ERASMUS in Barcelona

Party, Paella, Politik – das und mehr ist Barcelona. uniONLINE hat Vanessa Hug zu einer der Top-Erasmus-Städte interviewt und einiges über Klischees, kulinarische Highlights und die Katalanen erfahren. Vanessa ist Ibero Cultura-Studentin im 4. Semester und kürzlich von ihrem ERASMUS-Aufenthalt zurückgekehrt.

Vanessa hat bei ihrem Aufenthalt in Katalonien nicht nur ihre Sprachkenntnisse verbessert, sondern auch tolle Erinnerungen an Ausflüge und an Abende am Strand.

Vanessa, du bist gerade aus Katalonien zurückgekommen. Ballermann, Ibiza, Barcelona. Für viele ist Kataloniens Hauptstadt vor allem eine Partystadt …

Party machen kann man dort auf jeden Fall! Einmalig ist Barcelona aber vor allem, weil die Stadt alles gleichzeitig bietet: die Vorzüge einer Metropole, zahlreiche Party-Locations, viele kulturelle Angebote, aber auch Meer und Berge. Hier ist für jeden etwas dabei.

Es gibt den vielzitierten Spruch: „Barcelona és bona si la bossa sona“ – zu Deutsch: „Barcelona ist gut, wenn der Geldbeutel klingelt“. Ist Barcelona nur etwas für Reiche?

Also viel Geld zu haben ist nie schlecht. Man kann hier ausgiebig shoppen gehen, denn Barcelona gilt ja auch als Stadt der Mode. Am Passeig de Gràcia findet man alles – von Louis Vuitton und GUCCI bis hin zu H&M und Zara. Günstig essen kann man in den vielen Bars. Und es gibt das ganze Jahr hindurch kostenlose Konzerte, die Museen sind einmal im Monat gratis und über Gästelisten kommt man auch ohne zu zahlen in die schicken Clubs. Man muss die Augen offenhalten. Wenn man nicht ganz touristisch lebt, findet jeder hier günstige Angebote, egal ob es um Mode, Essen oder Kultur geht.

Die kulturelle Vielfalt von Barcelona ist schon öfter angeklungen. Was sollte man sich bei einem Besuch in Barcelona auf keinen Fall entgehen lassen? Und welche Sehenswürdigkeit hältst du für völlig überbewertet?

Absolut überbewertet ist die Straßenpromenade Rambla! Viel zu eng, viel zu viele Menschen. Für mich sind das einzige Gute daran die berühmten Markthallen der Boqueria. Sonst sind dort vor allem Touristen, Straßenhändler und Taschendiebe. Nicht verpassen sollte man hingegen Gaudís Sagrada Família. Ich bin eigentlich kein Kirchgänger, aber die Sagrada ist ein Muss. An ein oder zwei Tagen im Jahr, wenn die Stadt ihren Geburtstag feiert, ist die Besichtigung kostenlos, an den anderen Tagen zahlt man 15 bis 20 Euro. Klar, das ist teuer, aber es ist auch jedes Mal ein Erlebnis. Du gehst hinein und zu jeder Tageszeit fällt das Licht anders ein, das heißt, man hat immer eine andere Sicht.

Und welchen Ort darf man in kulinarischer Hinsicht nicht verpassen?

Wenn man Paella mag, sollte man ihre katalanische Version, die Fideuà, probieren. Vor allem in den kleineren Gassen des Stadtviertels Barceloneta gibt es hervorragende Restaurants. Von außen sehen sie manchmal nicht gerade vertrauenserweckend aus und auch die urige Inneneinrichtung ist Geschmackssache, aber das Essen ist super. Lecker und preiswert sind auch die schön angerichteten Tapas in der Straße Carrer Blai. Auf die Touristenangebote auf den Hauptachsen sollte man aber nicht hereinfallen.

Als ERASMUS-Student gehört man ja bestenfalls nicht mehr zu den Touristen, sondern zu den Bewohnern von Barcelona. Wie findet man am besten eine Unterkunft?

