Wie gefährlich ist ein Zeckenstich wirklich?

Wie gefährlich ist ein Zeckenstich wirklich?

Für viele gibt es nichts Schöneres, als die warmen Tage im Freien zu verbringen – wären da nicht diese lästigen Stechmücken und Zecken. Letztere sind nicht nur lästig, sondern können auch gefährlich sein. Sarah hat sich mit Dr. Siegbert Rieg von der Infektiologie der Uniklinik über die Zeckengefahr unterhalten.

Herr Dr. Rieg, Sie sehen häufig Patienten, die von Zecken gestochen wurden. Ist Freiburg ein besonders gefährdetes Zeckengebiet?

Was die Zeckengefahr angeht ist der ganze Südwesten ein relevantes Gebiet und auch hier in der Gegend sind die durch Zecken übertragbaren Infektionen Frühsommer-Meningoenzeiphalitis, kurz FSME genannt, und die Borreliose verbreitet.

Zahlenmäßig tritt die Borreliose deutlich häufiger auf als die FSME. Die Borreliose ist eine bakterielle Erkrankung, die sich unkompliziert behandeln lässt. Was über die chronische Borreliose in den ganzen Internetforen kursiert, ist oft nicht wissenschaftlich fundiert.

FSME ist eine Virusinfektion, bei der es keine kausale Therapie gibt, das heißt, wenn eine Infektion stattgefunden hat, dann haben wir nur noch die Möglichkeit einer symptomatischen Behandlung. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass es noch eine ganz Reihe weiterer Krankheiten gibt, die man durch Zecken bekommen kann, aber dies sind Raritäten und in der Regel auch gut behandelbar.

Wie gelangen Zecken auf den Menschen?

Generell gilt, dass die Zecken nicht vom Baum fallen, wie man früher gesagt hat. Zecken lauern im knöchel- oder kniehohen Gras. Die Wiese darf nicht zu trocken sein. Zecken finden sich vor allem am Wegesrand oder in Büschen, nicht direkt im Wald. Sie spüren Erschütterungen und Stoffwechselprodukte von Mensch und Tier. Streift ein potentieller Wirt an der lauernden Zecke vorüber, haftet beziehungsweise hängt sich die Zecke an diesen.

In welcher Jahreszeit gibt es die meisten Zecken?

Die größte Aktivität der Zecken ist natürlich im Sommer, aber das liegt zum Teil auch daran, dass da dann die Menschen am meisten draußen sind. Sobald es richtig kalt wird, ist die Zeckensaison vorüber. Wobei sich die Zeckensaison durch die zunehmend milden Winter beinahe bis in den Dezember ausdehnt und manchmal auch schon wieder im Februar oder März beginnt.

Aber man kann sich mit einer Impfung schützen.

Gegen die Borreliose kann man sich nicht impfen lassen, aber man kann sie gut behandeln. Für die FSME ist es genau andersherum: Man kann sich impfen lassen, aber man kann sie nicht spezifisch behandeln. Die Impfung ist aber gut verträglich und vermittelt bei jungen Menschen eine Schutzrate von 95 Prozent.

Gibt es Nebenwirkungen bei „Zeckenimpfungen“?

Bei der FSME-Impfung können Schmerzen an der Injektionsstelle auftreten, vorübergehend auch ein bisschen Fieber, aber bleibende Schäden sind extrem selten. Somit ist das eine effektive und sichere Impfung.

Wer sollte sich impfen lassen?

Natürlich jeder, der viel im Freien ist und vermehrt Zecken hat. In Baden-Württemberg wird eine Impfung generell empfohlen, die auch von allen Krankenkassen bezahlt wird. Für eine Grundimmunisierung sind drei Impfungen erforderlich (die erste und zweite Impfung sollte im Abstand von mindestens vier Wochen stattfinden, die dritte Impfung nach 6-12 Monaten). Eine Auffrischimpfung ist zuerst nach drei Jahren, danach alle fünf Jahre erforderlich. Der Schutz setzt rasch nach der zweiten Impfung ein. Alle Hausärzte können die Impfung durchführen, ein Beginn des Impfens lohnt zu jeder Jahreszeit.

