Album der Woche: James Vincent McMorrow – True Care

Album der Woche: James Vincent McMorrow – True Care

Es scheint derzeit ein Trend im internationalen Musikbusiness zu sein, Alben ohne Vorankündigung, von einem Tag auf den anderen zu veröffentlichen. Dies führt zwar dazu, dass die Vorfreude ausbleibt, jedoch bringt es einem ab und an spontane Momente überraschter Glückseligkeit. So zumindest verhält es sich mit „True Care“ dem neuen Album von James Vincent McMorrow. Gerade einmal 8 Monate sind seit dem Release seines letzten Albums vergangen. Nichtsdestotrotz ist es McMorrow mit True Care gelungen, stilistisch und soundtechnisch in komplett neue Sphären aufzusteigen.

McMorrows besonderes Anliegen war es, mit True Care sein eigenes Leben musikalisch so zu manifestieren, dass es von jedem instinktiv nachempfunden werden kann. Aus diesem Grund musste es ohne Postproduktion und Wartezeit veröffentlicht werden,da es McMorrows Ansicht nach, sonst unnahbar wie unecht würde. Man muss es James Vincent McMorrow lassen, True Care berührt einen auf außergewöhnliche Weise. Seine immer ein wenig brüchige Stimme und die mal zurückhaltenden, mal fast übers Ziel hinausstoßenden Instrumentals hüllen einen ganz natürlich in die depressive doch auch hoffnungsvolle Grundstimmung des Albums ein. Es sind diese Gegensätze und die Unstimmigkeiten, die dazu führen, dass True Care einem tatsächlich näher oder realer vorkommt als andere Alben. Wie McMorrow selbst sagt: „Real Things are always a little fucked up.“

Viele Songs auf True Care lassen gängige Songstrukturen hinter sich und scheinen eher Skizzen von Ideen zu sein, die nicht zu sehr ausgebaut wurden. Die langen Instrumentalparts, lassen an Soundinstallationen denken. Das alles hat ästhetisch viel zu bieten und beweist McMorrows Mut – es birgt allerdings auch die Gefahr, den Überblick verlieren. Zwischen sphärischen Synthesizern, Harmoniegesang und schwebenden Beats vergisst man schnell welcher Song gerade läuft. Wobei durchaus vorstellbar ist, dass McMorrow genau dies beabsichtigt hat. Zwar ist True Care kommerziell sicher nicht so gut verwertbar, wie seine älteren Alben, jedoch muss man ihm aus künstlerischer Sicht zustimmen: Es ist das beste, das authentischste Stück Musik, das er bisher geschaffen hat.

von David Breckerbohm

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Mehr zur Platte erfahrt ihr am Dienstag, 30.05.2017, ab 19 Uhr im Soundcheck 

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Veröffentlicht am 30. Mai 2017

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