“Ich habe angefangen, komische Laute von mir zu geben”

“Ich habe angefangen, komische Laute von mir zu geben”

Zur Sommer-Univeristät kommen junge Menschen aus der ganzen Welt an das Sprachlehrinsitut der Uni Freiburg, um Sprache, Stadt und Studierendenleben kennenzulernen. Freiburger Studierende zeigen ihnen die Gegend – und versuchen zu erklären, warum die Deutschen Hausschuhe tragen. Mit Video.

Den ganzen Juli über bleiben die Besucher der Sommer-Universität in Freiburg. „Wir hoffen natürlich, dass durch den Kurs das Interesse der Teilnehmenden an Deutschland und insbesondere an der Universität Freiburg gestärkt wird und vielleicht der ein oder andere zurückkommt, um hier zu studieren“, sagt Maria Petrasch, die als Fachbereichsleiterin am Sprachlehrinstitut (SLI) der Uni Freiburg die Sommer-Universität im Juli betreut. Das Programm, das 2014 zum ersten Mal an den Start ging, hat sich herumgesprochen: In diesem Jahr sind 77 Teilnehmende aus insgesamt 28 Ländern zu Gast – fast viermal so viele wie im Vorjahr. Für den vierwöchigen Deutsch-Intensivkurs, bei dem neben der Sprache auch die deutsche Kultur vermittelt wird, kann sich jeder anmelden, die meisten sind Studierende.

Manche der Teilnehmenden haben sich ein WG-Zimmer gesucht, andere wohnen in Gastfamilien, die das SLI vermittelt. Wer in einer Gastfamilie lebe, bekomme ein „absolutes Allround-Intensivprogramm“, was Sprache und Kultur angehe, schwärmt Maria Petrasch. Deutschkurse stehen für alle auf dem Programm, dazu können je nach Gusto gemeinsam mit den studentischen Tutorinnen und Tutoren Ausflüge und Freizeitaktivitäten unternommen werden.

Als Tutorin muss man improvisieren können

Gloria studiert Romanistik und arbeitet als studentische Hilfskraft für das SLI. Sie ist Tutorin und damit erste Ansprechpartnerin für die Teilnehmenden der Sommeruni. Was ist in ihrem Job wichtig? „Wir müssen immer das Gefühl vermitteln, dass wir den Überblick und alles unter Kontrolle haben“, sagt sie. „Klare Ansagen sind wichtig, außerdem müssen wir immer ein offenes Ohr für die Probleme der Studierenden haben.“ Heimweh haben die wenigsten, meint Gloria. „Dafür sind sie zu beschäftigt.“

Auch Leonie ist Tutorin und Hiwi beim SLI. Das Freizeitprogramm können sie und ihre Kolleginnen mitgestalten. „Es gibt Vorlagen, was immer gut ankommt, zum Beispiel Wanderungen im Schwarzwald oder eine Kneipentour in Freiburg. Aber jede Gruppe ist anders“, sagt die Medienkulturwissenschafts-Studentin. Nach einem halben Jahr beim SLI hat Leonie ein Gespür dafür bekommen, ob sich die Teilnehmenden wohl fühlen. „Mit der Zeit merkt man, wenn sie etwas nicht gut finden, auch wenn sie nicken und lächeln.“

Damit die Sprachschüler folgen können, reden die Tutorinnen langsam mit ihnen. Sie haben die Vorgabe, Deutsch mit ihnen zu sprechen, das allein reicht aber nicht immer aus: „Einmal habe ich angefangen, seltsame Laute von mir zu geben“, erzählt Gloria. „Die Studierenden aus Singapur hängen an jedes Wort die Silbe -na-an, auch wenn sie Englisch reden – das ist nicht so leicht zu verstehen. Irgendwann habe ich es mir dann auch angewöhnt. Das fanden sie lustig, sie haben gesagt: Du redest ja wie wir!’“ Manchmal helfen auch nur noch Hände und Füße, um sich zu verständigen.

Als Tutor und Tutorin muss man improvisieren können, sich auf die Eigenheiten der verschiedenen Kulturen einlassen und vor allem: Nie die Ruhe verlieren.

Die komischen Seiten der Deutschen

Wenn sie ein Problem haben, kommen die Teilnehmenden der Sommeruni oft zu Maria Petrasch. Viele sind zum ersten Mal in Deutschland, manche haben gar ihre Heimat und ihre Familie vorher noch nie verlassen. Erscheinungen eines Kulturschocks kommen durchaus vor. Doch die meisten der internationalen Gäste seien positiv überrascht: „Entgegen den Klischees finden sie die Deutschen meistens sehr nett und freundlich“, sagt Petrasch. Gewöhnen müssen sie sich laut eigenen Aussagen jedoch häufig an einen mitunter direkten Kommunikationsstil.

Auch an andere Angewohnheiten der Deutschen müssen sich viele erst gewöhnen. „Einige Studierende aus Asien fanden es total komisch, dass viele hier Hausschuhe tragen“, sagt Tutorin Gloria. Doch viele der Sprachschüler finden auch Gefallen an der deutschen Kultur. Wie der Niederländer, der Fan der Neuen Deutschen Welle ist und Lieder wie „99 Luftballons“ oder „Skandal im Sperrbezirk“ auswendig singen kann. Langweilig wird es Leonie bei ihrer Arbeit nicht: „Wenn man denkt, einen kann nichts mehr überraschen, fängt ein Holländer an, mit lustigem Akzent ‚Skandal um Rosi’ zu singen.“

Video

“Wie erleben Gaststudierende Freiburg?”

Info

Im Jahr 2014 ergänzte das SLI sein Programm mit der Sommer- Universität im Juli und der Winter-Universität im Februar. Das SLI sucht regelmäßig Tutoren, Gastfamilien und Zimmer zur Zwischenmiete. Mehr Infos dazu gibt’s auf der Facebook-Seite des Sprachlehrinstituts oder auf der Homepage www.sli.uni-freiburg.de

Eine Gemeinschaftsproduktion von Leonie Gies, Iryna Starikova, Massimo Fortino (Foto) und Moritz Neufeld im Rahmen des Seminars „Einführung in den crossmedialen Journalismus“ für Studierende der Medienkulturwissenschaft.

Seminarleitung, Redaktion: Silvia Cavallucci, Ragna Plaehn, Horst Hildbrand.

Veröffentlicht am 9. Dezember 2015

Empfohlene Artikel