Verschenken statt wegwerfen

Verschenken statt wegwerfen

Zwei Holzkisten mit knackigen Möhren, rot-grünen Äpfeln, Salaten und Brot – der „Fair-Teiler“ der Organisation Lebensmittelretten in Freiburgs Gartenstraße ist an diesem Montagnachmittag gut gefüllt. Jana hat herausgefunden, was es damit auf sich hat …

Die Geschichte von „Lebensmittelretten“ beginnt durch den Dokumentarfilmer Valentin Thurn, der mit seinem „Taste the Waste“ Film aus dem Jahr 2011 ein Problem der Industriegesellschaften thematisierte: Etwa die Hälfte aller Lebensmittel in Deutschland, bis zu 15 Millionen Tonnen im Jahr, landen im Müllcontainer. Thurn entschloss sich noch während der Dreharbeiten zu seinem Film, etwas zu unternehmen. Der Schweizer rief „Foodsharing“ ins Leben, eine Internetplatform, über die Privatpersonen überschüssige Nahrungsmittel teilen können.

Seit 2013 gibt es nun zusätzlich die Tochterorganisation „Lebensmittelretten“, die eine Ebene höher ansetzt und Lebensmittelvertriebe in das Projekt miteinbezieht. Auch in Freiburg ist die deutschlandweite Organisation vertreten: Unter dem Motto „Verschenken statt wegwerfen“ engagieren sich örtliche Botschafter, Foodsaver und Freiwillige gemeinsam gegen die Verschwendung von Nahrung.

„Die Lebensmittel werden von hiesigen Biosupermärkten, Bäckereien und Tankstellen an Lebensmittelretten gespendet“, erklärt Tilo Müller, Lehramtsstudent und einer von 140 passionierten „Foodsavern“ in Freiburg. Dabei sind vor allem Schüler, Studierende und Rentner aktiv und sorgen für einen reibungslosen Ablauf.

Was zunächst nach einem netten Versuch á la „und wie kann ich heute kurz die Welt retten“ klingen mag, sei vertraglich vereinbart, akribisch organisiert, und müsse zu jedem Zeitpunkt professionell durchgeführt werden. „Zuverlässigkeit ist alles“, sagt Tilo, denn nur so ließe sich ein positiver Eindruck bei den Kooperationspartnern hinterlassen. „Wir funktionieren ohne Geld und ohne Werbung, da ist positive Mundpropaganda das Wichtigste.“

Foodsaver retten Lebensmittel

Und wie kommt nun die Nahrung aus den Supermärkten in die Holzkisten, die „Fair-Teiler“? „Eine kleine Gruppe von uns Foodsavern trifft sich an festen Tagen bei einem Supermarkt mit einem Angestellten, der uns die aussortierten Lebensmittel des Tages zeigt.“ Diese seien meist verschiedene Sorten von Obst und Gemüse, die entweder zu viele braune Druckstellen hätten, oder das Pech hatten in einer Großpackung mit nur einem schlechten Exemplar zu landen, und somit vom Supermarkt entsorgt werden müssten. Auch Produkte, deren Mindesthaltbarkeitsdatum kurz davor sei abzulaufen, würden von vielen Einkäufern verschmäht und deshalb frühzeitig aus den Regalen entfernt.

„Lebensmittelretten geht den persönlichen und direkten Weg von den Supermärkten zum „Fair-Teiler“ und hat somit allein schon zeitlich mehr Freiheiten was die Auswahl der Lebensmittel angeht“, sagt Tilo. Vom Supermarkt bringen die freiwilligen Helfer die Lebensmittel dann direkt in den nächsten „Fair-Teiler“. Dies sei ein wichtiger organisatorischer Unterschied zum Beispiel zu der Tafel, bei der abgeholte Ware noch zwischengelagert würde.

Des Weiteren unterstützen die Lebensmittelretter öffentliche Veranstaltungen gemeinnütziger Organisationen mit einem kostenlosen kleinen Catering aus ihren Lebensmittelabholungen und erhöhen so nebenbei noch ihren Bekanntheitsgrad.

Spenden und abholen auf Vertrauensbasis

Wer den Lebensmittelrettern in Freiburg unter die Arme greifen möchte, ist willkommen. Vor allem in den Semester- und Schulferien fehle es an Helfern, um die regelmäßig Lebensmittel von den Supermärkten in die „Fair-Teiler“ zu bringen. Außerdem freuen sich die Mitarbeiter über die Spende von alten Regalen und Kisten für die Fair-Teiler und auch Lebensmittelspenden durch Privatpersonen, werden angenommen. Hier vertraue man auf den guten Willen und ein funktionierendes Bauchgefühl von Spender und Abholer, da Spenden im Verteiler weder überwacht noch kontrolliert werden können.

Wer darüber hinaus selbst eine konsumkritische Tendenz hat und aktiv werden möchte, kann sich auf der Webseite über mögliche Formen der Mitarbeit informieren.

Und wer nimmt nun den Salatkopf aus dem „Fair-Teiler“ der Gartenstraße mit? “Wirklich jeder, der vorbeikommt, darf etwas mitnehmen“, sagt Tilo. Oder auch die eigenen verschmähten Zucchini vor dem nächsten Urlaub in die Holzkisten legen. Und ist es nicht ein schöner Gedanke, dass schon der nächste Passant damit eine Grundlage für ein ganz hervorragendes Ratatouille zaubern könnte?

Fair-Teilerstellen in Freiburg

Gartenstraße 19 (G19/Besetztes Haus, Innenstadt)
Susi Vauban (Haus b, Kellereingang)
Thannhauserstraße 1
Stadtteiltreff Brühl-Beurbarung

Info

Foodsharing: Initiative für ein “Ende der Lebensmittelverschwendung” entstand durch Valentin Thurn während der Dreharbeiten zu seinem Dokumentarfilm. Hier entwickelte sich schnell ein Onlinenetzwerk an Privatpersonen, die überschüssige Lebensmittel untereinander austauschten.

Mehr dazu unter www.foodsharing.de

Lebensmittelretten: Von foodsharing e.V. 2013 ins Leben gerufen, um Freiwillige von www.foodsharing.de zu organisieren und nun auch durch so genannte Foodsaver Lebensmittel von Betrieben aller Art vor ihrer Entsorgung zu retten und in „Fair-Teilern“ für alle zugänglich zu machen.

Das System beruht auf dem Anspruch nie direkt mit Geld in Verbindung zu kommen und funktioniert durch ehrenamtliche Mitarbeiter und Sachspenden. Mittlerweile sind über 10.000 Mitglieder unterschiedlichen Alters und Herkunft in Deutschland, Österreich, der Schweiz und den Niederlanden auf der Plattform registriert und im ständigen Austausch.

Weitere Infos gibt’s auf www.lebensmittelretten.de

Link zum Film: www.tastethewaste.com/info/film

Foto: Jana Trietsch
Autoren:
Veröffentlicht am 3. Juli 2014

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