Verborgene Schätze der UB

Freiburger Master-Studierende haben im Rahmen eines Seminars mittelalterliche Bibelübersetzungen vor Luther erforscht. Die von ihnen organisierte Poster-Ausstellung in der Volkshochschule Freiburg rückt Handschriften und Drucke ins Rampenlicht, welche normalerweise im Keller der UB verborgen sind.

Passend zum Lutherjahr soll in der Ausstellung die Tradition aufgezeigt werden, in welcher der berühmteste deutsche Bibelübersetzer steht. Hierzu stellen Studierende Textdokumente vor, die schon in den Jahrhunderten vor Luther Übertragungen der Bibel in das Deutsche bezeugen. Noch bis zum 23. Juni 2017 ist die Ausstellung „Vor Luther“ zu den Öffnungszeiten der VHS kostenlos zugänglich, ab Oktober 2017 wird sie in die Volkshochschule in Emmendingen umziehen.

Von Poster zu Poster erfährt man mehr über die deutschen Bibelübersetzungen vor Luther und insbesondere vieles über die in der Universitätsbibliothek aufbewahrten überlieferten Texte. Diese sind teilweise nur fragmentarisch erhalten. Den Studierenden wurde aber auch eine wertvolle Gebetbuch-Handschrift anvertraut, welche prunkvoll mit einer vergoldeten Anfangsinitiale geschmückt ist.

Neben den Postern sind ebenso Exponate zu sehen, etwa Reproduktionen und Nachbildungen der originalen Handschriften, die den Besucher in die mehr als 500 Jahre zurückliegende Vergangenheit entführen. „Es ist fast wie eine kleine Zeitreise – man hat da irgendwie ein Stück Vergangenheit in der Hand und das finde ich unglaublich faszinierend“, sagt Christopher Martin, der die Fächer Deutsch und Englisch im achten Semester auf Lehramt studiert.

Mittelalterliche Literatur

Wie fünf weitere Studierende, hat er im vergangenen Wintersemester an dem Seminar mit besonderem Format teilgenommen, das vom Germanisten Dr. Balázs J. Nemes geleitet wurde. Im Rahmen der Veranstaltung „‘Back to the roots‘ – Mittelalterliche deutsche Literatur aus (Freiburger) Handschriften“ arbeiteten die Teilnehmenden mit einer ihnen jeweils zur Verfügung gestellten handschriftlichen Bibelübersetzung. Die bedeutendsten gedruckten Übersetzungen der Bibel vor Luther wurden von Prof. Dr. Nikolaus Henkel für den zweiten Teil der Ausstellung aufbereitet.

Auch Lea von Berg, Studentin der Mittelalter- und Renaissancestudien im zweiten Mastersemester, nahm am Seminar teil und betont das Privileg, die oftmals nur noch digital zugänglichen Textdokumente in den Händen zu halten: „Es ist ein außergewöhnliches Gefühl! Ab dem ersten Semester lernen wir in der Germanistik, wie besonders diese Handschriftenkultur des Mittelalters ist, aber erst wenn man eine Handschrift in den Händen halten kann, versteht man dieses Schlagwort richtig.“

Begleitende Fotoausstellung in der Cafèteria

Begleitend zur Ausstellung ist in der VHS für fünf Euro eine Broschüre erhältlich, welche die umfassenden Ergebnisse der Veranstaltung darstellt, der Erlös wird in die Digitalisierung der Ausstellung fließen, um sie online zugänglich zu machen. Für Interessierte werden begleitend zur Weiterführung der Ausstellung in der VHS Emmendingen Fachvorträge mit verschiedenen thematischen Schwerpunkten angeboten.

Neben den traditionellen Bibelpassagen, Gebetsbüchern und gelehrten Kommentaren, die teilweise auch von und für Laien verfasst wurden, liefern die wertvollen Zeugen der Vergangenheit auch allerlei Kuriosa. So erfährt man nebenbei, dass schon im Mittelalter die Gesetze des Buchmarktes galten und fleißig um den Kauf der Bibeldrucke geworben wurde. Das Nikodemus-Evangelium schildert eine Unterweltsfahrt Jesu in die Hölle und selbst der in den Wehen liegenden Frau wird im Psalter noch ein passendes Gebet empfohlen.

In der Cafèteria der Volkshochschule sind zudem Aufnahmen des Fotografen Nasser Parvizi ausgestellt, welcher die Studierenden bei ihrer Arbeit mit den alten Schriften begleitete. Auf den Fotos können somit auch die Besucherinnen und Besucher diejenigen verborgenen Schätze der Universitätsbibliothek bestaunen, die nicht in der Ausstellung zu sehen sind.

Einblick

Info

Was: Posterausstellung „Vor Luther – Deutsche Bibelübersetzungen in Handschrift und Druck“

Wo: VHS-Galerie im Schwarzen Kloster, Rotteckring 12

Wann: Mai – 23. Juni 2017 Öffnungszeiten der VHS: Mo – Do 9 – 18 Uhr, Fr 9 – 12.30 Uhr

Ab dem 15. Oktober 2017 wird die Ausstellung in der VHS Emmendingen gezeigt.

15.10.17 Einführungsvortrag von Kursleiter Nemes im Rahmen der Vernissage

17.10.17 Begleitvortrag von Prof. Dr. Nikolaus Henkel: „Erfolgsgeschichten deutscher Bibelübersetzungen vor 1520“

16.01.18 Begleitvortrag von Prof. Dr. Martina Backes, Professorin der Germanistischen Mediävistik an der Uni Freiburg, zum Thema „Erzählen vom Ende: Die Apokalypse in volkssprachlichen Bibelübersetzungen des Mittelalters“.

Fotos: Verana Schieber
Veröffentlicht am 20. Juni 2017

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