Erfahrung weitergeben

Erfahrung weitergeben

Probleme im Studium? Mentorinnen und Mentoren können weiterhelfen. Deshalb bietet die Uni Freiburg seit 2012 Mentoringprogramme an, die durch ein Kompetenznetzwerk betreut werden. Frederik hat herausgefunden, warum sich die Treffen auch für Studierende in höheren Semestern lohnen.

Heike Elisabeth Kapp (links) und Kerstin Steiger-Merx organisieren an der Uni Freiburg das Mentoring für Studierende.

Frau Kapp, Sie verantworten die Gesamtkoordination und Beratung der Mentoringprogramme während Sie, Frau Steiger-Merx für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig und Ansprechpartnerin für Internationale Studierende sind. Was ist Mentoring überhaupt?

Mentoring ist eine Beziehung zwischen zwei oder mehr Menschen, die sich auf verschiedenen Erfahrungsstufen befinden. Eine Person mit mehr Erfahrung gibt diese in einem ganz persönlichen Rahmen an die nächste Generation weiter. Das geschieht weder punktuell wie bei einer Beratung noch fachspezifisch wie bei der Nachhilfe. Mentoring ist natürlich kein Therapieersatz.

Aus unserer Sicht hat jeder Mensch Stärken und Schwächen. Wir wollen mit Mentoring Unterstützung leisten, ohne zu sagen: Das Programm ist nur für die besten Studierenden oder solche mit großen Problemen. Jeder ist auf einer neuen Erfahrungsstufe erstmal beratungsbedürftig.

Im Gegensatz zu vielen anderen Universitäten kommt in Freiburg ein dezentrales Mentoringkonzept zum Einsatz. Was bedeutet das?

In Freiburg haben wir einen sehr speziellen Ansatz. Grund dafür ist, dass die einzelnen Fachbereiche der Uni Freiburg ganz unterschiedliche Bedürfnisse haben.

Manche Studierende, zum Beispiel die in technischen Studiengängen, haben schon früh große Herausforderungen zu bestehen. Gegen Ende ihres Studiums werden viele allerdings viele von ihnen aus der freien Wirtschaft direkt angeworben. Deswegen haben sie dann kaum Probleme, im Beruf Fuß zu fassen. In anderen Studiengängen fällt der Einstieg leichter, dafür sorgt der Übergang in den Beruf oft für größere Probleme. Uns war es wichtig auf die spezifische Situation der Studierenden an den einzelnen Fakultäten eingehen zu können. Das eigentliche Mentoring wird deswegen dezentral an den einzelnen Fakultäten umgesetzt.

Mentoring anzubieten ist für die Fakultäten freiwillig. An allen elf Fakultäten gibt es Mentoringprogramme, an zehn davon läuft das Mentoring mit unserer Unterstützung. Jedes Programm, das unter unserem Dach arbeiten möchte, hält sich an die Qualitätskriterien, die wir vorgeben und erstellt dann mit uns gemeinsam ein Konzept. Dieser freiwillige und dezentrale Ansatz hat sich bewährt.

Wer kann am Mentoring teilnehmen?

Im Grunde kann jeder und jede Studierende teilnehmen. Mentoring richtet sich aber insbesondere an Personen in Übergangsphasen. Zum Beispiel an Studienanfängerinnen und -anfänger. Sie treffen sich im Mentoring meistens mit älteren und erfahreneren Studierenden. Ein anderer Zeitpunkt, an dem oft auf Mentoring zurückgegriffen wird, ist der Übergang vom Studium in den Beruf. Hier treffen sich Studierende mit Berufstätigen, die ihnen helfen, sich auf die Arbeitswelt vorzubereiten.

Bei uns ist es wichtig, dass Mentoring auf einer persönlichen Basis abläuft. Es soll keine direkte Hierarchie geben und beide Parteien sollen freiwillig teilnehmen. Wir wollen Mentorinnen und Mentoren, die sagen: Ich habe Lust, mich und meine Erfahrung zur Verfügung zu stellen. Mentees sollen die Teilnahme nicht verordnet bekommen, sondern aus eigenem Interesse mitmachen. Nur dann kann wirklich gutes Mentoring zustande kommen. Viele Mentorinnen und Mentoren nehmen über mehrere Semester hinweg teil. Mentoring bringt für sie zwar Aufwand mit sich, aber die Treffen lohnen sich auch für sie. Mentorinnen und Mentoren gewinnen neue Erfahrungen und erweitern ihr Netzwerk. Außerdem ist es einfach schön, anderen durch die Vermittlung von Wissen zu helfen.

Wie oft treffen sich Mentoren, Mentorinnen und Mentees?

Die Abstände zwischen den Treffen und die Dauer der Beziehung variieren von Fakultät zu Fakultät. Verallgemeinernd lässt sich aber sagen, dass je früher im Studium das Mentoring stattfindet, desto häufiger treffen sich die Teilnehmer und desto kürzer ist die Laufzeit. Auch Gruppenformate kommen dann öfter zum Einsatz.

Je weiter man im Studium voran kommt und je individueller die Themen sind, desto länger sind die Laufzeiten und desto seltener finden die Treffen statt. Es nehmen dann ja auch Fach- und Führungskräfte als Mentorinnen und Mentoren teil, die oft einen vollen Terminkalender haben.

Gruppenmentoring – wie funktioniert das?

