Erste Herztransplantation im Radio

Erste Herztransplantation im Radio

Am 10.1.2015 feiert der Campus Report, die Sendung der Unis Heidelberg, Mannheim, Karlsruhe und Freiburg bei Radio Regenbogen, seinen 20. Geburtstag. Wolfgang Krause war für die Uni Freiburg von Anfang an dabei. Im Interview erzählt er von seinem ersten Beitrag, einem drohenden Ohnmachtsanfall und davon, wie das Radio der Zukunft aussehen könnte. Mit Fotos aus den Anfängen.

Wolfgang, du bist Radiomacher, Medienpädagoge und heute Koordinator der crossmedialen Ausbildungsredaktionen im Medienzentrum der UB. Am 10.1.1995 bist du mit dem Campus Report zum ersten Mal auf Sendung gegangen. Erinnerst du dich an deinen ersten Interviewpartner?

Ja, an den erinnere ich mich noch sehr gut. Der Beitrag war über die erste Herztransplantation am Freiburger Uniklinikum. Das war wirklich aufregend. Ich habe mit Professor Friedhelm Beyersdorf gesprochen, einem damals jungen Spezialisten aus Frankfurt, der gerade an die Freiburger Uniklinik gewechselt war. Er ist immer noch hier, mittlerweile sind 290 Herzen verpflanzt worden.

In den 20 Jahren hast du für den Campus Report über 1.000 Beiträge produziert. Hast du ein persönliches Highlight?

Es ist schwer, sich festzulegen. Da fällt mir erst einmal der Beitrag über Professor Joseph Weizenbaum ein, den ich 1997 gemacht habe. Er hat in den 50er Jahren in den USA den ersten Computer konstruiert, ein unglaublicher Mann, der mich sehr beeindruckt hat. Er hatte damals eine Gastprofessur in Freiburg und es ist mir gelungen, ihn zum Thema Computerentwicklung zu interviewen.

Sehr gut kann ich mich auch noch an einen Beitrag über eine Hornhauttransplantation in der Augenklinik erinnern, bei der ich direkt neben dem OP-Tisch stand. Ich habe gemerkt, wie ich immer schummriger wurde und wusste, wenn ich mich jetzt nicht zusammenreiße, dann werde ich ohnmächtig. Das einzige, was mir einfiel, war, mich im Geiste wie ein Wilder zu beschimpfen, um bei Bewusstsein zu bleiben. Es hat funktioniert. Professor Bernhard, der die OP durchgeführt hat, hat dabei einfach weitergeredet und nichts bemerkt. Das war für mich ein hochinteressantes Erlebnis.

Sehr beeindruckend war auch ein Beitrag über Meteoriten. Da hielt ich den ältesten Stein, den es auf der Erde gibt, in der Hand, er war über 10 Millionen Jahre alt. Das war verrückt. Insgesamt waren so viele interessante Themen dabei, die mich wirklich faszinierten. Zum Beispiel gab es in Freiburg den einzigen Turngeräte-TÜV der Welt. Alle Turngeräte für sämtliche Meisterschaften mussten durch diesen Turngeräte-TÜV. Oder 1996, als ich einen Beitrag darüber gemacht habe, dass die Uni Freiburg mit einer eigenen Homepage gestartet ist. Das war eine Sensation.

Wie hat sich aus deiner Arbeit für Campus Report das Uni-Radio entwickelt?

Wir, also Herr Dreier, der Leiter der Pressestelle der Uni, und ich, merkten damals schnell, dass bei den Studierenden ein großes Interesse am Radiomachen vorhanden ist. So kam uns die Idee, eine Ausbildungsredaktion ins Leben zu rufen und ich habe im Herbst 1995 begonnen, übers Studium Generale an der Uni Seminare anzubieten. Die Nachfrage war riesig.

