Unverpackt: Leben ohne Plastik

Unverpackt: Leben ohne Plastik

Riesige Müllteppiche treiben im Meer: Plastikmüll wird zu einem immer größeren Problem für die Umwelt. Katharina hat sich deshalb vorgenommen, in der Fastenzeit statt auf Schokolade, Alkohol oder Kohlenhydrate auf Plastik zu verzichten. Wie sie allerdings schnell merkt, ist das gar nicht so einfach.

Der Plan, Plastik zu fasten, schien mir gut, bis ich mir ernsthaft Gedanken zu seiner Umsetzung machte. Komplett auf Plastik zu verzichten würde bedeuten, die Fensterhebel und Lichtschalter abzumontieren, Handy, Laptop, Drucker wegzuräumen und von Haarshampoo bis Zahnpasta und einschließlich Zahnbürste alle Kosmetikprodukte auszusortieren.

Das war mir dann doch etwas zu radikal und ich entschied mich, den Fokus meines Fastens auf Plastikverpackungen zu legen: Plastikgegenstände des täglichen Gebrauchs, wie die Fensterhebel und das Handy dürfen bleiben, in Plastik verpackte Lebensmittel kommen weg und werden nicht neu eingekauft.

Tag 1

Meine Odyssee im Supermarkt beginnt. Ziemlich schnell bildet sich die Frage in meinem Kopf “Was soll ich die nächsten Wochen bloß essen?” Schier endlos scheint mir die Zeit, die ich damit verbringe, durch die Gänge zu streichen und plastikfrei verpackte Lebensmittel zu finden.

Ich werde misstrauisch von einer Mitarbeiterin beäugt als ich eine Packung Couscous an mein Ohr haltend sanft schüttle. Ist der Couscous in seiner Pappschachtel zusätzlich in Plastik verpackt? Jetzt erst fällt mir auf, dass wir vielen Dingen nicht ansehen, ob sich innen eine weitere Verpackungsschicht aus Plastik befindet.

Für einige Dinge, die ich jede Tag brauche, gibt es jedoch plastikfreie Alternativen. Milch und Apfelsaft bekomme ich in der Glasflasche statt wie gewohnt im Tetra Pak. Statt Käse nehme ich Brotaufstriche mit, die gibt’s in kleinen Gläschen. Allerdings scheppert das Ganze auf dem Heimweg ziemlich im Fahrradkorb und ich drücke die Daumen, dass alles heil zu Hause ankommt.

Tag 3

In Deutschland verbrauchen wir jährlich etwa sechs Milliarden Plastiktüten, dadurch entstehen 5,7 Millionen Tonnen Müll. Am Erschreckendsten sind die Geschichten vom Plastikmüll im Meer. Im Pazifik treibt ein riesiger Müllteppich, weltweit wird Plastik an Stränden angespült. Und es gibt mehr Plastik im Meer als wir sehen, da es im Wasser nicht abgebaut wird, sondern zu immer kleineren Teilen zerfällt und schließlich zu Mikropartikeln wird.

Teilweise gibt es an Stellen im Meer 50 mal mehr Plastik als Plankton. Mit dem Beginn der Plastikproduktion haben wir einen Prozess in Gang gesetzt, der sich mittlerweile nicht mehr rückgängig machen lässt. Mein kleines, persönliches Fastenprojekt wird, wie das mit kleinen, persönlichen Projekten so ist, an den großen Zahlen nicht viel ändern. Das ist frustrierend, hält mich aber von meinem Vorhaben nicht ab.

Tag 5

Ich beginne mich an mein, fast vollständig aus Haferflocken bestehendes, Frühstück zu gewöhnen. Das Müsli ist mein Schwachpunkt, das habe ich schon bemerkt. Im Supermarkt husche ich an der Abteilung vorbei, um nicht in Versuchung zu geraten. Schwer fällt mir auch, dabei auf Sojamilch zu verzichten und auf Kuhmilch zurückgreifen zu müssen.

Ansonsten ist das mit dem Essen noch kein größeres Problem. Brot gibt es in Papiertüten, Brotaufstriche sind eindeutig vielseitiger als Käse und mittags hält meistens die Mensa her.

