Ein Töpfchen mit Köpfchen

Ein Töpfchen mit Köpfchen

Spätestens seit Giulia Enders Bestseller „Darm mit Charme“ ist Science Slam für die meisten ein Begriff. Wissenschaftler stellen hierbei auf unterhaltsame Weise ihre Forschung vor. Die Freiburger Doktorandin, Joana Madjarov, hat mit ihrem Vortag „Töpfchen mit Köpfchen“ beim Science Slam der Baden-Württemberg Stiftung den ersten Platz gemacht.

Joana, wie kamst du auf die Idee an einem Science Slam teilzunehmen?

Die Baden-Württemberg Stiftung, die den Science Slam ausgerichtet hat, finanziert mein Projekt und hat mich direkt gefragt, ob ich Lust hätte mein Projekt bei einem Slam vorzustellen.

Die Baden-Württemberg Stiftung hat auch einen Workshop zur Vorbereitung angeboten, sonst hätte ich mich das nicht getraut. Ich empfand es als schöne Abwechslung zum Laboralltag und zu den wissenschaftlichen Darstellungen, die man sonst auf Konferenzen hat. Dort läuft es streng formal ab, es ist fast schon langweilig, wie Wissenschaft präsentiert wird.

Was habt ihr bei diesem Workshop gemacht?

Wir haben gelernt, wie man eine Storyline aufbaut und wie man eine gute Geschichte erzählt. Wir sollten bereits mit einem Entwurf kommen. Der erste Vortrag wurde dann gefilmt und analysiert: Was war gut? Was war schlecht? An welcher Stelle schläft man ein? Wann überfordere ich das Publikum?

Könntest du deine Forschung für uns in einem Satz zusammenfassen?

Nein, nicht auf eine allgemein verständliche Weise. Ich forsche an mikrobiellen Brennstoffzellen. Das ist eine sehr neue Technologie, um aus Abwasser Strom zu erzeugen. Ich kombiniere diese mikrobiellen Brennstoffzellen mit Membranfiltration. Membranfiltration ist eine Technologie, um Bakterien aus dem Abwasser abzutrennen, um so sehr sauberes Wasser zu generieren. Dieses Verfahren ist aber energieaufwendig. Deswegen macht eine Kombination Sinn. Also dass man den Filter so baut, dass er eine mikrobielle Brennstoffzelle ist, dann kann in dem Filter die Energie gewonnen werden, die man wiederum braucht, um den Filter zu betreiben.

Und wie lautet dann der offizielle Titel deiner Doktorarbeit?

Mein Thema hat sich während der Promotion etwas verschoben, der genaue Titel meiner Doktorarbeit wird anders sein, als der Titel mit dem ich offiziell als Doktorand angenommen wurde. Das Hauptthema sind mikrobielle Brennstoffzellen für den Betrieb in Abwasser.

Dieses Verfahren hast du beim Science Slam nun am Beispiel des Hipsters Horst erklärt?

Ja. Wobei Hipster Horst eher dafür herhalten musste zu zeigen, wie Energie überhaupt ins Abwasser kommt. Wenn man genauer darüber nachdenkt, ist es logisch, dass in Abwasser Energie steckt, aber es ist nicht unbedingt intuitiv verständlich. Deswegen wollte ich am Anfang des Slams erstmal erklären, wie überhaupt Energie in Abwasser kommt und aufzeigen, dass man dann nochmal Energie aufwendet, um diese Energie aus dem Wasser herauszubekommen. Im zweiten, technischen Teil war Horst gar nicht mehr so beteiligt.

Ist es dir sehr schwer gefallen, von der wissenschaftlichen Art zu präsentieren wegzukommen?

Ja. Es hat mir zwar Spaß gemacht es zu versuchen, aber ich habe in den ersten zwei, drei Probevorträgen, die mein Mann über sich ergehen lassen musste, doch eindeutig gemerkt, dass es gar nicht so leicht ist. Es fiel mir schwer dazustehen und zu versuchen witzig zu sein und Wörter wie „kacken“ auf der Bühne zu sagen. Das ging mir nicht so leicht von der Hand. Aber als ich vor Publikum stand, da ging es dann eigentlich ganz leicht. Die Stimmung bei so einem Science Slam ist ja auch ganz anders, wie beispielsweise auf einer Konferenz oder wenn man seine Ergebnisse dem Professor präsentieren soll. Ich fand es schön vor so einem lockeren Publikum zu stehen und alle lachen. Das war eine coole Erfahrung.

Würdest du es noch einmal machen?

Mit demselben Vortrag, ja. Im Moment würde ich mir aber nicht noch einmal die Arbeit machen, eine neue Präsentation zu erstellen. Ich habe wirklich viele Abende und zwei Wochenenden an dem Vortrag für den Science Slam gesessen.

Findest du, dass diese Art zu präsentieren im wissenschaftlichen Bereich stärker gefördert werden sollte?

Ich würde sagen ja. Natürlich nicht so extrem, wie bei einem Science-Slam-Vortrag, das geht ja schon in die Comedy-Schiene. Das brauchen wir nicht unbedingt. Aber gute Vorträge zu halten, die eine Geschichte erzählen, das fände ich schon wichtig. Ich habe in meinem Studium vielleicht zwei Vorträge gehalten und nicht eine Hausarbeit geschrieben. In einem naturwissenschaftlich-technischen Studium lernt man nicht mit Sprache umzugehen. Der Science Slam war jetzt natürlich das andere Extrem, aber sehr spannend für mich es auszuprobieren.

Und noch zum Schluss: Was begeistert dich an deiner Forschung?

Jeder von uns verbraucht täglich mehrere Liter Trinkwasser, allein durch das Benutzen der Klospülung. Und dabei landet nicht nur in der Toilette, was dort landen sollte. Ich mache immer meine Mitbewohner darauf aufmerksam, wenn sie Essen im Klo herunterspülen. Es ist sowieso unglaublich, dass in Deutschland mit Trinkwasser gespült wird. Natürlich ist unsere Kanalisation historisch gewachsen und kann nicht von heute auf morgen komplett verändert werden. Aber ich finde es wichtig, dass wir ein Bewusstsein dafür entwickeln und Wasser als Rohstoff  wahrnehmen.

Joana Madjarov

… studierte in Berlin Technischen Umweltschutz. Nach ihrem Diplom im Jahr 2011, kam sie zur Promotion nach Freiburg. Sie arbeitet an der Technischen Fakultät am Institut für Mikrosystemtechnik am Lehrstuhl für Anwendungsentwicklung bei Professor Dr. Roland Zengerle in der Arbeitsgruppe Bioelektrochemische Systeme. Ihr Gruppenleiter und Betreuer ist Dr. Sven Kerzenmacher. Alle Informationen findet ihr hier: imtek.de

Info

Der Science Slam der Baden-Württemberg Stiftung  mit dem Schwerpunkt Materialwissenschaften fand im Juni 2016 in Stuttgart statt. Der Gewinner-Vortrag „Töpfchen mit Köpfchen“ von Joana Madjarov ist hier verfügbar: youtube.com

Buchautorin Giulia Enders hat 2012 beim 6. Science Slam in Freiburg den 1. Platz gewonnen. Ein Youtube-Video davon gibt es hier.

Foto: Sarah Posselt-Böhm
Veröffentlicht am 5. August 2016

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