Ich selbst habe in den ersten Tagen bei einer Freundin gewohnt. Die meisten gehen aber in ein Hostel, manche auch in ein Hotel, einige buchen eine Wohnung über Airbnb oder kommen die ersten Tage per Couchsurfing unter. Auf jeden Fall sollte man vor Ort sein, wenn man auf Zimmersuche geht. Bekannte von mir haben bis zur Hälfte des ersten Semesters noch im Hostel übernachtet. Aber wenn man sich bemüht, findet man etwas, am besten im Internet über idealista.es.

Wenn man Glück hat, werden die Mitbewohner bald zu Freunden. Aber wie lerne ich sonst Leute kennen in der 1,6-Millionen-Stadt?

Studierende haben mit der Uni auf jeden Fall schon mal eine erste Kontaktbörse. Es gibt auch Facebook-Gruppen extra für Erasmus-Studierende oder spezielle Veranstaltungen vom Erasmus Student Network (ESN), das es seit 2015 auch in Freiburg gibt. Wenn du offen bist und auch Lust darauf hast, dann wirst du nicht alleine bleiben. Du triffst Leute beim Feiern, oder wenn du einfach in irgendein Café oder eine Bar gehst und dich mit den anderen Gästen unterhältst. Die Spanier sind da wirklich offen und ich wurde oft angesprochen. Meist fragen sie dich, woher du kommst und dann hat man schon das erste Gesprächsthema.

Apropos Gesprächsthema. Worauf sollte man die Barceloneser besser nicht ansprechen?

Auf die Independència. Wenn es um die Unabhängigkeit Kataloniens geht, hört der Spaß auf. Ich habe es erlebt, dass in einer Familie die Ehepartner regelmäßig in heftigen Streit geraten sind. Der Katalane unter ihnen war strikt gegen ein unabhängiges Katalonien, der zugezogene Partner dafür. Einig ist man sich wirklich nicht, aber die eigene Meinung wird lautstark verteidigt.

Der Sonderstatus Kataloniens zeigt sich auch in der Sprachpolitik. Stimmt es, dass ich Katalanisch beherrschen muss, um hier zu studieren?

Ich denke, es kommt drauf an, was du studierst. Ich studiere auch Katalanisch und hatte einige Kurse in der Amtssprache, die meisten Veranstaltungen waren aber auf Spanisch. Einstellen muss man sich eher auf das verschulte Unisystem: Ich hatte jedes Fach 3,5 Zeitstunden lang. Außerdem gibt es Hausaufgaben, die teilweise kontrolliert werden. Dann kommen noch schriftliche Arbeiten dazu und eine Abschlussklausur. Wenn man zusätzlich die freiwilligen Sprachkurse besucht, ist das ganz schön stressig!

Wenn du eine Bilanz ziehen solltest: Würdest du noch einmal Erasmus in Barcelona machen?

Klar! Generell habe ich mein Spanisch deutlich verbessert, ich spreche nun viel flüssiger. Am Katalanischen muss ich noch arbeiten, aber ich verstehe fast alles. Und man nimmt ja auch noch andere Dinge mit: Zum Beispiel mache ich mir jetzt auch in Freiburg gerne das typisch katalanische Tomatenbrot pa amb tomàquet. Und ich habe tolle Erinnerungen an die Ausflüge mit Freunden an die Costa Brava, das Filmfestival in Sitges und Abende mit Musik. Zum Beispiel waren wir auf einem Beyoncé-Konzert und bei den Red Hot Chili Peppers. Ich erinnere mich auch an Abende am Strand mit Feuerwerk und an mehrere Gratiskonzerte von katalanischen Künstlern. Sie stehen mehr als wir Deutschen für ihre Kultur. Lernen können wir von der Einstellung allemal: Du hast morgens früh Uni und trotzdem gehst du abends raus, triffst dich mit Freunden, genießt den Moment und das Leben.

Und zum Abschluss…Barcelona in einem Wort?

In einem Wort? Oder kann es auch ein Satz sein? Ich würde sagen: Barcelona, amor de mi vida, oder katalanisch: Barcelona, amor de la meva vida.

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Foto: Sarah Posselt-Böhm (Teaser), Privat

Autoren:
Veröffentlicht am 28. April 2017

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