In der Unterwelt der Uni

In der Unterwelt der Uni

Habt ihr euch schon mal gefragt, wie die unterirdische ‚Campus‘- Welt aussieht aus der zum Beispiel das Kühlwasser für die Labore herkommt und wo die giftigen Stoffe der Experimente gelagert werden? Vanessa war dabei, als die Keller – ausnahmsweise – einmal besucht werden durften.

Langsam geht die Sonne unter. Eine Gruppe aus Freiburger Journalisten steht neugierig mit Kameras und Schreibblöcken in der Hand beim geologischen Garten des Institutsviertels an der Albertstraße und wartet bis die Untertage-Führung beginnt. Dr. Jürgen Steck, Leiter der Stabstelle Umweltschutz, hat den heiligen Schlüssel dabei, der die Türen zu den verborgenen Wasseranlagen und Kellern der Universität aufschließt. Der Zugang zu diesen Räumen ist normalerweise streng verboten. Wir gehen heute aber über das Gebäude der Stabsstelle Umweltschutz durch eine verriegelte Tür hinein und steigen in den ersten Keller zehn Meter die Treppen in die Tiefe hinab.

‚Das explosive Lager‘

Station 1 Der Umfüllraum

Hier werden gefährliche Substanzen umgefüllt.

Ausnahmsweise dürfen wir mit Handys und Kameras in dieses Lager hinein, weil die Anlagen außer Betrieb sind. An anderen Tagen muss eine besondere Ausrüstung, inklusive leitfähiger Schuhe, getragen werden, um eine elektrostatische Aufladung des Körpers oder anderer Gegenstände zu vermeiden. Denn das könnte eine Explosion auslösen. Daher sehen die zehn Beschäftigten, die hier tagsüber arbeiten manchmal wie „Marsmenschen“ aus, sagt Steck. Dieser Keller mit giftigen und brennbaren Stoffen ähnelt ein wenig einem Gefängnisflur: Die neun Räume, in denen die Substanzen umgefüllt und gelagert werden, sind von schweren Türen verschlossen. Die Stoffe stammen unter anderem aus den Chemie-, Pharmakologie- und Physiklaboren und sind die Abfallprodukte durchgeführter Experimente.

In jedem dieser Räume gibt es eine Dusche für Notfälle: Wenn Flüssigkeiten auf die Haut gelangen, während sie von kleineren Gefäßen in größere Container umgefüllt werden, können sie innerhalb von Sekunden irreversible Gewebeschäden auslösen.Normalerweise lagern hier im Durchschnitt 10 000 Kilogramm giftige und explosive Stoffe. Für Notfälle ist man gerüstet: „Das Sicherheitssystem hier ist wahnsinnig ausgeklügelt und wir kooperieren eng mit der Feuerwehr, die hier Trainings durchführt“, beruhigt Steck.

‚Der Atomschutzbunker‘

Station 2 Die Leiter zur Oberfläche

Ein enger Schacht führt hinunter in den Schutzbunker.

Der nächste Kellerraum ist ein ehemaliger Atomschutzbunker, der unter dem Zentrum für Naturwissenschaften versteckt ist. Dieser Bunker wurde in den 1960er Jahren für den Fall größerer Katastrophen gebaut. Heute ist er hingegen ein unspektakulärer Lagerkeller. Der klaustrophobisch wirkende Raum, mit einer extrem engen Ausgangspassage, bot allerdings nur für etwa vier Menschen Platz …

‚Die großen Säure- und Laugen-Tanks‘

Station 3 Die Neutralisationsanlage

Das Abwasser in den riesigen Tanks wird chemisch gereinigt und dann in das Abwassersystem Freiburgs eingeleitet.

Wir befinden uns in einem Raum in der Größe eines Vorlesungsaals. Links von uns stehen große Abwasserbehälter, über denen zahlreiche labyrinthartige Rohrleitungen zu sehen sind. Auf unserer rechten Seite sind zwei hohe Tanks mit den chemischen Lösungen. Steck erklärt, dass das Abwasser der Uni-Labore hier neutralisiert werde, wenn es zu säure- oder zu laugenhaltig sei.

Die große Neutralisationsanlage gibt es schon seit den 1970er Jahren und befindet sich unter der Wiese bei der Bibliothek für Chemie und Pharmazie. Bei der Endkontrolle muss das Wasser einen pH-Wert zwischen 6 und 10 aufweisen und darf außerdem keine Giftstoffe enthalten, denn es gelangt in das öffentlichen Abwassersystem und wird dann zu einer Kläranlage geschickt, um letztendlich im Rhein zu landen.

‚Der längste Tunnel‘

Station 4 Der große Tunnel

Der ‘Infrastrukturversorgungskanal’ ist der größte Tunnel der Universität Freiburg.

Wir gehen zum FRIAS, dem Freiburg Institute for Advanced Studies. Unter dem internationalen Forschungskolleg beginnt der größte unterirdische Tunnel der Universität: Der ‚Infrastrukturversorgungskanal‘ mit einem Kühlwasserring, der ungefähr 250 Meter umfasst. Jürgen Steck wirkt in diese Tunnel wie eine Miniaturfigur, die sich in einem riesigen Rohr verlaufen hat. „Jedes Gebäude braucht ein gutes Kühlsystem, denn bei der Menge an Menschen und ihren Computern wärmen sich Räume sehr schnell auf“, sagt Steck. Die Kühlung erfolgt durch die Verwendung von Grundwasser, was dann wieder unverändert ins restliche Grundwasser zurückgegeben wird.

‚Der Turboverdichter‘

Station 5 Der Turboverdichter Raum

Hier wird das Kühlwasser für die Labore erzeugt.

Bei der letzten Station befinden wir uns neun Meter unter dem Physikhochaus. In diesem gut beleuchteten Raum wird das Kühlwasser für die Labore erzeugt. Dies geschieht durch die Wärmeübertragung vom verbrauchten Kühlwasser zum Grundwasser. Hiermit erhalten Forschende die benötigte Wassertemperatur und den richtigen Wasserdruck für ihre Versuche.

Wieder zurück

Nach zwei Stunden kehren wir zurück in die Normalität. Ich bin erstaunt darüber, wie wenig Gedanken ich mir vorher über die Infrastruktur der Uni gemacht hatte. Dabei steckt eine enorme Arbeit hinter den universitären Einrichtungen. Gleichzeitig bin ich froh wieder auf der Erdoberfläche zu sein. Ich nehme gewohnte Geräusche wahr, höre den abendlichen Wind und die Autos in der Ferne. Das Rauschen der Lüftungssysteme und die widerhallenden Stimmen bleiben im Keller zurück.

Fotos: Vanessa Nicklaus

Veröffentlicht am 25. April 2016

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