Album der Woche: The National – Sleep Well Beast

Album der Woche: The National – Sleep Well Beast

Es ist passiert – zum ersten Mal, seit ich mich 2005 in den dunkel schimmernden Rock von The National verliebte, veröffentlicht die Band ein Album, das mich nach dem ersten Hördurchgang enttäuscht zurücklässt. Irritierend wirken die neuen Ausflüge ins Elektronische, deplatziert die breitbeinigen Gitarren-Soli der ersten Single. Was hat die Zeit mit euch gemacht, frage ich mich nach dem letzten Song kurzzeitig jegliche journalistische Distanz verlierend. Erst zwei Wochen später gab ich der Platte eine zweite Chance – und wurde erlöst.

Denn lässt man für einen Moment die unfairen Vergleichen mit den vier allesamt brillanten Vorgängern beiseite, bleibt “Sleep Well Beast” ein routiniertes Rock-Album – vermutlich sogar eines der besten seines Jahrgangs. “Guilty Party” ist die melancholische Ballade, die in falschen Momenten sogar Berufs-Zyniker zu Tränen rühren wird, “Turtleneck” der nosig-ekstatische Ausbruch, auf den man seit “Mr. November” vergeblich gewartet hat. Ganz zu schweigen, von der schönen Ambivalenz von Zeilen wie: “Let’s just get high enough to see our problems / Let’s just get high enough to see our fathers’ houses.”

Nach meiner eher turbulenten Einhörphase kann ich also am Ende doch beruhigt bilanzieren: Alles halb so schlimm. Fast möchte man das eklige Wort “solide” bemühen, um zu unterstreichen: Keine Band altert eleganter als The National. Darüber hinaus muss man es der Band beinahe als sympathisch-dogmatische Geste anrechnen, dass sie nach ihrem letzten Erfolgsalbum “Trouble Will Find Me” nicht zu einem Major gewechselt sind, wie es ihnen dieses Jahr bereits geistesverwandte Acts wie Grizzly Bear, The War On Drugs oder die Fleet Foxes vorgemacht haben. Vielleicht entschädigt so viel Rückgrat am Ende sogar ein Stück weit für unterwältigte Erwartungen.

von Julian Tröndle

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Mehr zur Platte erfahrt ihr am Dienstag, 12.09.2017, ab 19.00 Uhr im Soundcheck Magazin

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Veröffentlicht am 12. September 2017

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