Gemeinsam is(s)t man nicht alleine

Gemeinsam is(s)t man nicht alleine

Ein voller Bauch studiert nicht gern, besagt ein Sprichwort. Damit die grauen Zellen arbeiten können, brauchen sie dennoch genügend Energie. Weil essen mit anderen mehr Spaß macht, treffen sich viele Studierende in der Mensa – oder verabreden sich im Internet zum gemeinsamen Kochen. Warum essen mehr ist als Nahrungsaufnahme.

Eine Lösung um nicht alleine essen zu müssen sind die Mensen der Universität. Die Mensa Rempartstraße beispielsweise ist groß genug für 1.800 Menschen, so findet sich auf jeden Fall ein Platz zum gemeinsamen Essen mit Freunden. Dort laden die großen Gruppentische dazu ein, sich zusammen zu setzen. Die Möglichkeit in der Mensa zu essen nehmen täglich 3.500 Studierende und Gastesser wahr.

Gemeinsames Essen bringt Zeit mit anderen Menschen

Prof. Dr. Harald Lemke lehrt und forscht in den Bereichen Ernährungsethik und Gastrosophie und ist Direktor des Internationalen Forums Gastrosophie. Das Forum beschäftigt sich mit den philosophischen Hintergründen und dem internationalen Kontext von Essen. Gastrosophie setzt sich demnach aus Gastronomie und Philosophie zusammen. Für den Philosophen und Kulturwissenschaftler ist klar: Essen ist mehr als die bloße Aufnahme von Rohstoffen. „Gemeinsam essen ist eine letztlich leicht verfügbare Quelle der Lust. Also es macht Spaß, gemeinsam zu essen.“

Mit wem teilen die Studierenden diesen Spaß am liebsten, wenn sie in die Mensa gehen? Bei einer Umfrage vor der Mensa war die Antwort eindeutig: Die Mehrheit geht mit der Clique, mit Kommilitonen, den Freunden oder Partnern.

Die Zeit, die man sich zum Essen nimmt, kann man auch dazu nutzen, sich mit seinen Kommilitonen oder Freunden auszutauschen, weil diese Zeit ansonsten oft fehlt. Es ist also eine Art der Beziehungspflege. So sieht das auch Claudia Sedelmeier, zuständig für Presse, Kultur und Soziales des Studierendenwerks Freiburg-Schwarzwald. Auch sie und ihre Kollegen nutzen die Zeit in der Mensa zum Essen und für den „Austausch unter Kollegen und Freunden“.

Gemeinsam zu essen sei auch eine Form des Teilens und Teilnehmens, sagt Harald Lemke. „Man lernt in der Tischgesellschaft elementare demokratische Handlungsweisen, und das, glaube ich, ist ziemlich wichtig.“ So ist das Essen mit anderen Menschen auch eine bestimmte Weise der Sozialisation. Gerade auch für Studierende kann der Meinungsaustausch bei Tisch oder das Kennenlernen anderer Blickwinkel auf die Welt interessant sein. Außerdem bietet es natürlich Ablenkung und eine kurze Pause vom Alltag.

Auch die befragten Studierenden vor der Mensa konnten dies bestätigen: Für einen Studenten war die Mensa nicht nur Essensausgabe, sondern auch ein Ort der „sozialen Interaktion.“ Für einen anderen ein „sozialer Treffpunkt.“ Offensichtlich ist das Zusammenkommen mit anderen Menschen wichtig: „Man könnte sagen, es ist ein guter Treffpunkt. Also egal an welchem Teil der Uni studiert wird, man trifft sich normalerweise in der Mensa.“ Für manche Studierenden gehört die Mensa auch zum täglichen Unileben: „Wir haben so ein Ritual, dass wir uns jeden Tag um halb eins treffen.“ Betont wurde immer wieder auch die Gemeinschaft mit anderen Leuten, die man in der Mensa erleben könne. Eine Studentin bringt es auf den Punkt: „Also wenn ich in die Mensa gehe, dann auch, um mit anderen Leuten Mittag zu essen.“

Die Mensa als Ort des Austausches

Das Angebot an Mittagessen ist dabei vielfältig. Die Mensa bietet Gerichte wie den Schnellen Teller für Studierende, die es eilig haben, aber sie ist kein Fast-Food-Laden. Im Gegenteil: „Wir haben den Eindruck, dass die Studierenden lieber zu zweit oder in Grüppchen in die Mensa gehen und gerne auch nach dem Essen noch etwas verweilen“, sagt Claudia Sedelmeier. Häufig sind die Gäste der Mensa so in ein Gespräch vertieft, dass die Mitarbeiter sie an die Rückgabe der Tabletts extra erinnern müssen. Viele Studierenden bleiben noch lange nach eigentlicher Schließung zusammen sitzen, und vergessen beinahe, dass es wieder Zeit zum Studieren ist. Die Mensa sei ein „Ort der Kommunikation“, sagt Sedelmeier. Selbst abends bietet die Essensausgabe der Universität für zwei Stunden die Möglichkeit zum gemeinsamen Abendessen und im Sommer lockt der MensaGarten.

Alternativen zur Mensa

Bleibt noch die Frage: Was tun wenn die Mensa geschlossen ist, man aber trotzdem nicht alleine essen will? Da wäre einerseits die eigene WG oder das Wohnheim. Warum nicht einmal die Woche einen Termin zum gemeinsamen Essen ausmachen? So bleibt man in Kontakt mit den Menschen, mit denen man Küche und Bad teilt und möglicherweise entsteht so auch mehr als eine Zweckgemeinschaft. Sind aber alle Mitbewohner ausgeflogen, man lebt alleine oder es packt einen der Reiz des Unbekannten, so bietet das Internet vielerlei Lösungen.

Zum Beispiel Plattformen, auf denen man sich mit fremden Leuten aus derselben Stadt zum Kochen verabreden kann, wie etwa Cookasa, Running Dinner, Rudirockt und Co. Die Ideen sind immer ähnlich, bei Cookasa zum Beispiel kauft ein Teil der Gruppe das Essen ein, einer stellt die Küche zur Verfügung und die anderen kochen. André Wollin, der Gründer der Internetseite Cookasa, wollte eigentlich nur kochen lernen und lud sich einfach fremde Leute in die eigene Küche ein. Aber jetzt stehe das Kochen für ihn nicht mehr im Vordergrund: „Es geht hier mehr um die Menschen, die das Ganze erleben. Die meisten Leute nehmen Teil, weil sie Lust haben, neue Leute kennen zu lernen.“

Und das geht beim Kochen offensichtlich besonders gut.

Video

“Einen Abend lang gemeinsam kochen und essen”

Mehr Info

Für alle, die gerne einmal mit Fremden essen wollen, hier kommt ihr zu Cookasa:
www.cookasa.com/de
Eine Alternative zu Cookasa bietet Rudirockt:
www.rudirockt.de
Für diejenigen, die Appetit bekommen haben, hier findet ihr die Speisepläne der Mensa Rempartstraße: www.swfr.de

Eine Gemeinschaftsproduktion von Clara Hense, Julia Kanthak (Foto) und Matthias Klingner im Rahmen des Seminars „Einführung in den crossmedialen Journalismus“ für Studierende der Medienkulturwissenschaft.

Seminarleitung, Redaktion: Silvia Cavallucci, Ragna Plaehn, Horst Hildbrand.

Veröffentlicht am 7. Oktober 2015

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