Konflikte am Schopf packen

Konflikte am Schopf packen

Über 2.600 – so viele Promovierende gibt es derzeit an der Uni Freiburg. Bei einer Arbeit, in die so viel Zeit und Kraft investiert wird, kann es auch einmal zu Konflikten kommen. Nun soll ein Ombudsverfahren für Promovierende und Betreuende dabei helfen, mögliche Konflikte während der Dissertation frühzeitig zu lösen.

Die Internationale Graduiertenakademie (IGA) kennen viele Doktorandinnen und Doktoranden gut, die Mitarbeitenden unterstützen diese mit Seminaren und Beratungen. Seit August 2015 sind zwei IGA-Mitarbeitende auch Ansprechpersonen im neu eingeführten zentralen Ombudsverfahren für Promovierende und Betreuende von Doktorarbeiten. Mit dem Verfahren sollen eventuell auftretende Probleme konstruktiv gelöst werden.

„Die Idee, an der Universität Freiburg ein Ombudsverfahren zu konzipieren besteht schon sehr lange“, sagt Dr. David Willmes, ein Mitarbeiter der IGA und der Geschäftsstelle zur Unterstützung der Ombudspersonen. Zusammen mit seiner Kollegin Dr. Carolin Schuchert dient er als Ansprechperson für das Ombudsverfahren. Das baden-württembergische Landeshochschulgesetz sieht vor, dass an allen Universitäten des Landes Ombudspersonen für Konflikte im Promotionswesen eingesetzt werden.

Zweistufige Beratung

Das Besondere an dem Freiburger Ombudsmodell ist das zweistufige Verfahren, das laut Schuchert in Baden-Württemberg einmalig ist: „Die Zweistufigkeit ist das Herzstück unseres Verfahrens.“ Während sich an anderen Universitäten des Landes die Promovierenden direkt an die Ombudspersonen wenden, können die Doktoranden und Doktorandinnen sowie die promotionsbetreuenden Personen der Universität Freiburg zunächst mit Schuchert und Willmes Kontakt aufnehmen. Dies soll die Hemmschwelle, Hilfe tatsächlich in Anspruch zu nehmen möglichst gering halten.

In einem ersten Beratungstermin können die Hilfesuchenden ihren Fall genau schildern. Schuchert und Willmes zeigen anschließend mögliche Optionen auf, wie weiter vorgegangen werden kann. Auch werden Konsequenzen einer Handlung, deren Vor- und Nachteile besprochen. „Wir wollen eine Hilfestellung bei der Entscheidung bieten“, sagt Schuchert, „Oft stehen die Ratsuchenden unter einem großen psychischen Druck.“ Auch informieren die Beratenden darüber, welche anderen Ansprechpartner der Universität Hilfe bieten.

Kann der Konflikt in dieser ersten Stufe nicht gelöst werden, wird im zweiten Schritt bei Bedarf der Kontakt mit den Ombudspersonen hergestellt. Sollte sich das Problem nicht bei einem Gespräch mit diesen klären lassen, gibt es die Möglichkeit zu einem klärenden Gespräch zwischen den beteiligten Personen. Die Kontaktaufnahme zu den Betreuenden erfolgt jedoch erst nach einem schriftlichen Einverständnis der Promovierenden. „Es liegt ganz in der Hand der Doktorandinnen und Doktoranden, das Verfahren jeder Zeit abzubrechen“, sagt Willmes.

Promovierende können die Ombudspersonen selbst wählen

Nach der Rahmenpromotionsordnung der Universität Freiburg sind die Ombudspersonen emeritierte oder im Ruhestand befindliche Personen. Diese haben Erfahrung mit dem Thema Promotion sowie mit der Universität Freiburg, sind jedoch nicht mehr direkt in die Fakultäten oder die Universität eingebunden.

Die Ombudspersonen Prof. Dr. Karin Nehlsen-von Stryk von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät und Prof. Dr. Hans Spada von der Wirtschafts- und Verhaltenswissenschaftlichen Fakultät helfen den Ratsuchenden und unterstützen diese. Ihre Stellvertreter sind Prof. Dr. Ursula Köbl aus der Rechtswissenschaftlichen Fakultät sowie Prof. Dr. Eberhard Schäfer aus der Fakultät für Biologie.

Grundsätzlich können sich die Doktorandinnen und Doktoranden an alle diese Beratungspersonen wenden, der Weg über die Ansprechpartner Schuchert (Promotionsfach Germanistik) und Willmes (Promotionsfach Wissenschaftsphilosophie) ist nicht zwingend. Den Ratsuchenden steht die Entscheidung offen, für ihr Anliegen entsprechend zu wählen, ob sie gerne mit einer Frau oder einem Mann, einem Juristen, Geisteswissenschaftler oder einer Person sprechen möchten, die einen naturwissenschaftlichen Hintergrund hat.

Vertrauliche Beratung für alle Promovierende

Das Ombudsverfahren in Anspruch nehmen können alle Promovierenden der Uni Freiburg aus allen elf Fakultäten. Zurzeit sind das über 2600 Promovierende. „Da ist es eigentlich schon natürlich, dass es auch Problemfälle gibt“, sagt Willmes.

Ratsuchende können sich mit unterschiedlichen Fragen und Sorgen an die Ombudspersonen oder an die IGA-Mitarbeitenden wenden. Hierzu zählen Missverständnisse und Kommunikationsprobleme, die sich aus den unterschiedlichsten Rollen und Erwartungshaltungen ergeben. Konfliktfelder können die Finanzierung der Dissertation, Unzufriedenheit mit der Betreuung, unterschiedliche Vorstellungen in Bezug auf die Forschungsleistung oder bei internationalen Promovierenden Konflikte kulturellen Hintergrunds sein. „Unser Ziel ist es, dass Konflikte früh angesprochen und Missverständnisse im besten Fall ausgeräumt werden können“, sagt Willmes.

Alle Fälle werden vertraulich behandelt und die Beratung kann auf Wunsch auch anonym erfolgen. Dr. Carolin Schuchert betont: „Wir wollen eine niedrige Hemmschwelle erreichen, damit es nicht zu einem richtigen Konflikt kommt.“

Info

Mehr Informationen zum Ombudsverfahren für Promovierende und die Kontaktdaten der Ansprechpartner findet ihr hier: uni-freiburg.de/ombudsstelle

Foto: Sabina Kist
Autoren:
Veröffentlicht am 28. Oktober 2015

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