Was muss ich tun, wenn ich eine Zecke an meinem Körper finde?

Zuallererst ist es wichtig, dass die Zecke nicht gequetscht wird und deren Inhalt nicht auch noch in den Körper gedrückt wird. Man braucht ein Instrument, womit man die Zecke direkt oberhalb der Haut entfernen kann und dann wird einfach gezogen.

Es ist falsch zu drehen, da die Zecken kein Gewinde haben. Falsch ist ebenfalls, zuvor irgendetwas zu applizieren, wie Öl oder Klebstoff, dann stirbt die Zecke und gibt noch Material ab. Die Entfernung gelingt am besten mit einer Pinzette oder einer Zeckenzange, in der Apotheke gibt es auch sogenannte Zeckenkarten. Die Zecken einzuschicken oder zum Arzt mitzubringen ist im Übrigen nicht nötig.

Bei welchen Symptomen sollten nach einem Zeckenstich die Alarmglocken läuten?

Nach einem Zeckenstich ist Beobachten erstmal völlig ausreichend. Die Rötung, die in den ersten 48 Stunden nach dem Zeckenstich auftaucht, ist unbedenklich. Doch wenn es sich um eine Borreliose handelt, dann entwickelt sich nach 7-10 Tagen eine sogenannte Wanderröte, eine oft kreisrunde, sich langsam ausbreitende Rötung, Fieber und Gelenkschmerzen können dazu kommen. Dann sollte man auf jeden Fall zum Arzt gehen.

Im Kleinkind- und Jugendalter läuft die FSME wie ein grippeartiges Krankheitsbild ab. Hier tauchen sehr viel weniger neurologische Schäden auf, als wenn Erwachsene diese Infektion durchmachen. Bei Erwachsenen kann nach den Gliederschmerzen auch eine Meningitis, also eine Hirnhautentzündung, mit Lichtempfindlichkeit und Kopfschmerzen auftreten. Je älter der Patient, desto komplikationsträchtiger ist der Krankheitsverlauf.

Kann man sich alternativ zur Impfung gegen Zecken schützen?

Für Zecken kann man Repellentien benutzen, die auch gegen Mücken helfen, nur ist da der Schutz nicht so lang andauernd. Es gibt die Möglichkeit die Kleider mit einem Permethrinspray zu imprägnieren und lange Kleidung anzuziehen. Letztlich würde es auch helfen, wenn man die Hosen in die Socken steckt, auch wenn das nicht so vorteilhaft aussieht.

Doch das Wichtigste ist, dass sich jeder nach einem Ausflug ins Grüne nach Zecken absucht. Denn es ist bekannt, dass die Zecke erst ein bisschen sucht bevor es zum Zeckenstich kommt. Vor allem sollte man an den dünnen Hautstellen wie Kniekehle, Achselhöhle, Leiste besonders nachsehen, da dort die bevorzugten Stellen der Zecken sind.

Wenn die Zecke hängt, ist frühes Entfernen wichtig. Denn man weiß, dass beispielsweise für Borrelien die Übertragung erst nach circa 24-36 Stunden stattfindet. Anders ist das bei FSME, da findet die Übertragung ziemlich früh statt.

Wie hoch ist das prozentuale Risiko nach einem Zeckenstich zu erkranken?

Abhängig von der Region sind in Deutschland zwischen 5-20 Prozent der Zecken mit Borrelien infiziert. Aber nicht jeder, der von einer Borrelien-tragenden Zecke gestochen wird, entwickelt Krankheitssymptome. Werden alle Zecken berücksichtigt kommt es bei circa 1 Prozent der Stiche zu einer manifesten Borreliose, für die FSME ist das Risiko noch niedriger.

Info

Unabhängige Informationen zur Borreliose und der FSME, inklusive der FSME-Impfung, findet ihr auf den Internet-Seiten des Robert-Koch-Instituts:

Robert-Koch-Institut/Infos zur Borreliose
Robert-Koch-Institut/Infos zur FSME

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Foto: Sarah Fricke
Autoren:
Veröffentlicht am 13. September 2016

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