Schwitzt du noch oder lebst du schon?

Schwitzt du noch oder lebst du schon?

Er ist feucht, macht unansehnliche Flecken und riecht nicht sonderlich gut. Den einen oder anderen hat er sicherlich schon einmal in eine unangenehme Situation gebracht und vor allem im Sommer empfinden wir ihn als äußerst lästig. Nicht besonders beliebt aber trotzdem überlebenswichtig – der Schweiß.

Durch Energieabbau entsteht in unserem Körper Wärme und zwar bei allem, was wir tun. Gerade bei einem Sonnenbad erhitzt sich unser Körper besonders stark. Um wieder abzukühlen und eine lebensgefährliche Überhitzung zu vermeiden, schwitzen wir. Diesen Vorgang nennt man auch Thermoregulation.

Schweiß selbst hat keinen Eigengeruch

„Wir besitzen überall am Körper Schweißdrüsen, die man in zwei Arten unterscheidet“, erklärt Dr.Hans Bayer, einer der Oberärzte der Freiburger Hautklinik: Die ekkrinen Schweißdrüsen sind für die Flüssigkeitsabsonderung verantwortlich, die apokrinen Drüsen, auch Duftdrüsen genannt, senden neben der Flüssigkeit auch Duftstoffe – sogenannte Pheromone – aus.

Entgegen dem allgemeinen Verständnis, hat Schweiß selbst keinen Eigengeruch. Der typisch stechende Geruch entsteht erst nachdem bestimmte Bakterien auf der Haut das Schweißsekret umgebaut haben.

Hilfe! – Wie viel Schwitzen ist normal?

„Oftmals ist es so, dass Menschen subjektiv das Gefühl haben, zu viel zu schwitzen. Wenn sie dann zum Arzt gehen, stellt sich meist heraus, dass alles in Ordnung ist“, beruhigt Dr. Bayer.

Wer aber extrem viel schwitzt, der sollte einen Hautarzt aufsuchen und einen einfachen Test machen lassen. Diese sogenannte Gravimetrie wird mithilfe eines Filters unter den Achseln durchgeführt, mit dem die Menge des Schweißes gemessen wird. Bei Werten von 50 Milligramm pro Minute, liegt pathologisches Schwitzen vor. Man spricht dann von der Krankheit Hyperhidrose.

Etwa ein bis zwei Prozent der Bevölkerung sind von Hyperhidrose betroffen. Einige leiden darunter in Folge einer Schilddrüsenerkrankung, aber bei den meisten bleibt die Ursache ungeklärt. Was aber feststeht ist, dass Betroffene mehr Schweißdrüsen besitzen, die auch quantitativ mehr Schweiß produzieren.

Eine kuriose aber seltene Form der Hyperhidrose ist die Chromhidrose, die durch die Ablagerung des sogenannten „Alterspigments“ Lipofuscin in den Schweißdrüsen verursacht wird. Bei diesem Syndrom tritt eine Verfärbung des Schweißes auf. Das „Alterspigment“ kann beispielsweise dafür sorgen, dass wir grün schwitzen.

Für viele kann das übermäßige Schwitzen zu einer psychischen Belastung werden. Sie trauen sich kaum noch unter Menschen, haben Angst Vorträge zu halten und Händeschütteln wird zum Nervenkrieg. Wer unter diesen Symptomen leidet, der sollte den Gang zum Hautarzt nicht scheuen.

Tägliche Hygiene ist wichtig

Nicht nur bei übermäßigem Schwitzen, sollte man grundsätzlich darauf achten regelmäßig zu duschen. Auch der „Normalschwitzer“ sollte auf seine Hygiene achten. Bei Sport oder extremer Hitze ist es ratsam, sich sogar zweimal täglich zu duschen. „Der Schweiß breitet sich entlang der Achselhaare viel besser aus und die Bakterien auf den Haaren fördern die Geruchsbildung“, erläutert Dr. Bayer. Deshalb sei es sinnvoll sich die Achselhaare zu rasieren.

Salbeitee oder -dragees können auch hilfreich sein und die Schweißproduktion reduzieren. Man sollte ebenfalls auf scharfe Lebensmittel verzichten, da beispielsweise das Capsaicin, der scharfe Stoff in Pfeffer oder Chilischoten, Schweißausbrüche fördern kann.

