Die Menschen unter den Perücken

Die Menschen unter den Perücken

Cosplay – das „Kostümspiel“ ist ein Trend aus Japan, bei dem sich begeisterte Jugendliche als Manga-, Anime-, Comic- oder Filmfiguren verkleiden. Was genau verbirgt sich hinter dem Phänomen? Mit Audio, Video & Bildergalerie.

Cosplay kam in den 1990er Jahren aus Japan nach Europa. Der Begriff setzt sich aus den Worten costume und play zusammen, ist also die Mischung aus Kostümieren und Darstellen.

Cosplayer und Cosplayerinnen sind in der Regel Liebhaber von Mangas, Animes, Comics, Filmen oder Computerspielen, die versuchen einen ausgewählten Charakter so original- und detailgetreu wie möglich darzustellen. Nicht selten suchen sich Cosplayer einen Charakter aus, den sie optisch ansprechend finden und der deshalb sehr detailreich gestaltet ist. Auch werden häufig Charaktere gewählt, mit denen man sich identifizieren kann oder mit dem man eine bestimmte Erinnerung verbindet.

Die für Cosplay benötigten Kostüme stellen die jungen Leute häufig komplett selbst her. Das heißt, je nach Zeit- und Geldvorrat sitzen sie Stunden, Wochen oder auch Monate an einem Kostüm und nähen, sticken und kleben. Oftmals wird ein Kostüm mit Unterstützung vieler helfender Hände im Team produziert.

Handwerkliche Fähigkeiten

Cosplay ist nicht nur ein kreatives, sondern auch ein handwerklich anspruchsvolles Hobby. Damit aber auch Unerfahrene mitmachen können, werden bei den regelmäßigen Treffen der Cosplayer, den sogenannten Conventions, Workshops für Anfänger und Profis angeboten. Auch der Umgang mit den verschiedenen Materialien wird dort besprochen. Ein beim Cosplay häufig eingesetztes Material ist Worbla. Worbla ist eine thermoplastische Platte die sich durch Hitze verformen lässt. Sie eignet sich deshalb für die Herstellung von Rüstungen, Masken und Ähnlichem.

Ist ein Cosplay, also ein Kostüm, fertiggestellt, werden Fotos gemacht und gepostet sowie Conventions besucht. Diese bieten, neben den Workshops, professionelle Fotoshootings, Kostümwettbewerbe, Verkaufsstände und den Austausch unter Gleichgesinnten. Eine Veranstaltung ist zum Beispiel die Frankfurter Buchmesse, bei der es einen Bereich nur für Cosplay gibt. Weitere Veranstaltungen, bei denen sich Cosplayer treffen und sich mit ihren Werken präsentieren, sind die Manga-Comic-Con in Leipzig, die DoKomi  – die Anime-, Manga- und Japan Convention – in Düsseldorf und auch die Gamescom in Köln.

Cosplay stößt oft auf Ablehnung

In vielen Köpfen ist das Hobby jedoch negativ konnotiert. Auch auf dem Campus der Uni Freiburg hört man Worte wie „freakisch“, „grausam“ oder „verrückt“ als Reaktion auf Fotos von Cosplayern. Einige empfinden die Proportionen und Kostüme als befremdlich und unnatürlich.

Die Chefredakteurin des großen deutschen Cosplay Magazins „Cohaku“, Sina Voss, vermutet, dass dieses negative Bild durch fehlendes Wissen und mediale Verzerrung zustande kommt. Sie habe schon des Öfteren Anfragen von privaten Fernsehsendern abgelehnt, da diese bereits Cosplayer unter anderem als „Freaks“ dargestellt haben. „Die Hintergründe und der Kontext, warum man das überhaupt macht, werden oft nicht richtig dargestellt und natürlich wirkt man dann sofort wie jemand Verrücktes, der umgangssprachlich ‚kein Leben’ hat.“ Dass einige Menschen Cosplay skeptisch gegenüber stehen kann sie daher auch verstehen.

„Viele Erwachsene vergessen ihre gute Kinderstube, wenn sie uns sehen“, meint die Freiburger Cosplayerin Mimi. Sie habe sich schon häufiger Sprüche von Fremden anhören müssen, die sie im Cosplay gesehen haben. „Die sehen eben nicht die Leute unter den Perücken“, sagt Cosplayerin Mana aus Freiburg.

Da es aber immer mehr Leute gebe, die sich für Cosplay interessieren, sieht Sina die Zukunft positiv und ist sich sicher: „Cosplayer sein wird ‚salonfähig’“. Dadurch wachsen neben der Szene auch die Möglichkeiten, Geld zu verdienen. Neben professionellen Modelaufträgen und Fotoshootings gebe es auch die Möglichkeit Kostüme herzustellen und sie zu verkaufen.

In den meisten Städten gibt es Cosplay-Gruppen, auch in Freiburg. Wer jetzt Interesse bekommen hat, dem gibt Sina den Rat, kreativ zu sein und sich auszuprobieren.

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Cosplay-Glossar

Anime: Zeichentrickfilme, die in Japan produziert wurden

Animexx: Deutsch-Japanischer Verein zur Förderung Japanischer Populärkultur

Cosplay: Verkleidungstrend aus Japan, wird auch als Bezeichnung für das fertige Kostüm benutzt

Convention, Con: Veranstaltung, bei der Cosplayer zusammenkommen und sich austauschen

Crossplay: Cosplayer verkleidet sich als jeweils andersgeschlechtliche Figur

Chibi: Kindlicher Manga-Zeichenstil

Cohaku: Erstes deutschsprachiges Cosplay-Magazin

Kamerakozo: Kameramann oder Kamerafrau, der oder die ausschließlich Cosplayer fotografiert

Manga: Japanischer Comic

Nobuyuki Takahashi: Japanischer Filmregisseur und Produzent, der den Begriff Cosplay geprägt hat

Otaku: Japanisch: „Nerd“, „Geek“

Worbla: Thermoplastische Modelliermasse, mit der man beispielsweise Rüstungen und Masken nachbauen kann

Bildergalerie

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Mehr zu Cosplay

Cohaku-Magazin findet man unter: facebook.com/CohakuMagazin

Freiburger Cosplay-Gruppe: www.facebook.com/groups

Die Organisation der Cosplay-Gruppen läuft über Internetseiten wie beispielsweise www.animexx.de.

Gemeinschaftsproduktion von Madina Bierwirth, Ralph Merettig (Fotos / Montage), Aliscia Albani und Jonas Maier im Seminar „Einführung in den crossmedialen Journalismus“  für Studierende der Medienkulturwissenschaft.

Seminarleitung, Redaktion: Silvia Cavallucci, Ragna Plaehn, Horst Hildbrand

Veröffentlicht am 7. April 2015

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