Einmal zum Mond und zurück

Einmal zum Mond und zurück

Die Freiburger Sportwissenschaftlerin Dr. Ramona Ritzmann möchte als erste deutsche Frau ins Weltall fliegen und ist in die engere Auswahl um einen Ausbildungsplatz als Astronautin gekommen. Mit uniCROSS sprach sie über Astronauten-Eiscreme und eine Welt ohne Rückenschmerzen.

Über 400 Kandidatinnen haben sich beim Personaldienstleister HE Space darum beworben, die erste deutsche Astronautin zu werden. Dr. Ramona Ritzmann ist unter den 86 Bewerberinnen, die einen Schritt weitergekommen sind. Sie hat an der Uni Freiburg Mathematik, Biologie sowie Sport und Sportwissenschaften studiert und forscht seit Jahren zum Thema „Auswirkungen der Schwerelosigkeit auf den Bewegungsapparat“.

Der zehntägige Aufenthalt im All ist noch nicht fest datiert, losgehen soll es aber bis spätestens 2020.

Frau Ritzmann, Sie sind promovierte Sportwissenschaftlerin und forschen seit acht Jahren am Institut für Sport und Sportwissenschaft. Wann kam Ihnen die Idee, dass eine Weltraumfahrt das i-Tüpfelchen in Ihrer Forschungsarbeit darstellen würde?

Die Ausschreibungen für Astronauten sind nur sehr selten und man muss natürlich auch in einem passenden Alter sein. Es schien mir jetzt der perfekte Zeitpunkt und vielleicht auch die letzte Gelegenheit für mich. Die Idee kam aber wirklich erst durch die Ausschreibung. Wenn man nichts mit der Materie zu tun hat, wird es schwer, überhaupt einen ernsthaften Bezug zum Weltall und der Raumfahrt zu bekommen.

Was reizt Sie am Astronauten-Job?

Was mich besonders reizt, ist die Zusammenarbeit von so vielen verschiedenen Nationen an einem gemeinsamen Ziel, das finde ich großartig.

Findet man in Freundschaftsbüchern alter Schulkameraden bei Ihrem Eintrag unter Traumjob Astronautin?

(lacht) Ich kann mich nicht mehr daran erinnern, was ich in Freundschaftsbücher geschrieben habe, vielleicht ist das auch besser so. Auf keinen Fall aber war damals mein Traumjob Astronautin. Es war auch zu keiner Zeit in meiner Kindheit ein Lebenstraum von mir Astronautin zu werden oder ins Weltall zu fliegen.

Für viele wirkt dieser Beruf abstrakt und schwer zu greifen, eine Art Kindheitstraum eben. Für mich ist er sehr real und letztendlich ein außergewöhnlicher Teil, der zu meiner Forschungsarbeit gehört. Zusätzlich zum einmaligen Aufenthalt im All reizt mich die Ausbildung zur Astronautin, die zwischen drei und fünf Jahren dauert und einem sehr viel abverlangt. Dazu gehört zum Beispiel auch das Erlernen  von neuen Sprachen, wie chinesisch oder russisch.

Welche Voraussetzungen muss man erfüllen, um in die engere Auswahl als die erste deutsche Astronautin zu kommen?

Man muss gesundheitlich in einem top Zustand sein. Herz- oder Nierenerkrankungen sind demnach mehr oder weniger ein Ausschlusskriterium. Auf der anderen Seite ist aber auch der psychische Zustand ausschlaggebend. Es ist sehr wichtig, dass man über eine stabile Psyche verfügt und somit souverän mit Stresssituationen umgeht. Grade in Anbetracht der Tatsache, dass während des Weltraumaufenthalts ein 16-Stunden Arbeitstag auf einen wartet.

Sie haben sich schon gegen circa 400 Bewerberinnen durchgesetzt und sind unter den ausgewählten 86. Verraten Sie uns Ihr Geheimrezept, wie Sie das geschafft haben?

Ich möchte am Ende nicht alleine die Lorbeeren einsammeln, sondern möchte noch einmal deutlich betonen, dass ich erst durch die hervorragende Unterstützung der Universität Freiburg, besonders durch das Institut der Sportwissenschaft, die Möglichkeit bekommen habe, diesen Weg zu gehen. Einen positiven Einfluss bei der Auswahl zur Astronautin hat selbstverständlich meine Vorerfahrung in der Schwerelosigkeitsforschung, die ich nur durch die hiesigen Forschungsprojekte erlangen konnte. Natürlich stehen auch noch sehr viele Menschen hinter mir, die auch ihren Teil dazu beigetragen haben.

Wie genau wird man auf einen Aufenthalt im All ausgewählt und vorbereitet?

