Filme zum Nachdenken

Filme zum Nachdenken

“Wenn ich geschlafen hätt“ heißt der neue Film der Laienfilmgruppe 08fünfzehnFilme, bei dem viele Studierende mitgewirkt haben. Gedreht wurde ohne Budget und vor allem in und um Freiburg, an Orten, die vielen bekannt sein dürften. Am 6.12.2014 fand die Premiere im Theatersaal am Fahnenbergplatz statt.

Keine Kompromisse, sondern Kino für den Intellekt: Die überwiegend studentische Laienspielgruppe 08fünfzehnFilme ist – entgegen ihres Namens – alles andere als gewöhnlich. In der zweiten Produktion „Wenn ich geschlafen hätt“ thematisiert der Film in fünf Episoden Trauer in all ihren Facetten: Von Leugnen und Verhandeln über Zorn zu Resignieren und Akzeptieren. Gezeigt wird das Schicksal verschiedener Menschen „in entscheidenden Situationen, in denen sie – auf jeweils eigentümliche Weise – an ihre Grenzen stoßen, sich an ihnen abarbeiten und versuchen, sie zu überwinden.“

Gründer von 08fünfzehnFilme ist Sören Sebastian Stiegler. Er studiert nicht nur Philosophie und Literaturwissenschaft, sondern ist auch Regisseur, Drehbuchautor, Kameramann sowie der Dreh- und Angelpunkt der Filmkünstler. Sörens erster Film war „Woyzeck“, das populäre Dramenfragment von Georg Büchner. Er schlüpfte damals selbst in die Rolle des tragischen Helden Franz Woyzeck, den einfachen Soldaten, ein Schizophrener, den viele aus dem Schulunterricht kennen.

Gründer von 08fünfzehnFilme: Sören Sebastian Stiegler.

Gründer von 08fünfzehnFilme: Sören Sebastian Stiegler.

Für „Woyzeck“ agierten neben Sören eine Handvoll Laiendarsteller – fast alles Studierende, die aus Karlsruhe stammen. Dort drehten sie 2007 gemeinsam das Debüt mit Camcorder und viel „Herzblut“. Mittlerweile gehören Spiegelreflex und Schulterstativ zur Ausrüstung dazu. „Der Wandel gehört zum Konzept von 08fünfzehnFilme. Mit jedem Film wird man besser. Will man besser werden“, sagt Sören. Was aus Neugierde entstand, wurde zu einem ernstzunehmenden Projekt.

08FünfzehnFilme sollen den Zuschauer zum Nachdenken anregen, denn viel Action ohne Tiefgang sei nicht sehenswert, findet Sören. Stechend scharfe Bilder in High Definition seien eine Frage der Technik, oftmals täuschten sie über die miserable Erzählkunst hinweg. Sören geht deshalb nicht gerne ins Mainstream-Kino: Zu viel Unterhaltung, zu wenig Intellekt.

Der Einfluss der Theater- und Literaturwissenschaften auf 08fünfzehnFilme unterstreicht diesen Anspruch an die Erzählkunst im Breitbandformat. Er zeichnete sich bereits in „Woyzeck“ ab und nimmt seinen Fortgang im Episodenfilm. Titelgebend für „Wenn ich weiter geschlafen hätt’“ ist übrigens Theodor Fontanes Gedicht „Würd’ es mir fehlen, würd’ ich’s vermissen?“. In dem Gedicht erzählt das lyrische Ich von seinem Tag. Es ist ein ganz gewöhnlicher Tag, der wie jeder andere auch mit dem Frühstück beginnt: „Der Kaffe war warm, die Semmel war frisch“. Und während das lyrische Ich den Tag Revue passieren lässt, fragt es sich, ob es diesen Tag vermissen würde, wenn es weiter geschlafen hätte.

Viele Menschen unterstützen die Filmproduktion

Die Szenen im neuen Film wurden in und um Freiburg gedreht: Im Cafe Moltke, im ehemaligen Kamikaze Club, in der Maria Magdalena Kirche in Rieselfeld, in der Tanzschule Gutmann und an vielen anderen Orten. Besonders imposant sind die Aufnahmen am Schloss Menzingen in Hugstetten. Alle Drehorte wurden der Filmgruppe kostenlos für Dreharbeiten zur Verfügung gestellt. Überhaupt arbeiten die Studierenden ohne Budget: Sie produzieren ihre Filme selbst, vom Drehbuch über Kamera, Schnitt, Ton bis zur Maske und Kostüm.

Die Darsteller sind teilweise ausgebildete Schauspieler, doch auch einige Laien besetzen Rollen. „Gerade in Theatergruppen findet man viele engagierte Schauspieler“, sagt Sören. Einige Rollen wurden für ältere Menschen geschrieben und um diese zu finden, schaltete er Zeitungsanzeigen. Von den vielen Rückmeldungen sei er dann doch überrascht gewesen.

Für „Wenn ich geschlafen hätt“ gibt es 27 Sprechrollen und über 50 Statisten. „Wir entschieden im Casting, wer mitspielen darf. Unsere Kriterien waren Begabung, Motivation und Persönlichkeit. Wir wollten Darsteller, die für ihre Rolle brannten und bereits etwas von der Figur in sich trugen.“ Wer das Gremium überzeugte, wurde professionell auf den Dreh vorbereitet: Die Theaterpädagogin Kathrin Schmider coachte gemeinsam mit Markus Beck alle Akteure, beide sind erfahrene Theaterkünstler.

Neben ihnen trugen Masken- und Kostümbildner zur Authentizität des Werkes bei. Timo Stiegler, der Bruder von Sören, ist Grafik- und Webdesigner und gestaltet und betreut die Internetpräsenz von Anfang an. Außerdem wirkten Plakatgestalter, Musiker und Organisatoren unentgeltlich „aus Leidenschaft für die darstellenden Künste“ beim Film mit.

Der Zuschauer muss sich ein eigenes Bild machen

Doch die Frage, die Fontane in seinem Gedicht aufwirft, bleibt offen. Werden die Protagonisten ihre Grenzen überwinden können oder scheitern sie an dieser Aufgabe? Werden sie die Herausforderungen ihres Lebens meistern, auch wenn der Weg schmerzhaft ist? Und vor allem: Erkennen sie in dieser Erfahrung etwas, das ihnen fehlte, das sie vermissten, wenn sie weiter geschlafen hätten? Der Regisseur verrät allerdings nichts. „Wer es herausfinden möchte, soll sich den Film ansehen“, sagt Sören.

Und wer sich fragt, ob es bis zum nächsten 08fünfzehnFilm wieder sieben Jahre dauert, braucht sich keine Sorgen zu machen. Der nächste Film „Wald“ ist bereits abgedreht. Die Premiere ist für 2015 geplant.

Info

„Wenn ich geschlafen hätt“ feierte am 6.12.2014 im Theatersaal desRektorats der Uni Freiburg Premiere.

Im Januar wird der Film im Rahmen einer Veranstaltung des Tripoly-Magazins noch einmal gezeigt.

www.08fünfzehnfilme.de

www.facebook.com/08fuenfzehnFilme

Selber schauen

Impressionen zu “Wenn ich geschlafen hätt” und “Wald” bekommt ihr hier. Zum Vergrößern der Fotos bitte anklicken.

 Fotos: 08fünfzehnFilme
Autoren:
Veröffentlicht am 4. Dezember 2014

Empfohlene Artikel