Bunte Bildung – freie Bildung

Im Mai 2017 hat der Landtag Baden-Württemberg ein Gesetz zur Einführung von Studiengebühren für internationale Studierende aus Nicht-EU-Ländern und Studierende im Zweitstudium zum kommenden Wintersemester verabschiedet. Die Entscheidung stößt an der Uni Freiburg auf Kritik, der StuRa kündigt weitere Proteste an.

„Der Arbeitskreis Freie Bildung und die Verfasste Studierendenschaft werden ihre Arbeit aufgrund der Verabschiedung des Gesetzes zur Wiedereinführung von Studiengebühren nicht einstellen“, erklärt Sina Elbers, Vorstandsmitglied des Studierendenrats der Uni Freiburg. „Die Studierendenvertretung ist generell gegen Studiengebühren, weil sie soziale Hürden schaffen und die bestehenden sozialen Ungleichheiten weiter verstärken und festigen“, sagt Maleen Steding, ebenfalls im Vorstand des StuRas und Senatsmitglied der Uni Freiburg. „Bei diesen Studiengebühren kommt noch hinzu, dass sie sich explizit nur an bestimmte Gruppen richten, die keine große oder gar keine Lobby haben.“

1.500 Euro pro Semester für internationale Studierende

Die baden-württembergische Landesregierung verabschiedete am 3. Mai 2017 ein Gesetz zur Einführung von Studiengebühren für internationale Studierende aus Nicht-EU-Ländern in Höhe von 1.500 Euro pro Semester und Studierende im Zweitstudium in Höhe von 650 Euro pro Semester zum Wintersemester 2017/18.

Ausnahmen sind jedoch eingeplant: „Die Gebührenpflicht gilt hingegen nicht für Studierwillige, gleich welcher Nation, die in Deutschland ihre Hochschulzugangsberechtigung erworben haben oder einen so genannten gefestigten Inlandsbezug aufweisen“, wie in der offiziellen Pressemitteilung des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst (MKW) zu lesen ist.

„Ebenfalls ausgenommen sind Asylsuchende, die entweder schon anerkannt sind oder bei denen die Anerkennung aufgrund der jeweiligen Herkunftsländer mit hohem Grad wahrscheinlich ist. Darüber hinaus werden Studierende, die im Rahmen von gegenseitigen Landes- oder Hochschulvereinbarungen für einen Kurzaufenthalt nach Baden-Württemberg kommen, ebenso von den Gebühren ausgenommen, wie Teilnehmende an Erasmus-Programmen“.

Dennoch wertet der Studierendenrat die Regelung als diskriminierend: „Man wählt anhand von Nationalitäten aus, wer Studiengebühren zahlen muss. Wir vertreten die Meinung, dass keine, keiner etwas dafür kann, wo sie oder er geboren wird und glauben, dass es der falsche Weg ist, um eine Gesellschaft zu erreichen, die einen möglichst hohen Bildungsstand hat und möglichst viele, kritisch denkende und gut ausgebildete junge Menschen hervorbringt“, sagt Maleen Steding.

Verwaltungsaufwand lohnt sich für Unis nicht

Ein großer Kritikpunkt sowohl des StuRas als auch des Senats der Uni Freiburg ist, dass der Anteil der Hochschulen an den Gebühreneinnahmen (20 Prozent, entspricht 300 Euro pro internationalem Studierenden pro Semester) das Problem der strukturellen Unterfinanzierung der Hochschulen nicht löse, wie in der offiziellen Stellungnahme des Senats steht, die vom Personalrat unterstützt wird.

Das Gesetz verursache zudem einen hohen Verwaltungsaufwand für die Universitäten, im Hinblick auf Ausnahmeregelungen. Außerdem befürchte man einen Rückgang der Zahlen internationaler Studierenden, was ein zusätzlicher Nachteil für die Hochschulen in Baden-Württemberg bedeuten würde.

