Album der Woche: Tim Darcy – Saturday Night

Album der Woche: Tim Darcy – Saturday Night

Man hatte vom Debütalbum von Tim Darcy, dem extrovertierten Kopf der kanadischen Post-Punk Band Ought, vieles erwartet; Eine verkopfte Abhandlung linker Theorien etwa, kakophonische Feedback-Experimente zwischen Jazz, Noise und Wahnsinn. Dass das Adjektiv “romantisch” in der Besprechung auftauchen würde, damit war jedenfalls beim besten Willen nicht zu rechnen.

Nun ist “Saturday Night”, Tim Darcys Solo-Debüt erschienen – ein Album, das all jene, die sich mit dem bisherigen Schaffen des Künstlers beschäftigt haben, ordentlich vor dem Kopf stoßen wird. Dabei gab es genug Vorzeichen, die den Sound des Albums hätten erahnen lassen können. Bereits die erste Single “Still Waking Up” war eine im Pathos getränkte Schnulze zwischen Roy Orbison und Morrisseys kitschigsten Momenten. Man ist reflexartig versucht, den Song zu hassen, hat letzten Endes aber keine Chance. “Isn’t it funny how that happens?”, singt Darcy in den letzten Takten des Songs. Man fühlt sich sonderbar ertappt.

So ist, obwohl sich auch die obligatorischen Feedback-Experimente (“Beyond Me”) in die Tracklist gemogelt haben, “Saturday Night” zu weiten Teilen ein überraschend eingängiges Album geworden. Und dennoch ist die charmante Brüchigkeit, die bereits Darcys Songwriting bei Ought auszeichnet,  auch auf “Saturday Night” allgegenwärtig. Wie in einem fieberhaften Rausch schraubt sich seine Stimme immer wieder in emotionale Grenzregionen, wie man es sonst nur von David Byrne kennt. So viel ungenierter Offenbarungswille hat Popmusik heute jedenfalls viel zu selten zu bieten.

von Julian Tröndle

Lust auf mehr? Hier gehts zu allen Alben der Woche!. Mehr zur Platte erfahrt ihr am Dienstag, 21.02.2017, ab 19 Uhr im Soundcheck Magazin

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Veröffentlicht am 20. Februar 2017

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