Wie eine große Schwester

Wie eine große Schwester

Du möchtest dich neben deinem Studium ehrenamtlich engagieren und aktiv gegen Gewalt an Frauen vorgehen? Das Projekt „Mutige Mädchen“ ist ein Programm zur Prävention sexualisierter Gewalt, das sich an Schülerinnen richtet. Auch in diesem Semester können sich Studentinnen wieder zu Kursbetreuerinnen ausbilden lassen.

Gewalt gegen Mädchen und Frauen ist in unserer Gesellschaft allgegenwärtig. Kaum eine Woche vergeht, in der in den Zeitungen nicht über mindestens einen Vorfall berichtet wird. Umso wichtiger ist es, gegen diese Gewalt vorzugehen und Mädchen und Frauen Wege aufzuzeigen, sich zu wehren. Beim „Mutigen-Mädchen-Programm“ werden Schülerinnen der Grund- und weiterführenden Schulen für das Thema sensibilisiert und in den Bereichen Selbstbehauptung und Selbstverteidigung geschult.

Kooperation mit der Uni

Das „Mutige-Mädchen-Programm“ ist ein Projekt des Interdisziplinären Instituts für Gewaltprävention. Entstanden ist es vor etwa zehn Jahren aus einem Praxisseminar von Dr. Peter Kalinowski im Rahmen des Lehrmoduls „Gewaltprävention“ an der Uni Freiburg. Heute leitet seine Frau, Lynn Kalinowski, das Programm.

„In den Kursen werden die Mädchen darin bestärkt, auf ihr Gefühl zu vertrauen und lernen, Grenzen zu setzen. Darüber hinaus ist es uns wichtig, ein realistisches Bild von potenziellen Übergriffen zu schaffen und den Mädchen auch körperlich das Gefühl zu vermitteln, wehrhaft zu sein“, beschreibt die Psychologin das Projekt.

Um möglichst viele Mädchen ansprechen zu können, sind die Kurse in den Schulunterricht integriert. Denn nur so könne man alle Mädchen unabhängig von ihrer sozialen Herkunft oder dem Engagement der Eltern erreichen, erklärt Kalinowski.

Selbstbehauptung und Selbstverteidigung

Über einen Zeitraum von fünf Wochen lernen die Mädchen in Theorie und Praxis, sich selbst zu behaupten und im Notfall auch zu verteidigen. Die Themen reichen vom Abgleich gesellschaftlicher Normen mit den eigenen Grenzen, der Rolle von Emotionen und der richtigen Reaktion auf verbale Übergriffe bis zur tatsächlichen körperlichen Gegenwehr.

Nach Abschluss des Kurses folgt ein eintägiger Wochenend-Workshop. Ein Highlight bei diesen Workshops sind die Übungen mit einem gepolsterten Dummy, an dem die Mädchen das Gelernte umsetzen können.

Dieser Dummy ist der einzige Mann, mit dem die Mädchen im Rahmen des Kurses in Kontakt kommen. Denn um eine möglichst vertrauensvolle Umgebung schaffen zu können, ist es wichtig, dass den Mädchen weibliche Ansprechpartnerinnen zur Seite stehen.

Langfristig setzt sich das Projekt für die feste Implementierung des Themas sexualisierte Gewalt in die Lehrpläne ein. „Das Ziel des ‚Mutige-Mädchen-Programm’ ist, aufzuzeigen, wie das Thema einen Platz im regulären Schulunterricht finden kann“, sagt Kalinowski.

Studentinnen als ehrenamtliche Kursbetreuerinnen

Ein wichtiger Bestandteil des Projekts sind die ehrenamtlichen Kursbetreuerinnen. Diese sind in erster Linie Studentinnen. Laura, die in Freiburg gerade ihren Psychologiemaster macht, engagiert sich seit 2014 für das Projekt: „Als Studentinnen sind wir näher dran an den Mädchen als ältere Frauen. Wir versuchen wie als große Schwester eine Bezugsperson zu sein.“

Mittlerweile kann das Projekt auf über 100 ausgebildete Kursbetreuerinnen setzen.
Die Ausbildung zu einer solchen dauert ein Semester und umfasst zunächst den Teil Selbstbehauptung. Einmal in der Woche finden Treffen statt, in denen die Inhalte der Kurse durchgegangen werden. Der Fokus liegt dabei auf der praktischen Beschäftigung mit diesen. Es wird also nicht nur thematisches Hintergrundwissen weitergegeben, sondern es wird auch viel diskutiert und die Kursteilnehmerinnen können ausprobieren, die verschiedenen Übungen anzuleiten. Außerdem gehört ein Selbstverteidigungskurs zur Ausbildung.

