(K)ein Herz für Hochschulpolitik?

(K)ein Herz für Hochschulpolitik?

Nur wenige der über 25.000 Studierenden kennen sich im hochschulpolitischen System aus oder wirken sogar mit. Doch woran liegt es, dass das Interesse an der Politik im eigenen Habitat so dünn gesät ist? Farina hat sich Gedanken zur Uniwahl gemacht.

Ein langgezogener, schmaler Raum, vier Tische, auf jedem steht ein Computer. Einer der dazugehörigen Bürostühle ist mit Panzertape geflickt, es riecht nach Kaffee. Von draußen dringen laute Motorengeräusche und warme, feuchte Luft durch das offene Fenster. Zwischen einer Akkustik-Gitarre und mitgenommenen Postern, auf denen Dinge wie „Atomkraft? Nein Danke!“ stehen, verrichtet der Vorstand des Studierendenrates (StuRa) seine Arbeit. Isabel ist im Vorstand des StuRas und eine der vier Studierenden im Senat der Universität. Sie ist wahrscheinlich eine der wenigen, die das hochschulpolitische System der Universität und der Studierendenvertretung vollends verstehen.

Verloren im Informationsdschungel

Wenn man sich informieren will, wird es einem als Student oder Studentin aber auch nicht leicht gemacht. Tippt man „Uniwahlen Freiburg“ in die Suchmaschine, liefert die zunächst die Webseite der Universität. Hier kann man, neben Wahltag und den Wahlräumen, herausfinden was gewählt wird. Eine PDF mit langatmigen, unzugänglichen Paragraphen zur Wahl trägt nicht unbedingt zum Verständnis bei. Außerdem decken die Informationen hier nur die Wahlen zu den Fakultätsräten und dem Senat ab, da diese Organe an die Universität gekoppelt sind, während die Wahlen für die Studierendenvertretung vom StuRa ausgerichtet werden.

„Von uns als verfasste Studierendenschaft aus gesehen, wäre es natürlich sinnvoll, auch die Wahlen vom Senat und Fakultätsrat auch an den StuRa zu binden“, sagt Isabel. „Denn der StuRa ist die offizielle Vertretung der Studierenden und deswegen hat es wenig Sinn nochmal extra zu wählen.“ Die Strukturen des hochschulpolitischen Systems seien jedoch vom baden-württembergischen Landeshochschulgesetz (LHG) vorgegeben, sagt Rimma Gerenstein, Mitarbeiterin bei der Pressestelle der Uni Freiburg. “Das LHG legt fest, welche Gremien es gibt, welche Funktion sie haben sowie wann und wie sie besetzt werden müssen.”

Auf der Website des StuRa findet man ausführliche Informationen zu allen Organen, auch denen die zur Universität und nicht zur Studierendenvertretung gehören. Wer hier die wichtigen Fakten herausfiltern möchte und dabei vielleicht noch das dahinterstehende System verstehen will, braucht jedoch stoische Gelassenheit und die richtige Motivation. Beides ist tendenziell dünn gesät, wenn es um das Thema Politik geht. Beschwerden über die Seite des StuRas sind Isabel nicht neu: „Für die Homepage haben wir schon sehr viel Kritik bekommen. Es gibt auch Ansätze sie zu verbessern, das braucht alles nur ein bisschen Zeit.“ Trotzdem: Es ist die beste Möglichkeit an Informationen zu gelangen, auch wenn man Zeit und Geduld investieren muss.

Schaubild

Farinas Informationssammlung zu den Uniwahlen …

Doch genau dort ist der Haken. Wenige Studierende haben Lust, sich intensiver  mit diesem Thema zu beschäftigen, das zeigt allein die Wahlbeteiligung, die letztes Jahr bei nur circa 11 Prozent* lag. Eigentlich ist die Wahlbeteiligung ein wichtiger Faktor für die Legitimität demokratischer Wahlen, doch im hochschulpolitischen System der Uni ist sie nicht essenziell: „Wir legitimieren uns nicht nur über die Wahlen, sondern darüber, dass eigentlich jede Entscheidung die der StuRa trifft in den Fachschaften abgestimmt wird“, sagt Isabel. Jeder könne an den Fachschaftssitzungen teilnehmen und mit abstimmen. Zudem ist jede Vertreterin und jeder Vertreter an das imperative Mandat seiner Fachschaft gebunden. Das bedeutet, dass sie die Entscheidungen die in den Fachschaften gefällt wurden, auch genauso in den StuRa einbringen müssen.

