Zwischen Schwarz und Weiß

Zwischen Schwarz und Weiß

Wo verläuft die Grenze zwischen Hell und Dunkel, Schwarz und Weiß, Gut und Böse? Gibt es etwas dazwischen? Der studentische interdisziplinäre Lektürezirkel der Uni Freiburg beschäftigt sich in diesem Semester mit „Grauzonen“ – Grenzüberschreitungen verschiedenster Art. Sarah war bei einer Sitzung dabei.

Knapp 30 Studierende sitzen in HS 1234 im KG I. Es ist Mittwoch, 20 Uhr. Auf den Tischen stehen Salzstangen und Doppelkekse, Mineralwasser, Bier und Wein. Onno und Diana sitzen vor der Magnettafel und moderieren die heutige Sitzung, das Thema: „Zum Tod lachen“ – Schwarzer Humor. Mit dem Beamer wird eine Todesanzeige an die Wand projiziert:

Ich bin umgezogen. Neue Adresse: Friedhof Ohlsdorf – Ruhewald Bx 65/28C.
Über regen Besuch freue ich mich.

Karl Albrecht

„Schiri-Karl“

*10.März 1924          † 28. April 2012

In manchen Gesichtern zeichnet sich ein leichtes Grinsen ab. Andere scheinen hin- und hergerissen. Onno fragt: „Was sagt ihr dazu?“

Im Lektürezirkel wird nicht nur über Literatur gesprochen

Der studentische interdisziplinäre Lektürezirkel der Uni Freiburg fand in seiner heutigen Form zum ersten Mal im Sommersemester vor drei Jahren statt, seitdem steigen Beliebtheit und Bekanntheitsgrad kontinuierlich. Der Lektürezirkel entstand aus der Idee, Themen zu behandeln, die in oft disziplinär begrenzten Kursen keinen Platz finden. „Wir möchten eine Diskussionsplattform außerhalb der Seminare bieten“, erklärt Diana Römer.

Mit Romanausschnitten, Videobeiträgen, wissenschaftlichen Abhandlungen, Beispielen aus Theater, Film und Bildender Kunst, Tanz, Musik und natürlich Social Media, nähern sich die Studierenden Themen, wie „Mönchtum als Form von Radikalität“ oder „Nicht-Aufklärung als Programm: zur Poetik des Verbrechens in postmoderner Literatur und Film“ an.

Jeder kann an den Sitzungen teilnehmen

Dabei unterscheidet sich der Lektürezirkel gänzlich von der weit verbreiteten Vorstellung einer homogenen Gruppe, die Woche für Woche Romane liest, um sich dann darüber auszutauschen. „Die Sitzungen funktionieren völlig ohne Druck und ohne Stress. Man braucht keine Vorbereitung. Da der Zirkel interdisziplinär ist, sind die Themen für alle neu und man muss keine Angst haben, etwas Falsches zu sagen. Man lernt neue Blickwinkel kennen“, erläutert Michaela Frey. Willkommen sei jeder und für den, der möchte, gebe es auch entsprechende Lektüretipps.

Diana Römer, Michaela Frey und Onno Bargfrede sind drei von sieben Studierenden, die den Lektürezirkel in Eigenregie organisieren, außerdem mit dabei sind Constantin Hegel, Dorine Schellens, Isabell Oberle und Melina Riegel – allesamt Philologen.

Die Themen werden von den Studierenden frei gewählt

Die Finanzierung des Lektürezirkels – Werbemittel, Honorare für Gastredner, Knabbereien und Getränke – setzt sich aus Mitteln des StuRa und der Fachschaft Germanistik zusammen, das Organisationsteam arbeitet ehrenamtlich. „Im Wintersemester beginnen wir mit der Erarbeitung des Themas und kümmern uns um die Gelder“, sagt Diana.

Die Themenwahl liegt dabei voll und ganz in den Händen der Studierenden. „Ideen können frei entfaltet werden“, bemerkt Constantin. Stets zu zweit bereiten sie dann die einzelnen Sitzungen vor. „Das ist schon eine Herausforderung und man ist aufgeregt. Aber die lockere Atmosphäre macht es auch einfacher“, sagt Isabell.

Interessierte sind willkommen

Das aktuelle Thema „Grauzonen“ setzt sich mit den Deutungsspektren von Schwarz und Weiß auseinander und hinterfragt Konventionen und Stereotype. „Mit Licht und Helligkeit assoziieren wir oft das Gute, Wahre, Rationale, während das Dunkle mit dem Bösen, Tod, Krankheit und Irrationalem verbunden wird. Helligkeit und Dunkelheit – ein nicht zu überwindender Gegensatz also?“ Die Ankündigung verspricht nicht zu viel, der Lektürezirkel eröffnet neue Perspektiven und regt zum Nachdenken an.

Obwohl die ersten Sitzungen des Lektürezirkels bereits stattgefunden haben, können Interessierte jederzeit dazustoßen. Die ausstehenden Themen „From Darth till Dawn“ und „Schlimme neue Welt“ klingen jedenfalls mehr als vielversprechend.

Info

Was: Der studentische interdisziplinäre Lektürezirkel entstand aus dem Wunsch heraus, einen Rahmen für eine gemeinsame Lektüre außerhalb der disziplinär begrenzten Seminare zu schaffen. Das Motto in diesem Semester lautet „Grauzonen“

Wann: 29. Juni 2016, 13. Juli 2016, jeweils um 20 Uhr s.t.

Wo: HS 1234 (KG I)

Weitere Informationen zum Lektürezirkel findet ihr hier: facebook.com/Grauzonen

Kontakt: lektuerezirkel.freiburg@gmail.com

Foto: Sarah Posselt-Böhm
Veröffentlicht am 24. Juni 2016

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