Tag 6

Die Haarspülung ist leer. Deswegen stehe ich heute morgen vor der Frage, mir meine gewohnte aus dem Drogeriemarkt zu besorgen oder mein Fasten auszuweiten und auch hier auf die Plastikverpackung zu verzichten.

Ich entscheide mich dafür, mal einen Blick auf die plastikfreien Alternativen zu werfen. Und siehe da, es gibt eine reiche Auswahl an Spülungen in fester Form und ohne Verpackung, praktisch wie ein Stück Seife für die Haare. Dasselbe gilt für Shampoos. Sogar Zahnpasta gibt es als Kautabletten in Pappschachteln. An die habe ich mich noch nicht herangetraut, von der Spülung allerdings, bin ich begeistert.

Tag 7

Ich bin im Internet auf Blogs gestoßen, die von Familien berichten, die komplett plastikfrei leben. Meine Bewunderung steigt, denn ich finde immer mehr Plastikgegenstände in meinem Alltag: Die Unicard zum Beispiel, genauso wie mein Personalausweis.

Viele verzichten nicht nur wegen des entstehenden Mülls auf den Verbrauch von Plastik, sondern auch wegen der Giftstoffe. Diesen Aspekt hatte ich bis jetzt noch gar nicht betrachtet.

Großen Anklang finden bei der plastikfreien Gemeinde “unverpackt”-Läden, die es mittlerweile in vielen deutschen Städten gibt. Dort kann ich mir Mehl, Reis, Nudeln und weitere Grundnahrungsmittel in mein eigenes Gefäß abfüllen. In Freiburg habe ich bis jetzt keinen dieser Läden gefunden. Im Quartiersladen im Vauban gibt es jedoch unverpacktes Müsli zum Selbstabfüllen!

Tag 8

Ich bin bei Freunden zum Spieleabend eingeladen. Auf dem Tisch steht eine Schüssel Chips. “Darf ich, oder darf ich nicht?”, frage ich mich. Obwohl die Plastiktüte nicht in meinem Müll landet, entscheide ich mich dagegen.

Tag 9

Über eine Woche geschafft!

Mein Fazit: Ich habe mich ganz gut in der verpackungsfreien Lebensmittelwelt eingefunden. Jedenfalls kenne ich mittlerweile Alternativen zu plastikverpacktem Couscous. Bis Ostern werde ich noch durchhalten, danach findet sich sicherlich wieder das ein oder andere verpackte Lebensmittel in meinen Alltag zurück, aber eben nur das ein oder andere. Meiner neuen festen Spülung werde ich definitiv treu bleiben.

Umweltfreundliches Tetra Pak?

Die Umweltverträglichkeit von Tetra Paks ist seit Jahren umstritten. Ursprünglich wurden die Verpackungskartons aufgrund ihrer hohen Recyclingrate (>60%) als “ökologisch vorteilhaft” zertifiziert. In den letzten Jahren hat sich jedoch herausgestellt, dass die realen Zahlen deutlich niedriger sind, mittlerweile wirbt Tetra Pak auf seiner Seite mit dem Ziel bis 2020 insgesamt 40% aller Verpackungen zu recyceln. Das Problem des Recycelns liegt darin, dass es sich bei den Kartons um einen Materialverbund aus verschiedenen Schichten von Karton, PET und Aluminium handelt, die schwer zu trennen sind. Deshalb werden die meisten Verpackungen nicht recycelt sondern zu Ersatzbrennstoffen verarbeitet.

Quellen: ZDF Recherche auf www.feelgreen.de und www.tetrapak.com

Infos

Eine Sammlung verschiedener Blogs zum Thema gibt es auf: www.onegreenplanet.org

Die Zahlen im Text stammen aus dem Dokumentarfilm “Plastic Planet” von Werner Boote, den ihr euch auf der Website der Bundeszentrale für politische Bildung anschauen könnt: Film “Plastic Planet”

Foto: Katharina Krumpholz
Veröffentlicht am 26. Februar 2016

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