Vollkommen in Schuss

Vollkommen in Schuss

Beim Luftpistolenwettbewerb der Deutschen Hochschulmeisterschaft hat Michael Schwald die Goldmedaille geholt. Mit uniCROSS hat er über sein Ziel Olympia gesprochen und darüber, wie er den Schießsport für sich entdeckt hat und wieso dabei berechtigterweise von Sport die Rede ist.

Michael, du studierst Mathe und Chemie auf Lehramt an der Uni Freiburg. Wie bist du zum Schießsport gekommen?

Mein bester Kumpel von damals brachte mich dazu, mit zum Schießsport zu kommen. Das hat mir ganz gut gefallen, so dass ich dabeigeblieben bin.

Du bist sehr erfolgreich und auch im Team der Herren Nationalmannschaft, da ist das Training sicherlich mit einem zeitlichen Aufwand verbunden. Wie schaffst du es den Schießsport mit dem Studium zu vereinbaren?

Ich mache zurzeit drei bis vier Einheiten in der Woche für jeweils ein bis zwei Stunden. Da ich für die Wettkämpfe viel unterwegs bin, brauche ich für das Studium schon ein bisschen länger. Einfach so drei Wochen Vorlesungszeit nachzuholen geht nicht wirklich. Dadurch mache ich weniger ECTS-Punkte als die Regelstudienzeit es vorsieht, sehe das aber nicht als problematisch an.

Für Außenstehende ist es doch etwas ungewöhnlich, das Schießen als Schießsport zu bezeichnen. Inwiefern siehst du deine Freizeitbeschäftigung als Sport an?

Der Schießsport ist vielleicht ein bisschen angenehmer, als das, was zum Beispiel ein Triathlet leisten muss. Man kann sich ganz normal ernähren, trainiert zwei- bis dreimal die Woche seine Technik und macht situatives Training. Da man im Wettkampf mit verschiedenen Situationen konfrontiert wird, wie zum Beispiel mit dem Leistungsdruck oder dem Zeitdruck, geht es beim situativen Training darum, solche Situationen zu simulieren, um beim Wettkampf damit besser klar zu kommen.

Dann kommt noch Ausdauer- und Krafttraining dazu, was man schon regelmäßig machen sollte, damit es wirklich effektiv ist.

Das Schießen ist körperlich sehr anstrengend. Bei einem Marathon-Läufer kann man sehr gut von außen beurteilen, dass es anstrengend sein muss, weil er ja eine gewisse Entfernung zurücklegt und dabei schwitzt. Aber es gibt mittlerweile auch genügend Tests, die zeigen, was Schützen leisten. Beispielsweise ist es interessant zu hören, dass bei jemanden im Stand bei so gut wie keiner Bewegung noch Pulswerte von über 130 Schlägen pro Minute gemessen wurden. Das ist schon erstaunlich.

Beim Schießsport spielt sich die Anstrengung im Kopf ab. Man muss versuchen, sich wieder zu beruhigen. Das Ausdauertraining sorgt dafür, dass man einen möglichst niedrigen Blutdruck und Puls bekommt. Wenn man einen niedrigen Ruhepuls hat, bleibt er auch bei Aufregung niedriger.

Für die Haltekraft und die Rumpfkraft mache ich Krafttraining, um eine gewisse Körperspannung aufzubauen und möglichst ruhig halten zu können.

Du betreibst den Schießsport ja schon seit fast 12 Jahren. Was macht dir dabei am meisten Spaß?

Am Anfang hat es mir einfach Freude gemacht, die Sache selbst zu machen, und zu sehen, dass man irgendwo talentiert ist und eben auch mal was getroffen hat. Mittlerweile reizt mich aber das Adrenalin und dass man auf der „größten Bühne der Welt“ stehen kann. Man misst sich mit anderen Leuten, die gleichermaßen gut auf eben diese Situation vorbereitet sind.

Es ist schon etwas Tolles, wenn man es schafft unter die besten Acht zu kommen, Zuschauer hinter sich hat oder ein Live-Stream im Internet übertragen wird und man weiß, dass Freunde und Familie zuschauen.

Bist du vor jedem Wettkampf noch aufgeregt?

Man hofft natürlich, dass man sich mit der Zeit ein bisschen beruhigt, aber man kommt immer wieder in Situationen, wo man echt Probleme hat, mit dem Adrenalin klar zu kommen und dann die Technik und die trainierten Abläufe nicht ganz abrufen kann. Das ist auch völlig normal und gehört mit dazu.