Keine Lust auf Hochschulpolitik

Auch die Wahl selbst wird für manche Studierenden verkompliziert, denn einige Fachbereiche und Fakultätsräte haben die Abgabefrist für ihre Wahllisten verpasst. Sie bewerben ihre Kandidaten über Plakate an ihren Instituten. Die Studierenden müssen die Namen ihres Wahlkandidaten dann selbst in die Listen eintragen. Grund dafür könnten die Strukturen sein, die hinter der Wahlorganisation steckten, sagt Isabel. „Das sind alles Studis, die sich ehrenamtlich engagieren. Hinzu kommt, dass sich jedes Jahr neue Leute engagieren und dann die Abläufe aus dem letzten Jahr unklar sind.“

Doch feste Strukturen sind in einem politischen System unerlässlich. Je besser die Abläufe organisiert sind, desto schneller und effektiver folgt auch die Umsetzung der verschiedenen Interessen. Wieso keiner der ehrenamtlichen Mitglieder sich um ein solches Konzept kümmern möchte, liegt auf der Hand. Wer viel Zeit und Arbeit investiert, möchte das natürlich auch in der Angelegenheit tun, die ihm am Herzen liegt. So kommt es auch, dass einige Referate momentan nicht besetzt sind.

Doch wenn schon die Ehrenamtlichen kaum Interesse daran haben unbeliebte Themen zu bearbeiten, wieso sollte der Durchschnittsstudierende, für den schon ein Seminar um Viertel nach zehn eine Herausforderung sein kann, sich dafür interessieren, geschweige denn einsetzen? Einige Fachschaften erleichtern den Zugriff auf die in den Sitzungen besprochenen Inhalte sehr. Die Fachschaft Biologie hat eine Facebook-Seite, auf der auch immer die Tagesordnung der wöchentlichen Sitzung gepostet wird und auch andere Fachschaften informieren auf ihren Websites über das wöchentliche Geschehen.

Schon viel erreicht

Inhaltlich kann man den Mitgliedern der Studierendenvertretung kein fehlendes Engagement vorhalten. „Letztes Jahr war jemand im Vorstand sehr hartnäckig was die Anwesenheitspflicht bei Veranstaltungen angeht. Daraufhin wurde eine kleine Lawine losgetreten“, sagt Isabel. Auch das Referat „Studieren ohne Hürden“ sei sehr aktiv. Sie engagieren sich gerade dafür, dass die UB noch barrierefreier gestaltet wird.

Damit sich mehr tut, braucht man aber mehr als die engagierten Menschen, die jetzt schon dazu beitragen. Es braucht mehr Interesse. Ein durchschaubares System ist ein Weg dahin, doch allein reicht es nicht. Es lohnt sich am politischen Geschehen der Uni teilzunehmen, denn wer hat sich noch nie über Abläufe in seinem Studiengang oder die zu kurzen Öffnungszeiten seiner Bibliothek geärgert? Wir verbringen einen Großteil unserer Zeit an der Universität, wir leben hier. Es kann ausreichen ab und zu die Fachschaftssitzung zu besuchen oder das eine Thema, das unter den Nägeln brennt, in den StuRa einbringzubringen. Wir sind die Mehrheit. Wir müssen uns engagieren.

*Bekannntgabe der Wahlbeteiligung 2016, Stand 29.6.2016,: 12,5 Prozent.

Info

Wer: Die Liste der Wahlvorschläge findet ihr hier: Wahlvorschläge

Mehr Informationen zu den Wahlen bekommt ihr hier uni-freiburg.de/uniwahl und hier stura.uni-freiburg.de/wahlen

Weitere Informationen zum Hochschulsystem im Allgemeinen gibt es hier uni-freiburg.de/gremien und hier stura.uni-freiburg.de

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An die Wahlurnen, fertig, los!

Fotos: Farina Kremer

Autoren:
Veröffentlicht am 28. Juni 2016

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