Die Mädchen vertrauen sich an

Laura findet es schön, wie schnell man eine Beziehung zu den Mädchen aufbaut und die Veränderungen sieht, die die Mädchen über die fünf Wochen machen: „Das sind dann die kleinen Erfolgserlebnisse, die man als Kursleiterin hat.“

Es kommt auch immer wieder vor, dass Schülerinnen von persönlichen Erfahrungen mit sexualisierter Gewalt berichten. Dass sich die Mädchen den Kursleiterinnen anvertrauen zeigt, wie wichtig die Arbeit ist, meint Laura.

Doch nicht nur die Schülerinnen profitieren von dem Projekt, weiß die Psychologiestudentin: „Ich glaube, dass man auch für sich selbst viel lernen kann. Ich habe viele Dinge in der Kursbetreuerinnenausbildung gelernt, die ich vorher noch nicht wusste. Mit jedem Kurs, den man gibt, nimmt man auch für sich selbst ein Stück mehr mit, man entwickelt sich weiter.“

Projekt mit wissenschaftlicher Fundierung

Was das Projekt von ähnlichen Programmen abhebt ist seine wissenschaftliche Fundierung. So wurde das Programm in einer groß angelegten Wirksamkeitsstudie evaluiert.

Das Projekt läuft grundsätzlich auf ehrenamtlicher Basis. Die Kurse sind für die Schülerinnen kostenlos. Finanziert werden sie beispielsweise durch Fördergelder der Fördervereine der Schulen und teilweise auch durch die Städte, wie es zum Beispiel in Waldkirch der Fall ist. Auch Preisgelder werden zur Weiterfinanzierung genutzt, wie etwa das des Ehrenamtspreises des Landes Baden-Württemberg, den das Projekt 2014 gewonnen hat.

Info

Was: Ausbildung zur Kursbetreuerin beim „Mutige-Mädchen-Projekt“
Wann: SS 2016, mittwochs von 18 – 20 Uhr, Start: 20.4.2016
Wo: Treffpunkt ist das Foyer des Instituts für Psychologie, Engelbergerstraße 41

Die Ausbildung ist kostenfrei. Im Gegenzug wird erwartet, dass die Studentinnen während oder nach der Ausbildung einmal bei einem Schulkurs hospitieren und anschließend selbst einen Kurs leiten. Die Schulkurse finden das ganze Jahr über statt.

Wissenswertes zum Konzept des „Mutige-Mädchen-Programms“ findet ihr auf www.mutige-mädchen.de.

Wer mehr über die Möglichkeiten zur Mitarbeit erfahren will, kann hier nachlesen: www.mutige-mädchen.de/studentinnen.

Bei Fragen zur Kursbetreuerinnenausbildung könnt ihr eine Mail an iifg@live.de schreiben.

Studentinnenkurs

Wer sich nicht gleich als Kursbetreuerin ausbilden lassen möchte, aber dennoch Interesse am Thema hat: Ab dem 03. Mai wird es wieder einen Selbstbehauptungs- und Selbstverteidigungskurs für Studentinnen geben, in dem die Teilnehmerinnen mehr über das Thema sexualisierte Gewalt erfahren und lernen, sich zur Wehr zu setzen. Die Treffen finden dienstags um 18:30 Uhr im Seminarraum 2 auf dem Unisportgelände statt. Anmelden könnt ihr euch per Mail unter iifg@live.de.

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Foto: Veranstalter / Mutige Mädchen
Veröffentlicht am 14. April 2016

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