Im Frühjahr 1996 haben wir unser erstes Radiostudio am Flugplatz eingerichtet. Die damalige französische Garnison hatte die Kasernengebäude gerade verlassen und wir malten einfach mit Kreide „Uni-Radio“ an die Türen und legten los. Es sah unglaublich aus, die Tapeten hingen in Fetzen von den Wänden und die Böden waren kaputt. Da haben wir unsere erste Technik aufgebaut. Bald haben wir auch angefangen, mit der Uniklinik zu kooperieren und „Radio am Puls“ zu machen, eine Sendung für die Patienten der Uniklinik. Im November 1997 starteten wir die Audioagentur Express-O-Ton, bauten jede Woche einen professionellen Beitrag und schickten den an alle möglichen Sender. Sehr viele Beiträge wurden auch gesendet, insgesamt haben wir etwa 600 Beiträge gemacht.

Und so hat sich alles immer weiter entwickelt bis hin zur crossmedialen Ausbildungsredaktion, die wir heute haben. Das Projekt wird bis heute von der Landesanstalt für Kommunikation sehr stark unterstützt.

Du hast in 20 Jahren beim Radio viel erlebt. Was hat sich in der Zeit verändert?

Interessant war natürlich der Wandel von der analogen zur digitalen Technik – vom Tonband zum Computer. Das hat viele Möglichkeiten gebracht, aber anfangs auch viel Verwirrung gestiftet.

Die Art und Weise zu moderieren ist heute auch eine andere. Die gebauten Beiträge, also Beiträge mit Originaltönen, wurden offiziell abgeschafft, das hat aber bis heute niemand wirklich durchgesetzt. Heute ist im Radio sehr viel Fake, hier hat sich das Radio sehr stark dem Fernsehen angepasst. Angebliche Live-Anrufer werden gecastet und zurückgerufen, Aufgezeichnetes wird als Live „verkauft“, Reporter stehen irgendwo – nur nicht vor Ort – oder ganze Sendungen werden aus dem Computer per Voice-Tracking moderiert. Insgesamt ist das Geschäft schneller, und fast möchte ich sogar sagen brutaler, geworden.

Wie sieht deiner Meinung nach das Radio der Zukunft aus?

Das Radio wird sich weiter sehr stark ins Internet verlagern. Diese Entwicklung wurde um Jahre verschlafen. Bald wird Internetradio überall verfügbar sein, und für diejenigen, die sich bis dahin nicht im Internet etabliert haben, wird es schwierig werden.

Zudem werden die Sender gezwungen sein, noch mehr zeitunabhängigen Inhalt zu produzieren und Radio nicht mehr so linear zu machen, wie das bisher der Fall ist.

Mein Wunsch ist, dass die Medienunternehmen sich mehr von dem finanziellen Druck freimachen können, wie es zum Beispiel detector.fm in Leipzig macht. Die Technik sollte nicht uns beherrschen, sondern wir die Technik. Man sollte die technischen Möglichkeiten für sich selbst nutzen, doch dafür braucht man ein Konzept und eine Vorstellung davon, was die Nutzer wollen und nicht wollen – und: was man selber will.

Vor allem aber sollten wir den Nutzern etwas bieten, das über das hinausgeht, was sie kennen, und neue Anreize schaffen. Und das am besten auf eine Art und Weise, die ihnen neu ist und sie überrascht. Wir sollten erst Neugier wecken und diese Neugier dann befriedigen. Ich hoffe sehr, dass uns das in Zukunft immer mehr gelingen wird.

Info

Campus Report ist eine Radiosendung bei Radio Regenbogen von den vier badischen Universitäten Freiburg, Heidelberg, Mannheim und Karlsruhe. Das Projekt wird von der privaten Hochschule SRH in Heidelberg finanziell hauptamtlich getragen sowie von der Landesanstalt für Kommunikation in Stuttgart. Die SRH hat wie auch die Universitäten einen eigenen Sendeplatz.

Die Sendung der Universität Freiburg ist immer freitags gegen 19.40 Uhr bei Radio Regenbogen auf der Frequenz 101,1 MHZ zu hören.

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Foto: Wolfgang Krause aktuell - Andreas Nagel
Fotos Archiv: Rüdiger Buhl
Veröffentlicht am 9. Januar 2015

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