„Wir gehen davon aus, dass ein Studium an der Universität Freiburg so attraktiv ist, dass sich potenzielle Studierende von moderaten Gebühren nicht abschrecken lassen“, heißt es in der Pressestelle der Uni Freiburg. Dennoch: „Das Risiko, dass es zu einem Rückgang der Zahlen ausländischer Studierender kommen wird, ist grundsätzlich vorhanden. Die Entwicklung bleibt abzuwarten.“

Wissenschaftsministerin Theresia Bauer betont in der Pressemitteilung des MKW jedoch die Internationalisierung der Hochschulen und weist auf die Mehrkosten einer besseren Betreuung internationaler Studierender hin, bei denen die Studienabbruchsquote deutlich höher liege als bei einheimischen Studierenden. Die Studiengebühren sollen zum Ausbau der Betreuungsstukturen genutzt werden.

Zweitstudium kostet Gebühren

Nicht nur die Entscheidung, Studiengebühren für internationale Studierende einzuführen stößt auf Kritik. Auch die Erhebung einer Gebühr in Höhe von 650 Euro pro Semester für Studierende im Zweitstudium lehnt der StuRa ab: „Das Ziel der Grünen, als auch der allgemeine Trend, ist lebenslanges Lernen, aber so wird dieser Grundsatz eingeschränkt beziehungsweise eingeschränkt auf diejenigen, die die finanziellen Möglichkeiten haben“, kritisiert Maleen Steiding. „Im Zweitstudium ist man sowieso schon von anderen Regelungen ausgenommen, zum Beispiel hat man keinen Anspruch mehr auf Bafög. Da wird es für Menschen, die einen sozial schwachen Hintergrund haben sehr schwer. Dann muss ich mein Studium nach ökonomischen Interessen richten.“

Aktuell sind an der Uni Freiburg 1.168 Studierende im Zweitstudium eingeschrieben. Die Pressestelle der Uni Freiburg weist aber darauf hin, dass ein Bestandschutz besteht, „das heißt, nur die im kommenden Wintersemester erst- und neu-immatrikulierten Studierenden sind von den Gebühren betroffen.“

Außerdem müsse berücksichtigt werden: „Ein Erststudium und ein Fachwechsel vor dem Bachelor- beziehungsweise Masterabschluss sind weiterhin kostenfrei. Das Erststudium einschließlich des Masterabschlusses ist gebührenfrei. Erst ein zweiter Bachelorabschluss oder ein zweiter Masterabschluss werden gebührenpflichtig. Da Studierende im Zweitstudium eine aus Steuergeldern finanzierte Leistung zum zweiten Mal in Anspruch nehmen, erscheint eine moderate und sozialverträglich ausgestaltete Beteiligung an den Kosten vertretbar. Hinzu kommt, dass das Gesetz eine Härtefallregelung vorsieht.“

StuRa schließt Klage gegen Studiengebühren nicht aus

Nachdem bereits im Dezember 2016 das Audimax besetzt wurde, demonstrierten im April 2017, im Rahmen landesweiter Proteste rund 500 Menschen in Freiburg gegen die Einführung von Studiengebühren. Der StuRa der Uni Freiburg sowie die Universitäts- und Hochschulmitglieder Baden-Württemberg sendeten im Vorfeld der Abstimmung über das Gesetz zur Einführung von Studiengebühren einen Offenen Brief an die Abgeordneten im Landtag von Baden-Württemberg. Auch der Senat der Uni Freiburg lehnte den grün-schwarzen Gesetzesentwurf zu Studiengebühren in der vorliegenden Fassung ab.

„Aktuell treiben wir die Vernetzung mit den anderen Studierendenvertretungen in Baden-Württemberg voran, um weiterhin gemeinsam vorzugehen. Für das Sommersemester haben wir geplant, Info-Material zu den Studiengebühren in verschiedenen Sprachen zusammenzustellen, die wir dann in den Welcome-Paketen zum Wintersemester mitschicken wollen. Außerdem halten wir uns die Klage-Option offen“, sagt Sina Elbers vom StuRa der Uni Freiburg.

Info

Auf der Website des StuRa der Uni Freiburg könnt ihr die neusten Entwicklungen verfolgen und den Offenen Brief an die Abgeordneten der Landesregierung Baden-Württemberg einsehen.

Die Stellungnahme des Senats der Uni Freiburg ist auf www.pr.uni-freiburg.de veröffentlicht.

Die offizielle Pressemitteilung des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kultur findet ihr hier mwk.baden-wuerttemberg.de

Foto: StuRa der Uni Freiburg
Veröffentlicht am 23. Mai 2017

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