoMatthias, warum hast du als Studierender mitgemacht?

Matthias Bujko: Ich bin politisch interessiert. Als ich mir die Seminarbeschreibung durchgelesen hatte, dachte ich gleich, dass so ein Blog eine gute Idee ist. Es war wirklich auch mal etwas Neues, nicht so ein Standardseminar, in dem 20 Seiten geschrieben werden und nur andere Wissenschaftler zitiert werden. Es hat mich gereizt, mein Wissen anwenden und meine eigene Meinung zu einem Thema bilden zu können. Natürlich war auch die Vorstellung cool, den eigenen Artikel im Internet veröffentlicht zu sehen.

Wie sah die Arbeit im Seminar und an dem Blog aus?

Matthias Bujko: Insgesamt waren wir neun Teilnehmer. Um das Seminar zu bestehen, musste ein Artikel geschrieben werden. Es stand natürlich jedem frei, darüber hinaus weitere Beiträge zu verfassen. Einmal in der Woche haben wir uns getroffen und über aktuelle Themen in Wirtschaft und Politik gesprochen. Darüber hinaus haben wir uns Zeitungsartikel und andere Blogbeiträge zu den ausgewählten Themen angeschaut.

Zwei Mitarbeiter der Badischen Zeitung haben uns in die Blogszene eingeführt und uns die Unterschiede zwischen journalistischem und wissenschaftlichem Schreiben erklärt. Die verfassten Artikel wurden von den Dozenten gegengelesen und gegebenenfalls korrigiert, denn eine bestimmte journalistische Etikette musste eingehalten werden. Wir wollen ja niemanden angreifen, sondern vernünftig über wirtschaftspolitische Themen diskutieren.

Welche Themen habt ihr bisher besprochen?

Matthias Bujko: Bisher haben wir zum Beispiel über die Schuldenkrise, Internetwährungen, den Bankencrash, Land Grabbing oder die Verbraucherpolitik geschrieben. Die Themen waren bunt gemischt. Wir haben sehr eigenständig gearbeitet und durften auch immer eigene Themenvorschläge einbringen. Über die Themen wurde dann im Seminar abgestimmt.

Wen wollt ihr mit dem Blog erreichen?

Matthias Bujko: Wir wollen prinzipiell jeden ansprechen, der an dem Thema interessiert ist. Neben vorhandenem Interesse ist aber auch ein solides Grundwissen notwendig. Detailliertes Fachwissen wird dabei nicht vorausgesetzt, aber man sollte schon wissen, wie sich beispielsweise das Bruttoinlandsprodukt zusammensetzt.

Malte Dold: Natürlich wollen wir uns auch in der regen Blogsphäre in Deutschland mit anderen Wirtschaftsblogs verlinken. Was ich aber auch wichtig finde, ist, dass Studierende mit ihren Beiträgen in ihrem Freundeskreis eine Meinung lancieren. Das funktioniert beispielsweise über Facebook, wo wir schon Follower haben. Meistens sind das Freunde von Freunde. Es wäre schön, wenn auf diese Weise eine lebhaftere Debattenkultur innerhalb der Studierendenschaft entsteht.

Und wie geht es im neuen Semester weiter?

Matthias Bujko: Die Reaktionen auf den Blog waren durchweg positiv. Wir hatten auch eine Teilnehmerin, die das Seminar ohne ECTS-Punkte gemacht hat. Die Leute sind wirklich interessiert. Allerdings wollen wir weiter an der Diskussionskultur des Blogs arbeiten. Wir sind noch nicht genug vernetzt, damit eine echte Diskussion entsteht, denn diese findet auch zwischen den Blogs statt.

Malte Dold: Im neuen Semester wollen wir versuchen, zu einem größeren Themenkomplex, wie beispielsweise zur Frage nach der Grenze des Marktes, verschiedene Aspekte und Meinungen zu beleuchten. So wollen wir nach außen hin zeigen, dass wir uns auch tiefergehend in vielschichtiger Weise mit einzelnen Themen befassen. Das erste Semester war eine Findungsphase. Wir hatten ja weder einen Namen noch eine Plattform. Ein Drittel des Semesters waren wir mit technischen und organisatorischen Sachen beschäftigt. Dieses Semester können wir uns konzentrierter dem Verfassen von Artikeln zu ausgewählten Themen widmen.

Eine weitere Idee ist es, den Studierendendenkreis auszuweiten. Leider können momentan nur Studierende der VWL in dem Seminar ECTS-Punkte erhalten. In der Zukunft wollen wir das Ganze aber gerne etwas interdisziplinärer gestalten. Es wäre schön, wenn sich mehr Leute für das Seminar und zur Mitarbeit an dem Blog melden, denn nicht jeder muss unbedingt ECTS-Punkte erlangen.

Info

Wer den Blog lesen oder selbst schreiben möchte, findet ihn unter think- ordo.de

Außerdem hat der Blog eine Facebook-Seite: facebook.com/ThinkOrdo

Fotos: Julia Rosche
Autoren:
Veröffentlicht am 5. November 2013

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