Es gibt verschiedene Luftpistolen und unterschiedliche Projektile, die Diabolos heißen. Welche Ausrüstung nutzt du in den Wettbewerben?

Bei den Diabolos nehmen fast alle Teilnehmer dieselben, weil sie die höchste Präzision haben. Das sind kleine Sportdiabolos von einem halben Gramm mit einem Durchmesser von 4,5 mm, die wie ein Doppelkegel aus Blei aussehen, der vorne ein bisschen kleiner und abgeflacht ist.

Pistolen gibt es verschiedene, aber wenn man für sich das ideale Material hat, sind die Unterschiede nicht sehr groß. Meine eigene Luftpistole verschießt die Diabolos mit 160 m/s. Das ist ein bisschen mehr als 1 Joule Mündungsenergie.

In Deutschland ist die Nutzung von Waffen bis 7,5 Joule Mündungsenergie ohne Waffenschein erlaubt. Brauchst du dennoch eine Erlaubnis?

Waffenscheine gibt es für die Polizei oder für Diplomaten. Für eine Luftpistole ist es ausreichend, 18 Jahre oder älter zu sein. Nur für meine zweite Pistole, die ich für die Disziplin „Freie Pistole“ benötige, habe ich eine Waffenbesitzkarte. Die Waffenbesitzkarten gibt es in verschiedenen Ausführungen, wie eben auch für den Schießsport.

Wenn die Pistolen sich über einer gewissen Energie hinausbewegen oder scharfe Munition verwenden, was bei der Luftpistole nicht der Fall ist, dann fallen sie unter das Waffenrecht. Da muss man dann Auflagen erfüllen, beispielsweise, dass man die Waffe wirklich verwendet und bestimmte Kurse besucht hat.

Eine Waffenbesitzkarte erlaubt den Erwerb einer bestimmten Waffenart, die man benötigt, um den Sport auszuüben. Darüber hinaus erlaubt sie die Aufbewahrung zu Hause und den Transport in einem Koffer in die Trainingsstätte.

Du sagst, dass Luftpistolen keine scharfe Munition nutzen. Gibt es denn trotzdem Verletzungen?

Ja, also theoretisch gesehen natürlich schon, aber soviel ich weiß, hat es noch keine Vorfälle mit Verletzten durch eine Luftpistole gegeben.

Leider ist es auch schon in Deutschland passiert, dass Waffen zweckentfremdet wurden, um schlimme Sachen anzurichten. Aber wenn man überlegt, wie viele Millionen Sportschützen es in Deutschland gibt, ist die Zahl schon verhältnismäßig gering.

Du hast ja schon einige Medaillen bei den Deutschen und sogar Europäischen Meisterschaften geholt. Welche Ziele hast du für die Zukunft?

Ein Ziel ist, bei den olympischen Spielen dabei zu sein. Daneben gibt es noch weitere Wettkämpfe, die mich interessieren. Im September zum Beispiel findet die Weltmeisterschaft der Studierenden in Polen statt, wo ich wahrscheinlich auftreten werde.

Wie sieht eigentlich der Anteil von Frauen im Schießsport aus?

International sind aus jedem Land natürlich auch Frauen vertreten. Auf Welt-Cups sind etwa gleich viele Männer wie Frauen anzutreffen.

Was aber Deutschland oder Südbaden angeht, gibt es weniger Frauen. Aber hier sind auch weniger Männer dabei. Ich erinnere mich, als ich im letzten Juniorenjahr war und bei der Südbadischen Landesmeisterschaft nur einen Konkurrenten hatte.

Ich fände es schön, wenn mehr Leute teilnehmen und sich generell für den Sport interessieren würden. Es gibt nicht viele Sportarten, bei der eine solche Gleichberechtigung und Chancengleichheit möglich ist.

Was uns noch besonders interessiert: Als guter Schütze kannst du ja für all deine Freunde die großen Kuscheltiere am Jahrmarkt abstauben?

Ich habe tatsächlich vor zwei Monaten auf dem Weinfest in St. Georgen ein Kuscheltier gewonnen. Das war schon ganz lustig.

Info

Wer sich im Schießsport ausprobieren möchte, kann zu den offiziellen Trainingszeiten kommen. Ansonsten gibt es eigentlich bei den meisten Schützenvereinen ein jährliches Jedermannschießen bzw. Grümpelturnier.

Der nächste Termin für das Jedermannschießen bei den Vereinen von Michael Schwald ist bei den Sportschützen March am 24.-25.11.2016, und beim SSV Freiburg-Haslach am 15.-17.09.2016.

Foto: Christine Ziegler
Veröffentlicht am 10. August 2016

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