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Am 23. April dreht sich im nordspanischen Katalonien alles um Rosen, Bücher, Drachen und den heiligen Sankt Georg. Woher dieser Brauch kommt und warum es ihr Lieblingstag ist, erklärt uns Clàudia aus Sant Vicenç de Castellet, die zurzeit als Erasmus-Studentin in Freiburg lebt.

Sant Jordi ist Clàudias Lieblingstag.

Am 23. April wird in Katalonien die „Diada de Sant Jordi“ gefeiert, ein Fest zu Ehren des Schutzpatrons Sankt Georg. Was passiert an diesem Tag?

Der 23. April ist ein sehr wichtiger Tag für Katalonien. In jedem Dorf und in jeder Stadt zieht es alle auf die Straße, an zahlreichen Ständen gibt es Rosen und Bücher. Die Frauen schenken den Männern, beziehungsweise ihren Partnern, an diesem Tag ein Buch und die Männer schenken den Frauen eine Rose, als Symbol der Liebe. Außerdem gibt es an Sant Jordi in ganz Katalonien ein riesiges kulturelles Angebot: An den Schulen wird zum Beispiel ein mittelalterlicher Dichterwettstreit, Els Jocs florals, nachgespielt, in den Bibliotheken werden Gedichte vorgetragen und an allen möglichen Orten und auf den Straßen finden unterschiedliche Veranstaltungen, wie Lesungen oder Konzerte statt. An den Buchständen signieren Autoren außerdem ihre Bücher, das ist wichtig, weil die Tatsache, dass an Sant Jordi Bücher verschenkt werden, eigentlich von einer kulturellen Initiative kommt, die das Lesen von Büchern fördern sollte.

Dann ist es so ähnlich wie ein riesiger Valentinstag?

Ja, wenn man berücksichtigt, dass es ein Fest ist, an dem sich Verliebte Geschenke machen, schon.  Aber die Tradition ist eine andere. In Katalonien wird Sankt Valentin an sich gar nicht gefeiert. Natürlich kommt das nach und nach, aber traditionell war das nicht so.

Wer ist Sant Jordi?

Ich glaube, dass das selbst in Katalonien nicht jeder weiß. Aber was sicher alle kennen, ist das Lied von Sant Jordi, das wir in der Schule lernen und die Legende von ihm erzählt: Sant Jordi de Montblanc.

Sant Jordi war aber eine historische Person, er existierte tatsächlich. Er wurde im 3. Jahrhundert in Kappadokien in der Türkei geboren und lebte unter dem Kaiser Diokletian. Dieser Kaiser befahl ihm, im Zuge der römischen Christenverfolgung, alle Christen zu töten. Sant Jordi weigerte sich aber. Daraufhin wurde er gefoltert und geköpft. Nach und nach wurden dann um dieses Ereignis Legenden gesponnen und im Jahr 1456 wurde Sant Jordi zum Schutzpatron von Katalonien.

Und was besagt die Legende?

Die Legende besagt, dass in Montblanc ein grausamer Drache lebte, der alle Dorfbewohner töten wollte. Weil das Dorf nicht wusste, wie es den Drachen besiegen sollte, gab es ihm jeden Tag eine Person, die er fressen konnte. Diese Person wurde unter allen Dorfbewohnern ausgelost. Eines Tages wurde aber der Name der Prinzessin gezogen und so übergaben sie dem Drachen die Tochter des Königs. Als die Prinzessin dann bereits beim Drachen war, erschien aus dem Nichts der Ritter Sant Jordi und tötete den Drachen mit einer Lanze. Aus dem Blut des getöteten Drachen entstand eine Rose, die er, wie man sich erzählt, dann der Prinzessin schenkte.

Ab dem 15. Jahrhundert wurde der Schutzpatron Sant Jordi dann in Katalonien mit einer Rosenmesse gefeiert. Daher kommt der Brauch sich an diesem Tag eine Rose zu schenken.

Aber an Sant Jordi schenkt man sich nicht nur Rosen, sondern auch Bücher.

Das Buch hat mit all dem an sich nichts zu tun. Das kommt daher, dass in den 20er Jahren der valenzianische Schriftsteller Vicent Clavel i Andrés vorschlug, an einem Aktionstag das Lesen von Büchern zu fördern. Als Datum für diesen Tag wurde der 7. Oktober 1927 festgelegt. Zwei Jahre später, 1929, als die Weltausstellung in Barcelona war, wurde die Veranstaltung wiederholt und war unglaublich erfolgreich.

Später wurde dann entschieden, den Aktionstag auf den 23. April zu verlegen, da dieses Datum der Todestag von Cervantes und Shakespeare ist. Der 23. April wurde mittlerweile auch von der UNESCO zum internationalen Tag des Buches und des Urheberrechts erklärt.

Heute spielt der Tag auch eine wichtige Rolle für die Verbreitung von katalanischer Literatur. Viele Autoren bringen am 23. April neue Bücher heraus. Natürlich hat das auch einen Effekt auf die katalanische Kultur im Allgemeinen. Viele gehen mit der katalanischen Flagge, der Senyera, auf die Straße, meistens sind auch die Rosen mit ihr geschmückt. Aber das hängt von der Person ab, man kann Sant Jordi als Nationalfeiertag wahrnehmen, aber auch einfach als schönen Tag, der wirklich wunderschön ist, weil einem überall Literatur und Poesie begegnen.

Du magst Sant Jordi also?

Ja, sehr! Für mich ist es die schönste Tradition, die wir haben. Sant Jordi ist mein Lieblingstag und ich kenne viele, denen es genauso geht. Jeder hat gute Laune, die Leute spazieren einfach so durch die Straßen, suchen sich ein Buch aus oder kaufen eine Rose. Das ist wirklich schön zu erleben. In Barcelona ist es manchmal schon fast übertrieben. Die Straßen, vor allem die Rambla, sind so voll, das man zum Teil gar nicht mehr durchkommt.

Ich bin normalerweise in Barcelona mit Freunden oder der Familie und wenn es zeitlich reicht, fahre ich auch noch in mein Dorf und in die nächst größeren Stadt, um dort die Stände und Veranstaltungen zu sehen. Manchmal kann das ganz schön stressig werden. Am schlimmsten ist es aber, wenn es regnet, das ist dann wirklich Pech.

Übersetzt aus dem Katalanischen von Sarah Posselt-Böhm. 

Info

Am Montag, 24. April 2017 bringt die Katalanistik der Uni Freiburg Sant Jordi nach Deutschland. Ab 13 Uhr werden vor der Bibliothek des Romanischen Seminars im KG I Rosen und Bücher verschenkt. Um 14.30 Uhr gibt es eine kleine Lesung mit Gespräch. Die Fachschaft der Romanistik sorgt für Kaffee, Tee und Kekse.

So wird Sant Jordi in Barcelona gefeiert

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Teaserbild: Jasmin Bergmann. Foto: Sarah Posselt-Böhm
Veröffentlicht am 22. April 2017

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