Beim Gruppenmentoring berät eine Mentorin oder ein Mentor eine kleine Gruppe Mentees. Manchmal gibt es auch mehrere Mentorinnen und Mentoren pro Gruppe. Zum Beispiel unterstützen an der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät teilweise zwei Mentorinnen oder Mentoren zusammen eine etwas größere Gruppe von Mentees.

Das Mentoringprogramm bietet die Uni Freiburg seit 2012 an. Was hat sich in der letzten Zeit getan?

Letzten Oktober startete die zweite Förderphase des Qualitätspakts Lehre. Deshalb wird unser Programm bis 2020 weiter vom Ministerium gefördert. Darüber hinaus konnten wir aber noch zusätzliche Mittel einwerben.

Unsere jüngsten Projekte richten sich an einzelne Gruppen, die über verschiedene Fakultäten verstreut sind. Das sind beispielsweise die internationalen Studierenden. In Kooperation mit der Beraterin für Studium mit Handicap planen wir auch ein Mentoringprogramm, das sich an Studierende mit chronischen Krankheiten oder Behinderungen richtet. Solche Gruppen laufen wegen ihrer geringen Größe an den einzelnen Fakultäten oft etwas unter dem Radar. Über die Fakultätsgrenzen hinweg betrachtet, handelt es sich aber um so viele Personen, dass wir sie mit Mentoring unterstützen möchten und können. Das geschieht dann zentral.

Außerdem waren wir mit einem Antrag innerhalb der Qualitätsoffensive Lehrerbildung erfolgreich. In diesem Rahmen haben wir in diesem Wintersemester ein Programm gezielt für Lehramtsstudierende gestartet. Dabei treffen sich Lehrerinnen und Lehrer mit Lehramtsstudierenden aller Fakultäten. Auch dieses Programm wird von uns zentral durchgeführt. Wir wollen hier über die nächsten Jahre ein kaskadenartiges Modell aufbauen: Die Mentees sollen nicht nur nehmen, sondern auch geben. Idealerweise wünschen wir uns, dass sie gleichzeitig Mentorinnen und Mentoren für Studierende der Eingangsphase werden.

Was planen Sie genau für internationale Studierende?

Hintergrund ist, dass es bei den internationalen Studierenden hohe Abbruchquoten gibt. Im Moment versuchen wir herauszufinden, woran genau das liegt. Die Frage ist: An welcher Stelle haben internationale Studierende Bedarf nach Mentoring? Um das herauszufinden haben wir uns mit verschiedenen Stellen innerhalb der Uni ausgetauscht. Aktuell fügen wir die gewonnen Informationen zusammen und erstellen auf dieser Basis ein Mentoringkonzept. Wir werden noch 2017 eine konkrete Unterstützung für internationale Studierende anbieten.

Sie bieten Kurse und Workshops für Mentorinnen und Mentoren an. Was wird dort besprochen?

Für die Mentorinnen und Mentoren besteht keine Pflicht, die Kurse zu besuchen, aber ich freue mich trotzdem, wenn die Studierenden das Angebot annehmen. Wir erklären einige Grundlagen, zum Beispiel was Mentoring eigentlich beinhaltet und was nicht.

Wir versuchen außerdem festzuhalten, was der oder die Einzelne in die Treffen mitbringen kann. Die Mentorinnen und Mentoren sollen erkennen, was für ein großes Potential darin liegt, dass sie aus der gleichen Erfahrungswelt kommen wie ihre Mentees. Das erleichtert es ungemein, eine konstruktive Beziehung aufzubauen.

Wir lassen die Mentorinnen und Mentoren mit ihrer Aufgabe also nicht allein. Sie sind so für ihre Aufgabe deutlich besser gewappnet und machen deswegen auch bessere Erfahrungen. Die Allermeisten von ihnen nutzen die angebotenen Kurse. Sie nehmen am Mentoring ja freiwillig teil und sind dementsprechend motiviert, ihren Mentees so gut wie möglich zu helfen.

Wie sieht Mentoring im besten Fall aus?

Jeder Mentor und jede Mentorin darf den eigenen Stil in die Treffen einbringen. Aus meiner Sicht ist Mentoring aber dann sinnvoll und schön, wenn es die Mentees fachlich und persönlich weiterbringt. Mentoring kann und soll mit persönlichen Elementen kombiniert werden, gerne auch im Gespräch bei Kaffee oder Bier, in erster Linie geht es aber darum, dass die Mentees ihre Rolle im Studium reflektieren und erkennen, was sie erreichen wollen. In vielen Fällen entwickelt sich aus der Mentoringbeziehung eine Freundschaft zwischen den Teilnehmenden.

Kontakt:

Heike Elisabeth Kapp
Gesamtkoordination und Beratung
kapp@service.uni-freiburg.de

Kerstin Steiger-Merx
Öffentlichkeitsarbeit und Service für Internationale Studierende
steiger-merx@service.uni-freiburg.de

Offene Sprechstunde:
Di und Do 9 – 12 Uhr
Sedanstr. 6
Tel.: 0761 / 203-67383

Info

Wer mehr über das Mentoringprogramm der Uni Freiburg allgemein erfahren möchte, findet zusätzliche Informationen auf der Website des Kompetenznetzwerks Studierendenmentoring.

Infos zu Mentoringprogrammen an eurer Fakultät und mehr zum Mentoringprogramm für Lehramtsstudierende findet ihr ebefalls auf der Website des Kompetenznetzwerks.

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Foto Teaser: Jasmin Bergmann
Foto Heike Elisabeth Kapp & Kerstin Steiger-Merx: Frederik Eikmanns
Veröffentlicht am 16. März 2017

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