Hausmittel helfen nicht bei erhöhten Schweißwerten

Bei pathologischem Schwitzen zeigen Salbeitee und simples Duschen allerdings keine große Wirkung. Es gibt aber eine ganze Bandbreite an Therapien, die bei Antiperspirantien anfangen und bei einer Operation aufhören.

„Man fängt immer mit dem Harmlosesten an und geht dann mit dem Patienten die verschiedenen Behandlungsstufen durch“, erklärt Dr. Bayer.

Antiperspirantien, die es in Creme- oder Deodorantform gibt, verstopfen – durch die enthaltenen Aluminiumsalze – den Ausführungsgang der Schweißdrüsen. Den Schweißdrüsen wird das Signal vermittelt zu pausieren, da der Schweiß durch die Verstopfung nicht austreten kann. Im Gegensatz zu den üblichen Deodorants sind Antiperspirantien höher dosiert und man muss sie weniger oft anwenden. Die meisten kann man rezeptfrei in der Apotheke bekommen. Besonders hoch dosierte Antiperspirantien sind aber verschreibungspflichtig.

Schlägt diese Therapie nicht an, kann der Arzt auch Medikamente verschreiben oder ein spezielles Wasserbad mit Gleichstrom anwenden. Bei dieser sogenannten Iontophorese werden Hände oder Füße in ein flaches Wasserbad getaucht. Elektroden sorgen dafür, dass ein schwacher Strom durch die Extremitäten fließt. Die genaue Wirkungsweise ist nicht abschließend geklärt, jedoch ist bewiesen, dass diese Behandlung die Schweißdrüsen beruhigt.

Eine eher aus der Schönheitschirurgie bekannte Methode ist das Spritzen von Botulinumtoxin, allgemein unter dem Begriff Botox bekannt. Das Nervengift wirkt sich auf die Nervenimpulse aus. Bei Hyperhidrose kann es deshalb helfen, die Signalübertragung von Nerv zu Schweißdrüse zu blockieren. Dadurch wird die Schweißproduktion reduziert. Allerdings muss man die schmerzhaften Injektionen spätestens jedes halbe Jahr wiederholen.

Bei sehr starken Beschwerden ist es sinnvoll eine Operation durchzuführen. Hierbei bietet die Uniklinik Freiburg zwei Varianten: Zum einen können die Schweißdrüsen unter der Haut abgetragen werden oder es werden bestimmte Nerven an der Wirbelsäule durchtrennt, die für die Schweißproduktion verantwortlich sind.

 „Aluminiumhaltige Deos sind besser als ihr Ruf“

Die große Diskussion um Deodorants mit Aluminiumsalzen sei nicht begründet, sagt Dr. Bayer. Es sei lediglich bewiesen, dass die übermäßige Nutzung von aluminiumhaltigen Deos das Mammographie-Screening beeinflussen kann. So könnte zum Beispiel Brustkrebs schlechter erkannt werden.

„Man muss auch immer die Relationen im Kopf behalten: Wenn man zum Beispiel an einem heißen Sommertag durch Berlin spaziert, nimmt man ebenfalls eine erhebliche Menge Schwermetall auf. “

Wer kein Risiko eingehen möchte, der kann auch auf aluminiumfreie Deos umsteigen. Diese arbeiten mit dem gleichen Wirkprinzip und helfen genauso gut.

Der Schweiß ist also nicht unbesiegbar und mit einigen Mitteln leicht in den Griff zu bekommen. Neben allgemeinen Maßnahmen, wie Deos und Hygiene, lassen uns zielgerichtete Therapien und operative Verfahren gut mit Schweiß leben.

Info

Die Klinik für Dermatologie und Venerologie (Hautklinik) in Freiburg vereint drei Disziplinen unter einem Dach, das ist einzigartig in Deutschland. Neben der Dermatologie, arbeitet auch die Thorax- und die plastische Chirurgie hier. Alle drei Disziplinen arbeiten unabhängig, aber sie kooperieren miteinander in der sogenannten interdisziplinären Sprechstunde. Patienten können dadurch schnell zu verschiedenen Spezialisten vermittelt werden.

Hier geht es zur Website der Hautklinik Freiburg.

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Veröffentlicht am 25. August 2016

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