Zu Beginn stehen diverse medizinische und psychische Tests, die zum aufwendigen Auswahlerfahren zählen. Danach folgt die technische Ausbildung, sodass man in der Lage ist, die Experimente in der Schwerelosigkeit durchzuführen, Vehikel zu manövrieren und um sich einwandfrei im Weltraum zurechtzufinden.

Wie kann es sein, dass noch keine einzige deutsche Frau im Weltraum war?

Europa ist auf diesem Gebiet sehr rückständig, verglichen mit Amerika und Russland.  Hier spielt der nicht zu vernachlässigende Grund der kulturellen Unterschiede mit hinein. So ist die Amerikanerin Peggy Whitson am 17. November 2016, im Alter von 56 Jahren, zu ihrem dritten Langzeitaufenthalt ins Weltall aufgebrochen. Meiner Meinung nach gibt es keinen wirklich plausiblen Grund, warum Europa nach wie vor das Schlusslicht in Sachen Weltraumfahrt darstellt.

Wie das Bewerbungsverfahren für deutsche Astronauten und Astronautinnen 2008 zeigte, gab es unter einigen tausend Bewerbungen jedoch auch nur ein paar wenige, die von Frauen stammten. Das heißt demnach, dass die Gruppe von möglichen weiblichen Astronauten von Beginn an schon kleiner ist. Ein anderer wichtiger Punkt ist die Tatsache, dass bei Frauen immer das Risiko besteht, dass sie wegen einer Schwangerschaft ausfallen und das wäre natürlich im Hinblick auf die aufwendige Vorbereitung fatal.

Wegen dieses offensichtlichen Ungleichgewichts rief Claudia Kessler, Geschäftsführerin der Firma HE Space, die Initiative ins Leben, nach der ersten deutschen Astronautin zu suchen.

Sie forschen zum Thema „Auswirkungen der Schwerelosigkeit auf den Bewegungsapparat“, gibt es hierbei einen Unterschied zwischen Männern und Frauen?

Bisher befassten sich meine Forschungen nicht mit dem Unterschied von Männern und Frauen, aber man weiß, dass der weibliche Körper in vielerlei Hinsicht anders oder sagen wir besonders funktioniert. Der Hormonhaushalt ist hier nur ein zu nennendes Beispiel.

Die Tatsache, dass es noch wenige Forschungsergebnisse über die Auswirkung der Schwerelosigkeit auf den weiblichen Körper gibt, macht es noch viel spannender für mich.

Sie sagten, es könne nachgewiesen werden, warum Menschen Rückenschmerzen bekommen. Wie kann man sich das vorstellen?

Ganz einfach, durch die Schwerelosigkeit gibt es keine Rückenschmerzen im Weltraum. Diese entsteht ja erst dadurch, dass wir tagtäglich unser eigenes Körpergewicht im Schwerefeld der Erde mit uns herumtragen. Auf dem Mond wäre das in etwa nur ein Sechstel.

Auch dass unsere Füße so aussehen, wie sie aussehen, lässt sich anhand der Schwerelosigkeit erklären. Sie sind genauso geformt, dass sie uns tragen können. Ich habe es auch schon einmal selbst ausprobiert, bei Mond- und Marsgravitation normal zu laufen oder zu rennen, das funktioniert nicht, man kann nur hüpfen.

Für mich ist die Schwerelosigkeit wahnsinnig interessant und reizt mich sehr. Sie erklärt, warum manche Dinge sind wie sie sind.

Gibt es etwas, was Ihnen Angst macht oder wovor Sie Respekt haben, wenn Sie an diese doch eher ungewöhnliche Exkursion denken?

Angst habe ich keine, sonst hätte ich mich gar nicht erst beworben. Ich sehe es eher als Herausforderung, Neues kennenzulernen und mich neuen Aufgaben zu stellen.

Respekt habe ich aber zum Beispiel davor, keine Erde um mich zu haben, kein Gras zu sehen, keine Bäume, kein Tageslicht und ohne mein soziales Umfeld zu sein.

Auf die Reise ins All darf man nur einen Koffer bis zu 1,5 Kilogramm mitnehmen. Was würden Sie einpacken?

Darüber habe ich mir noch keine Gedanken gemacht, aber das wird sicherlich nicht  ganz einfach. Es wird auf jeden Fall kein Luxusaufenthalt!

Haben Sie schon einmal Astronautennahrung probiert?

Ich habe tatsächlich Astronautennahrung zuhause. Es ist eine Art Ice-cream mit Fruchtgeschmack, aber ich habe es noch nie probiert, das werde ich auf jeden Fall bald nachholen. Für alle, die nicht ohne ein Gourmetessen auskommen, wäre dieser Aufenthalt aber wohl eher nichts.

 

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Foto: Katja Hackmann
Veröffentlicht am 4. Januar 2017

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