Der Wald der Zukunft

Der Wald der Zukunft

Der mitteleuropäische Baum hat es im aktuellen Weltklima nicht leicht: Trockenheit und Hitze verursachen Stress, die Anpassung an die neuen Bedingungen erfordert geschicktes Waldmanagement. Wie sichert man das Überleben bestehender Wälder? Welche Baumarten eignen sich, um neue stabile Waldökosysteme zu pflanzen? Mit solchen Fragen beschäftigt sich die Freiburger Baumphysiologie. Mit Video.

Seit 1992 erforscht die Professur für Baumphysiologie am Institut für Forstbotanik der Uni Freiburg das Individuum Baum und seine Wechselwirkungen mit der Umwelt. Die Forscher analysieren biologische Prozesse von der Ökosystem- bis zur molekularen Ebene, um der Frage auf den Grund zu gehen, wie der Wald der Zukunft unter veränderten klimatischen Bedingungen aussehen kann.

Vom Waldsterben zum Klimawandel

„Als Umweltwissenschaft trägt die Forschungsarbeit auch Verantwortung gegenüber der Gesellschaft“, sagt Prof. Rennenberg, Inhaber der Professur. Dabei unterliegt die Forschung immer auch gesellschaftlichen und politischen Strömungen. So hat sich der Schwerpunkt seit Einrichtung der Professur vor gut 23 Jahren von Themen wie dem Waldsterben und seinen Ursachen hin zum Klimawandel verlagert.

„Das Waldsterben, wie man es damals vermutet hatte, hat so nicht stattgefunden“, sagt Prof. Rennenberg. Der saure Regen als Ursache war entgegen allgemeiner Annahmen nur bedingt verantwortlich für die auftretenden Waldschäden.

Zeitgleich nahmen in den 1990er Jahren auch Umweltorganisationen wie Greenpeace das Thema in ihr Programm auf. Seitdem rückte das Bewusstsein um die anstehende Klimaproblematik allmählich immer mehr in den gesamtgesellschaftlichen Interessenbereich.

Dementsprechend standen von da an vor allem Fragestellungen zur Klimaerwärmung im Fokus der baumphysiologischen Forschung. Der Standort Freiburg spielt hierbei eine besondere Rolle: Die Region Süddeutschland, sowie die Wälder in Mitteleuropa sind direkt betroffen.

Die Douglasie – ein Wunderbaum?

Den Klimawandel kann man nicht aufhalten – auch wenn viele das denken. Für die Forschung der Professur für Baumphysiologie steht das allerdings mittlerweile außer Frage. Vielmehr versuchen die Forscher Anpassungsstrategien für die Wälder zu entwickeln.

Und wer weiß? Vielleicht können die Wälder Mitteleuropas einige Tricks und Kniffe von der Dattelpalme lernen, einem Organismus, der selbst unter extremer Trockenheit und Hitze floriert und daher in den Gewächshäusern der Baumphysiologie untersucht wird. Trockenheit und Hitze, direkte Auswirkungen des Klimawandels, sind es, die auch Stress bei einheimischen Bäumen verursachen. Dadurch werden sie zum Beispiel in höherem Maße anfällig für Schädlinge.

Nicht nur bestehende Waldökosysteme müssen stabilisiert werden, erfolgreiches Waldmanagement heiße auch, Baumarten zu kultivieren, die den künftigen klimatischen Bedingungen standhalten können.

Die bedrohte Fichte könne beispielsweise durch die Douglasie ersetzt werden. Die Douglasie, ihrerseits beheimatet auf dem nordamerikanischen Kontinent, gilt unter Baumphysiologen als eine Art Wunderbaum. Schließlich erstreckt sich ihr Verbreitungsgebiet über eine große klimatische Spannweite, folglich können ihr die zunehmend schwankenden klimatischen Bedingungen weniger anhaben.

Der Wald – CO2-Senke oder Ozonschädling?

Die Bedeutung des Waldes für das Klima ist bekannt. Doch sind die Wechselwirkungen zwischen Waldökosystemen und Klima weitaus komplexer als zunächst vermutet, weiß man an der Professur für Baumphysiologie: So gelten Bäume zwar als größte CO2-Senke, wahlloses Aufforsten bestehender Waldökosysteme ist aber auch nicht die Lösung.

„Was sehr oft vergessen wird ist, dass eine ganze Reihe Baumarten existieren, die im großen Maße flüchtige organische Verbindungen in die Atmosphäre abgeben, die Ozonvorläufer sind“, sagt Prof. Rennenberg. Ersetzt man etwa eine Baumart großflächig durch eine andere, kann das ebenfalls Auswirkungen auf das Klima haben. Auch das muss beim Waldmanagement beachtet – und entsprechend Bilanz gezogen werden.

Der Wald der Zukunft

Der Klimawandel ist in aller Munde: Vom klima-bewussten Verbraucher bis zum grüngewaschenen Wirtschaftsunternehmen. So ist es nur folgerichtig, dass vom Wissen um die Klimaproblematik auf gesellschaftlicher bis politischer Ebene auch die baumphysiologische Forschung in Freiburg profitiert: „In diesem Bereich stellt der Bund massiv Geld bereit“, bestätigt Prof. Rennenberg. Seit Mitte 2013 fördert die Bundesregierung unter dem Waldklimafonds Projekte, die zur Anpassung der Wälder an veränderte Klimabedingungen beitragen.

Mit der Professur für Baumphysiologie in Freiburg hat das Bewusstsein um die Bedeutung von Baumökosystemen für die Umwelt und ihre komplexen Wechselbeziehungen auch institutionell Fuß gefasst. Waldmanagement muss also eine umfassende Einschätzung der komplexen lokalen und globalen Systemzusammenhänge liefern. Mit Aussicht auf den Schwarzwald, ist das ja vielleicht nur naheliegend. Als globale Problemstellung gilt das aber auch über die heimatlichen Gefilde hinaus.

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Info

Wer mehr über die Professur erfahren will: 
www.ctp.uni-freiburg.de

Gemeinschaftsproduktion von Vera Mader (Fotos/ Illustration), Nils Müller, Hanna Schweizer, Julian Tröndle im Seminar „Einführung in den crossmedialen Journalismus“ für Studierende der Medienkulturwissenschaft.

Seminarleitung, Redaktion: Silvia Cavallucci, Ragna Plaehn, Horst Hildbrand

Veröffentlicht am 9. April 2015

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