Datenkrake im Netz

Datenkrake im Netz

Denkt man an die Datensammlungen, die Social Media und Internetfirmen angeblich anhäufen, bekommen viele von uns ein mulmiges Gefühl in der Magengrube. Farina hat Claus-Georg Nolte, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Uni Freiburg, gefragt, was Facebook, Google und Co. wirklich von uns wissen und wie wir den Datenfluss eindämmen können.

Herr Nolte, Sie beschäftigen sich mit Internetwirtschaft und sozialen Netzwerken. Wir stellen unsere Daten freiwillig in verschiedene soziale Netzwerke, wie Facebook, ein. Was passiert dann damit?

Das kommt natürlich auf die Datentypen an. Alles was schriftlich eingestellt wird, wird automatisch von entsprechenden computergesteuerten Algorithmen ausgewertet. Auch Bilder werden schon seit geraumer Zeit mit einer Erkennungssoftware analysiert. Jedes Bild liefert nicht nur die Bilddatei an sich, sondern auch Metadaten mit Informationen, wann es geschossen wurde und teilweise GPS-Informationen, wo es geschossen wurde. Neuerdings wird auch mit Gesichtserkennung gearbeitet.

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Claus-Georg Nolte beschäftigt sich mit Internet Wirtschaft an der Uni Freiburg

Welche Daten sind überhaupt für wen interessant?

Grundsätzlich werden alle Daten als wertvoll erachtet. Denn man erhofft sich, in Kombination mit anderen Daten weitere Schlüsse ziehen zu können. Was für die Social Media Betreiber interessant ist, sind Daten die ihnen verraten, was wir kaufen würden.

Wie und warum geben soziale Netzwerke Daten an Dritte weiter?

Das ist ein Trugschluss: Soziale Netzwerke geben die Daten nicht direkt weiter. Diese Datensammlung ist der eigentliche Schatz von Facebook und Google. Sie bieten den Service an, Werbung, die über ihre Plattform läuft, zielgerichtet an den Mann oder  die Frau zu bringen.

Diese soll sich an eine Zielgruppe wenden, zum Beispiel Studierende im Alter zwischen 20 und 25, aus dem Großraum Freiburg. Daraufhin kann Facebook eine entsprechende Anzahl Personen aus seinem Pool anbieten, die direkt mit der Werbung erreicht werden können.

Ich kann mich auch schnell und einfach über Facebook bei anderen Anbietern anmelden. Was passiert dann mit meinen Daten?

Da wird es interessant. Da werden tatsächlich Daten an Dritte weitergegeben, weil der andere Service dann Daten von Facebook bekommt. Das sind meistens Profildaten, also wer ich bin, welche E-Mail-Adresse benutzt wird und oft auch das Geburtsdatum und die Facebookfreunde. Im Gegenzug bekommt Facebook Informationen von dieser Seite, beispielsweise was dort eingekauft wurde.

Wie schaffen es Firmen aus Millionen von Daten herauszufiltern, welches Buch in meine persönliche Werbung gehört?

Jeder Computer hat seinen einzigartigen, individuellen Fingerabdruck, da wir alle unsere Endgeräte personalisieren. Unser Computer hat eine bestimmte Modellkennung, ein Betriebssystem mit Versionsnummer und vielem mehr, was mitgeschickt wird, wenn man Seiten abruft. Dadurch sind wir im Internet zu identifizieren und es ist nachvollziehbar wo wir uns bewegen. So gelingt es Google sogar Leute zu finden und zu kategorisieren, die kein Google-Konto haben. Das Unternehmen merkt sich diese Daten von Webseitenbesuchen und kann dann zielgerichtet Werbung schalten.

Viele sagen ja, „Ist doch egal, ich habe eh nichts zu verbergen!“ Wie sehen Sie das?

