Hüllenlos in Freiburg

Hüllenlos in Freiburg

Der Plastikmüll quillt schon wieder über und eigentlich wollten wir doch umweltbewusster leben. Wir alle müssen was ändern, das ist klar! Welche Gefahren Kunststoff für uns birgt und was das Team des Unverpackt-Ladens in Freiburg plant, haben Maria, Simona und Lea herausgefunden.

Die „Green City“ Freiburg ist in Sachen Nachhaltigkeit oft Vorreiter in Deutschland. Doch auch hier haben wir ein großes Problem: Den Plastikmüll. Die Mülleimer vor dem Stadttheater quellen jeden zweiten Tag über und am Bermuda-Dreieck sammeln sich jeden Abend die Verpackungen von Döner, Pommes und Co. auf dem Boden.

Das Problem des Plastiks ist, dass es oft nur wenige Stunden in Gebrauch ist, wie zum Beispiel die Verpackung von Obst und Gemüse, aber bis zu „tausenden von Jahren zum biologischen Abbau braucht“, erklärt Thomas Mani von der Uni Basel, der über „Mikroplastik in der aquatischen Umwelt“ forscht. Außerdem nehmen die verpackten Lebensmittel die in Plastik enthaltenen Weichmacher auf und somit seien die Verbraucher diesen hormonaktiven Stoffen ausgesetzt. „Das Märchen vom perfekten Recycling und der Wiederverwertung ist leider nicht Realität“, sagt Mani.

Deutschlands Plastikbedarf belaufe sich jährlich auf rund 12 Millionen Tonnen Plastik. Eine Person verbrauche pro Jahr circa 125 Kilogramm von dem aus Erdöl hergestellten Kunststoff. Rund 7,7 Millionen Tonnen Plastik werden zwar in Europa recycelt, das seien jedoch noch nicht mal ein Fünftel der 50 Millionen Tonnen, die jährlich unter anderem über die Supermarkttheken gehen.

Der Dreck muss weg

Die größte Menge der Plastikabfälle werde bis heute auch in Europa immer noch zur Energiegewinnung verbrannt, was hoch giftige Gase freisetzt oder wird in sogenannten „Landfills“, in Mülldeponien, vergraben, sagt Mani.

Alles keine besonders rosigen Aussichten. Da hilft es nur, neue Wege zu suchen, wie auf Plastik verzichtet werden kann. Und das ist einfacher als gedacht. Mani rät zum Beispiel, beim Kauf von Obst und Gemüse die unverpackten Angebote zu wählen und eine Tasche einzupacken, falls man doch nochmal schnell was besorgen muss. Auch bei Kosmetikprodukten kann man darauf achten, dass sie kein Mikroplastik enthalten, denn das kann durch Werkstoffe wie Nussschalen oder Pfirsichkerne einfach ersetzt werden. Ob Kosmetika Mikroplastik beinhalten ist an der Inhaltsstoffliste wie zum Beispiel „Polyethylen“ (PE), „Polypropylen“ (PP), „Polyamid“ (PA) oder  „Polyethylenterephtalat“ (PET) zu erkennen.

Einer muss anfangen

Einen großen Beitrag zum Leben mit weniger Plastikmüll möchte das Team der „Glaskiste“ in Freiburg leisten. Die drei medizinischen Fachkräfte Martin Philipp, Anja Zegnotat und Björn Zacharias planen einen Unverpackt-Laden für Freiburg. Die Idee entstand durch die Unzufriedenheit über die klassischen Mehrfachverpackungen in herkömmlichen Supermärkten. „Wir wollten eine Alternative zu den klassischen Supermärkten, die mit viel Plastik verpacken, schaffen“, sagt Björn.

Ein Keks ist oft separat eingeschweißt und dann in einer weiteren Plastiktüte mit den anderen Keksen abgepackt. Doppelter Müll für eine Sache!

Regionalität ist die oberste Priorität

Als klar war, dass sie die Idee umsetzen wollen, gingen sie auf eine Reise quer durch Deutschland, von Berlin bis Heidelberg, und haben sich Unverpackt-Läden angeschaut. Zur Zeit gibt es circa 24 davon in Deutschland.

Das Team der „Glaskiste“ schaute sich verschiedene Konzepte an, lernte von den Betreiberinnen und Betreibern der Läden und ließ sich für ihren Wunsch-Laden in Freiburg inspirieren.

Für das Team ist nun klar: „Die Produkte sollen vor allem aus der Region kommen“ sagt Björn. Ihnen sei es wichtiger ein regionales Produkt zu verkaufen, als ein Bio-Produkt aus weiter Ferne. Auch die Preise sollen, trotz kleiner Einkaufsmengen, bezahlbar und auch für Studierende erschwinglich bleiben.

Zum jetzigen Zeitpunkt haben sie schon ein Sortiment von über 180 Produkten in der Planung und gehen nun auf die Suche nach einem passenden Ladenlokal in der Nähe der Freiburger Innenstadt.

Auch wenn es bis zur Ladeneröffnung Ende 2016 noch etwas dauert, können wir schon jetzt einiges verbessern, denn Freiburg hat eine riesige Auswahl an Wochenmärkten, die uns Obst und Gemüse unverpackt anbieten.

Für alles andere wie Nudeln, Waschmittel, Joghurt und Süßigkeiten müssen wir uns noch ein bisschen gedulden und auf das neue Ladenkonzept für unsere „Green City“ warten.

Info

Worauf kann ich achten?

Die 6R Regeln der ZERO WASTE Idee sind einfach zu merken und haben eine große Wirkung. Wichtig ist sie in dieser Reihenfolge anzuwenden.

Refuse → vermeiden
Reduce → reduzieren
Reuse → wiederverwerten
Repair → reparieren
Recycle → recyceln
Rot → kompostieren

Eine Übersicht der Wochenmärkte in Freiburg findet ihr hier: www.wochenmarkt-deutschland.de.

Unverpackt Läden

Die Läden funktionieren ganz ohne Plastikverpackungen. Der erste Unverpackt-Laden eröffnete 2006 in London (Unpacked), es folgten Berlin (Original Unverpackt) und München (Ohne).
Die Idee: Die Kunden bringen sich ihre Behälter mit, wiegen sie einmal leer, notieren das Gewicht und können an den Lebensmittelspendern von Nudeln über Yoghurt bis hin zu Ölen alles zapfen, was sie brauchen. Anschließend wird an der Kasse das Gewicht des Behälters abgezogen und die Kunden zahlen nur den Inhalt.

Aktuelles zum geplanten Laden in Freiburg gibt’s hier: www.glaskiste-unverpackt.de

Video

Der Einkaufsladen kehrt zurück [2:59 Min.]

Mitten in der Freiburger Innenstadt gibt es seit letztem Jahr wieder einen richtigen Tante-Emma-Laden – das “Tischlein deck dich”. Mutter und Tochter Großmann nehmen so wieder ihre alte Familientradition auf. Der Gegentrend zum Discounter findet viele Abnehmer und so ist die Kundschaft bunt gemischt: Rentner, junge Familien und auch Studierende erfreuen sich am saisonalen Angebot in ihrer Nachbarschaft.

Audio

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Unverpackt: Leben ohne Plastik

Eine Gemeinschaftsproduktion von Maria Thierfelder (Foto), Simona Eftimova und Lea Degreif im Rahmen des Seminars „Einführung in den crossmedialen Journalismus“ für Studierende der Medienkulturwissenschaft.

Seminarleitung, Redaktion: Silvia Cavallucci, Ragna Plaehn, Horst Hildbrand.

Veröffentlicht am 24. August 2016

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