“Lesen etwas anders”

“Lesen etwas anders”

Wer sich schon gefragt hat, was hinter den Lebkuchen-Objekten steckte, die in der UB zu sehen waren: Die Exponate waren prämierte Arbeiten aus dem Wettbewerb „Eat Art“. Architekten, Designer und Studierende waren aufgerufen, sich mit dem Thema „Lesen etwas anders“ zu befassen und dreidimensionale Objekte aus Lebkuchen herzustellen.

Das Architekturforum Freiburg, die UB und das Unternehmen „Intelligent im Raum“ aus Staufen veranstalteten den Wettbewerb „Eat Art“ dieses Jahr unter dem Motto „Lesen etwas anders“ in der UB. Das Architekturforum Freiburg schrieb rund 360 Architekturbüros an, von denen sich 20 für den Wettbewerb anmeldeten. 13 Objekte sind es letztendlich geworden. Studierende nahmen keine teil.

Kunst aus Lebkuchen

Das Konzept der diesjährigen „Eat Art“ regt erst einmal zum Nachdenken an. „Lesen etwas anders“ –  man soll lesen, aber ohne Buchstaben, Raum soll geschaffen werden, jedoch nicht beschränkt auf Fläche. Zusätzlich musste man sich mit einem außergewöhnlichen Baustoff auseinandersetzen – Lebkuchen. Jedem Teilnehmer und jeder Teilnehmerin wurden zwei Lebkuchenplatten a 41 x 50 cm zur Verfügung gestellt.

Doch wie kommt man auf dieses nicht ganz einfache Thema und vor allem auf den Baustoff Lebkuchen? Wolfgang Schuhmann, Mitveranstalter der „Eat Art“ und Inhaber von „Intelligent im Raum“ sagt, dass Lebkuchen unter anderem auch wegen der Zeit des Wettbewerbs, kurz vor Weihnachten, gewählt wurde. Außerdem habe man bei der letzten „Eat Art“, die 2010 unter dem Motto „My Space“ im Kunstraum Alexander Bürkle in Freiburg stattgefunden hatte, gute Erfahrungen mit Lebkuchen gemacht.

Inspiration zum Thema der Ausstellung habe zum einen der Künstler Daniel Spoerri geboten, der in den 1960er Jahren Kunstobjekte herstellte, die das Thema Essen mit Kunst in Verbindung brachten, die so genannte „Eat Art“. Außerdem sei die Idee schon bei der Innengestaltung der Unibibliothek aufgekommen: „Wie einzelne Sessel oder Sitzlandschaften, die nicht direkt Teil eines großen Arbeitsplatzes waren, in die verschiedenen Bereiche der Unibibliothek platziert werden sollten, war damals ein zentrales Thema im Planungsprozess. Schon da ging es um das Thema ‘Lesen etwas anders’.“

Künstlerische Freiheit

„Wie muss eine Bibliothek funktionieren und eingerichtet werden, damit sie im Zeitalter des digitalen Wandels bestehen kann?“, fragte sich damals auch Dr. Antje Kellersohn, Direktorin der Unibibliothek. „Deswegen hatten wir die Idee, diese Inspiration an Architekten und Studierende weiterzugeben, um so auch andere Ansätze zu bekommen“, sagt Schuhmann. Das Thema sei offen und frei formuliert worden, sodass jeder quer denken konnte. Kunst habe mehr Freiheit als Architektur und diese Freiheit sollten die Architekten ausschöpfen.

Und tatsächlich bietet jedes Exponat, unabhängig vom tollen Lebkuchenduft, einen anderen Zugang zum Thema.

Die Fachjury, die die Objekte am 7. Dezember 2016 prämierte, vergab einen 1. Platz, zwei 2. Plätze und einen Sonderpreis, für einen Beitrag, der das Thema zwar nicht ganz getroffen habe, einen Preis aber trotzdem verdiene, sagt Schuhmann.

Der erste 2. Platz ging an das Architekturbüro an der Milchstraße in Freiburg, die einen QR-Code aus Lebkuchen herstellten, um die digitale Art des Lesens aufzugreifen. Den zweiten 2. Platz bekam das Larob Studio für Architektur aus Freiburg. Das Studio präsentierte ein Haus aus Buchstaben, das aus jedem Blickwinkel anders aussieht.

„Lesen verändert sich ständig“

Den 1. Platz sicherten sich die Architekten von Dörr & Irrgang aus Au bei Freiburg mit dem einzigen hängenden Objekt. Sie fertigten ein schwebendes Buch an, aus dem Buchstaben heraus fallen, mit denen man immer wieder neue Wörter legen kann. Das Objekt überzeuge durch seine Interaktivität, so die Jury. Über ihr Modell sagt Anne Rieckmann, Architektin und Diplom Ingenieurin bei Dörr & Irrgang: „Lesen ist so vielschichtig. Es braucht Interaktion und verändert sich in unserer heutigen Zeit ständig. Da Lesen unserer Meinung nach nicht starr denkbar ist, haben wir unser Objekt ‘ohne Worte’ genannt.“

Der Sonderpreis wurde an das Amann Burdenski Munkel Preßer Architekturbüro aus Freiburg vergeben, für eine Kugel aus Lebkuchen, die erst beim Öffnen ihre Komplexität offenbart: Beide Hälften der Kugel beinhalten quadratische Formen, die  genau ineinander passen.

Der übrig gebliebene – nicht verbaute – Lebkuchen wurde während der Preisverleihung zum Verzehr zur Verfügung gestellt. „Wir hoffen, dass die Exponate nicht angeknabbert werden, weil wir wissen, dass der ein oder andere Student doch länger hier sitzt und die Verlockung durchaus sehr groß ist“, sagt Schuhmann.

Für all diejenigen, die zu Hause noch ein Lebkuchenherz vom Jahrmarkt haben, hat Schuhmann noch einen Tipp: „Lebkuchen wird zwar mit der Zeit trocken, legt man ihn aber mit einem Apfel in eine Tüte, wird er wieder weich.“ Also schnappt euch einen Apfel und guten Appetit!

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Fotos: Laila Moscatiello
Veröffentlicht am 20. Dezember 2016

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