Album der Woche: Kevin Morby – Singing Saw

Album der Woche: Kevin Morby – Singing Saw

Seine musikalische Karriere begann der Songwriter Kevin Morby aus Los Angeles bei den Bands Woods und The Babies, bevor er zum ersten Mal mit seinem Soloprojekt in Erscheinung trat. Vier Jahre später erscheint mit „Singing Saw“ nun das drittes Studioalbum, das er unter eigenem Namen veröffentlicht. Es ist mit seinen orchestralen Arrangements nicht nur das bisher vielseitigste seiner Karriere geworden, die zehn Songs des Albums umgibt auch eine mystisch-nostalgische Aura, die den Geist von Songwriterlegenden wie Bob Dylan oder Leonard Cohen heraufbeschwört.

Kevin Morby ist mit „Singing Saw“ zwischen minimalistischem Folk und treibendem Rock’n’Roll eine dynamische Platte voller spektakulärer Wendungen gelungen. Doch ihre Waghalsigkeit beschränkt sich bei weitem nicht nur auf das Musikalische. Das Songwriting von Kevin Morby schreckt auch vor politischen Debatten nicht zurück; In der grandiosen Vorabsingle „I Have Been To The Mountain“ besingt er das Schicksal des 2014 von Polizisten getöteten Afroamerikaners Eric Garner und beweist dabei, dass sich nicht nur HipHop mit rassistisch motivierter Polizeigewalt auseinandersetzen darf. Dem Singer-Songwriter Genre, das in den vergangenen Jahren zu oft als Vehikel für Weltfluchtsehnsüchte herhalten musste, gibt Kevin Morby so seine politische Sprengkraft zurück.

Neben dem politischen Anspruch speist sich das Songwriring auf „Singing Saw“ auch aus dem Traditionsbewusstsein des Folks. Es bemüht dabei die klassische Naturmetaphorik des Genres und verleiht der Musik einen erdigen, urwüchsigen Charakter. Und so singt Kevin Morby in näselnder Bob-Dylan-Manier vom Universum, von Flora und Fauna, Tränen und Schatten – immer bedenklich nahe aber selbstbewusst am Kitsch-Abgrund wandelnd. Im Abschlusssong sehnt sich Kevin Morby nach einem Regen, der seine Flamme endlich erlischt. Als Hörer wünscht man sich jedoch zum Ende des Albums inständig, dass ihn dieser Regen für immer verschonen möge.

von Julian Tröndle

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Veröffentlicht am 19. April 2016

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