Album der Woche: Kaytranada – 99.9%

Album der Woche: Kaytranada – 99.9%

Welchen Sinn hat es für einen Künstler sich im postdigitalen Zeitalter in ein definiertes Genre-Korsett pressen zu lassen? Diese Frage beantwortet der in Haiti geborene Produzent und Wahl-Montrealer Louis Kevin Celestin auf seinem neuen Album mit einem erbarmungslosen Einreißen stilistischer Mauern und Erwartungshaltungen. Sein Debut, das er unter dem Pseudonym Kaytranada veröffentlicht, ist ein musikalisches Kaleidoskop, eine Inklusion sämtliche Genres elektronisch generierter Musik.

Es war sein Bruder, der dem damals 14-jährigen Kaytranada erste Grundkenntnisse im Bereich Studio-Software vermittelte und ihm so eine neue Welt eröffnete. Schon bald folgten erste Produktionen für HipHop-Koryphäen wie Freddie Gibbs, Talib Kweli und Mobb Deep. Der Name Kaytranada verbreitete sich daraufhin wie ein Lauffeuer durch die Blogosphäre. Die Erwartungshaltung gegenüber dem Debutalbum steigerten sich mit jeder neuen Kollaboration ins Unermessliche. Für konservative HipHop-Hörer dürfte das Ergebnis jedoch eine ziemliche Überraschung darstellen.

Das Debutalbum „99.9%“ zeigt nämlich vor allem, wie wenig sich Kaytranada um Genre-Konventionen schert. Dies deutet nicht nur die abenteuerliche Auswahl der Feature-Gäste an: Neben Anderson .Paak und AlunaGeorge sind auch die Elektropopper von Little Dragon und der verschollen geglaubte Craig David mit Gastbeiträgen vertreten. Mit diesen Mitstreitern lotet Kaytranada die Schnittmenge zwischen Rap, Funk, R’n’B und House aus – Für HipHop-Puristen eine Zumutung, für alle, die keine Angst vor 4-to-the-floor-Beats haben, eine musikalische Offenbarung.

von Julian Tröndle

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Veröffentlicht am 17. Mai 2016

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