Review: Fuchsbau-Festival 2016

Review: Fuchsbau-Festival 2016

Foto: Jan Helge Petri

Das Fuchsbau-Festival (12.-14.08.) fand in diesem Jahr in Lehrte statt. Der Ort wird von rund 43.000 Personen bewohnt und ist wohl nur denjenigen bekannt, die in der hannoverischen Umgebung aufgewachsen oder öfters mit der Bahn zwischen Braunschweig, Celle und Hannover unterwegs sind. Es ist ein kleines, gemütliches Städtchen mit viel Brach- und Flachland, das von den Gegebenheiten her dazu anbietet, ein kleines, gemütliches Festival dort zu veranstalten – So wie das Fuchsbau.

Bei diesem Festival, mit fast 4.000 Besucherinnen und Besucher, geht es nicht nur um Musik, Tanzen, Techno, Party, sondern vielmehr um einen interdisziplinären Austausch zwischen Musik Produzierenden, Kunst Schaffenden, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie Journalisten und Journalistinnen, die alle irgendwie Verknüpfungspunkte aufweisen und für (pop-)kulturelle Themen relevant sind. In diesem Sinne verspricht das Fuchsbau-Fest, dass

„die symbolischen und reellen Gefechte untersucht [werden] genauso wie der Augenblick der Kontroverse, der alles neu verhandelbar macht.“

Intendiert ist eine Interaktion – auf musikalischen, künstlerischen, akademischen, kreativen Ebenen, damit auch ein Informationstransfer, der zur Besprechung aktuell bedeutender Themen, zur Weiterentwicklung und vielleicht sogar zu neuen Erkenntnissen führt. Dabei bot das diesjährige Fuchsbau Festival z.B. einen Workshop zu “Hate Speech” im Internet an und einen über “Täterkonstruktionen” in Deutschland mit Bezug zur Silvesternacht in Köln, welcher nach Stereotypen, Vorurteilen, Gender und Race fragte. Auch eine Diskussion über “Syriens Monuments Men”, die sich mit den archäologischen Monumenten und Überbleibseln in syrischen Kriegsgebieten beschäftigte, stand auf dem Programm.

Neben diesen reichlich besuchten Workshops und Diskussionen, die den (typischen) Festival-Trott aufbrachen und ihn um aktuell wichtigen Debatten erweiterten, zeichnete sich auch das Musik-Lineup durch eine spannende Diversität aus. Neben der Jungen Norddeutschen Philharmonie, dem feministischen DJane The Black Madonna, dem britischen und politischen Duo Darkstar, dem Jazz-Trio Joern and The Michaels und Throwing Shade stand auch Rapper Le1f auf der Bühne, der gerne mal eine blonde Perücke aufzieht und sowohl äußerlich als auch textlich heteronormativen Konzepten widerstrebt und versucht, diese neu zu verhandeln. Letzterer sowie der neblig, Bass-lastige Auftritt von Darkstar gehörten durchaus zu den Highlights des Freitagabends.

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Foto: Isabel Machado Rios

Am Samstagnachmittag präsentierten die talentierten Jungs von Joern and The Michaels einen energetischen Auftritt, der die letzten verschlafenen Köpfe wachrüttelte. Eine Stage weiter konnte man der theatralischen Performance des Leipziger (Tourette-)Rappers mit Hasenmaske, Der Täubling, und seinen humoristisch-düster, misanthropischen Texten beiwohnen. Am Abend sorgten die DJ-Sets von Mobilegirl und der Britin Nabihah Iqbal aka Throwing Shade für einen perfekten Ausklang. Wer am Sonntag noch vor Ort war, konnte sich u.a. dem Experimentformat „Entfremde sich wer kann“ über Entschleunigung und der Hektik des Alltags anschließen und später bei Sonnenschein zum Set der DJane Virginia das Festival-Wochenende ausklingen lassen. Alles in allem: Ein sehr gelungenes und empfehlenswertes Festival mit einem Hohen Maß an intellektuellem, kulturellen, musikalischen, künstlerischen Input, das nicht nur zum Feiern und Diskutieren, sondern auch zum dauerhaften Nachdenken über relevante Diskurse unserer Zeit anregt.

Von Franzska Finkenstein

Autoren:
Veröffentlicht am 23. August 2016

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