In der Masse unterzugehen ist ziemlich unmöglich, da man ja eindeutig identifizierbar ist. Ich finde es sollte einem nicht egal sein, aber man sollte auch nicht grundsätzlich die Technologie verteufeln. Es ist wichtig sich dessen bewusst zu sein, was man tut und abzuwägen ob der Service es wert ist, all diese Daten preiszugeben. Alle Daten, die abgerufen werden, werden auch irgendwo gespeichert und können durch Datenlecks an Dritte gelangen, die sie dann missbrauchen. Die großen Unternehmen Google, Facebook und Co. haben wenig Interesse daran, Daten zu missbrauchen, da sie vom Vertrauen ihrer Nutzer profitieren.

Können meine Daten abgegriffen werden wenn ich zwei Tabs gleichzeitig in meinem Browser geöffnet habe? Zum Beispiel Facebook und meinen Online-Banking-Account?

Die meisten Online-Banking-Portale in Deutschland sind diesbezüglich relativ sicher. Facebook und Google können aber nicht nur Daten von ihren eigenen Seiten abgreifen, sondern auch Daten von Seiten die ihre Scripts darauf laufen haben.

Mit Google Anwendungen ist es dasselbe. Google Analytics ist ein Service der von Google angeboten wird: Er läuft auf unglaublich vielen Websites und stellt den Service zur Verfügung zu analysieren, wer die Seite besucht und wie lange der Nutzer auf dieser Seite bleibt. Diese Informationen sind für Anbieter, die ihre Seite optimieren wollen sehr wichtig . Der Nachteil ist, dass diese Daten auch an Google gehen. Gleiches gilt für Google AdWords, ein Service mit dem Dritte Werbung von Google auf ihren Seiten einbinden und dafür bezahlt werden. So kann Google wiederum nachvollziehen auf welchen Seiten der Nutzer unterwegs war und welche Werbung dementsprechend geschaltet werden sollte.

Gerade für Studierende sind Angebote wie Google Drive super praktisch, mit denen Dokumente online gespeichert werden und so jederzeit über das Internet abrufbar sind. Was halten Sie von diesen Angeboten?

Ich habe es als Studierender auch super gerne genutzt und finde es sehr praktisch. Ich nutze auch heute noch Angebote wie Dropbox oder Google Drive, um mit Freunden Daten auszutauschen oder gemeinsam an Dokumenten zu arbeiten. Man muss sich nur immer bewusst sein, dass die Daten ausgewertet werden.

Wie schützen Sie sich persönlich, wenn Sie im Internet unterwegs sind?

Zum einen lösche ich meine Cookies automatisch jedes Mal, wenn ich meinen Browser schließe. Das hat den Vorteil, dass sich keine großen Datensammlungen im eigenen Speicher ergeben. Um zu verhindern, dass man immer am Fingerprofil des Computers erkannt wird, nutze ich eine Vielzahl von Erweiterungen die es für den Browser gibt, vor allem für Google Chrome und ganz besonders für Firefox, den ich jedem als Browser empfehlen würde. Ob es jetzt Ghostery ist, das viele Hintergrundtracker ausschaltet oder BetterPrivacy das die Cookies nachhaltig löscht.

Außerdem versuche ich mir natürlich immer bewusst zu sein, was ich mache und was ich wo speichere. Also keine sensiblen Daten in der Cloud speichern und wenn doch, dann verschlüsselt, auch dafür gibt es Software. Nichtsdestotrotz nutze ich auch sehr viel Social Media.

Info

Claus-Georg Nolte ist, neben anderen, auch Referent im Kurs “Internet Economics: The Privacy Challenge”, an dem alle VWL- und Wirtschaftswissenschaftsstudierende teilnehmen können. Hier werden beispielweise Themen wie Sicherheit und Privatsphäre im Netz beleuchtet. Alle Informationen findet ihr hier.

Mehr dazu auf uniCROSS

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Teaserbild: Martin Hübner  Portrait: Farina Kremer
Autoren:
Veröffentlicht am 20. Oktober 2016

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