Emotionen WECKen

Emotionen WECKen

Der Sommer ist vorbei und nicht nur die Gefühle bezüglich des Wetters gehen weit auseinander. Warum Samantha den Übergang von Sommer zu Herbst gefühlstechnisch besonders interessant findet und weswegen man bei ihr etwas anderes als Obst in den Einmachgläsern im Kellerregal finden würde.

Der (Wolken-)Vorhang schließt sich: Die Zeit der lauen Sommernächte, des alltäglichen Eiswettschleckens gegen kreislaufkritische Temperaturen und der schmerzverzerrten Gesichter beim Besteigen des Fahrradsattels neigt sich dem Ende zu. Wo Parkas auf Shorts treffen, der begehrte Haselnussbrotaufstrich in Dachgeschosswohnungen wieder zur ursprünglichen Konsistenz zurückkehrt und die trendige Sommersandalen aus dem Bequemschuhbereich müffelnden Sneakers weichen müssen –  da liegt mehr in der Luft als der Duft verschwitzer Sneakersocken und der Feinstaub hinterhältiger Abgasmauscheleien.

Endorphine

Kaum eine andere Zeit des Jahres ist so interessant wie diese. Ein Grund für eine Zeit voller Gegensätze und modischen Gesetzlosigkeiten sind auch die Endorphine, die Glückshormone, die durch Sonnenlicht in unserem Körper freigesetzt werden und Verhalten und Gefühlswelt maßgeblich beeinflussen – vor allem dann, wenn wir nun einem kalten (und häufig regnerischen) Entzug ausgesetzt werden.

Die Klagelieder der Sonnenanbeterinnen und Sonnenanbeter treffen auf die Erleichterung der Hitze- und Sonnenbrand-Geplagten und die Herren und Damen der Ringe sich ewig bindend auf die Rückkehrerinnen und Rückkehrer des ersten Pärchenurlaubs, die das Happy (Beziehungs) End kaum erwarten können – der Herbstbeginn ist eine Zeit des Umschwungs, nicht nur den Hormonspiegel betreffend.

In der Rolle als empathisch, einfühlsame Wegbegleiter wird man auch von diesem oft sehr emotionalen Umschwung seines Umfeldes nicht verschont. Mit in Marmor gemeißelten Motivationstafeln, überschwänglichen Freudenschüssen oder aber der Schokoladen-Taschentuch- oder Gerstensaft-Videospiel-Kombis bewaffnet, stürzen wir mitten hinein. Wir feiern, wo es etwas zu feiern gibt, motivieren, wo die Trägheit obsiegt und trösten, wo Frühlingsgefühle und Endorphinrausch jemandem mal wieder ein Schnippchen geschlagen haben.

Emotionsreichtum und Empathiearmut

Zwischen Schmerz, Trauer, Glück oder anderen Gemütszuständen des menschlichen Emotionsroulettes rotiert unser Einfühlungsvermögen dabei wie das Foulcault’sche Pendel –  und nicht immer ist man dabei in der Lage, sich emotional und emphatisch in die Situation des Gegenübers hineinzuversetzen – was meist in peinlichen, platitüdenhaften Problembewältigungsratschlägen endet.

Inspiriert von einem Erinnerungsglas meiner Mutter, das Eintrittskarten und kleine Souvenirs aufbewahrt, um einen von Zeit zu Zeit in nostalgischen Erinnerungen schwelgen zu lassen und von Dumbledores grandiosem Denkarium, frage ich mich daher: Wie viel einfacher wäre das Leben doch, wenn man Gefühle in Einmachgläsern konserviert neben dem Sortiment von Omas Obstkompotts im Kellerregal aufbewahren könnte, um immer mal wieder die eigene Nase rein zu halten oder andere daran schnüffeln lassen zu können.

Die Nase reinstecken

Sei es, um in eher alltäglichen Situationen dem gebrochenen Herzen mit einer Nase Liebe wieder Mut zu machen oder aber dem Flüchtlingsgegner die Ängste der Geflüchteten unter die Nase zu reiben, den Wähler antidemokratischer Parteien von den Bundestagswahlen in die Lebensqualität diktatorischer Machtstrukturen reinschnuppern zu lassen oder statt Waterboarding – der beliebten Foltermethode der USA – die Attentäter terroristischer Gruppierungen eine Nase von dem Schmerz der Angehörigen und Freunde nehmen zu lassen.

Man nehme ein Einmachglas, einen unscheinbaren Ring aus Gummi und ein paar Emotionen, trenne sie von Ignoranz, Habgier und Gewalt und mache die Welt zu einem einfühlsameren Ort. Und ganz zum Schluss noch ein Löffel von Omas Obstkompott – dieser Übergang von Sommer zu Herbst kann einen schließlich ganz schön Nerven kosten.

Samantha Happ findet wunderliche Dinge bemerkenswert und tut dies in ihrer Kolumne “Mein Senf” kund.

Samantha Happ findet wunderliche Dinge bemerkenswert und schreibt in ihrer Kolumne “Mein Senf” darüber.

 

 

Mehr Kolumnen von Samantha auf uniCROSS

Das Senfglas ist leer …

Experte Patronum 

Die Fantastilliarden-Feste

Celebrari aude – der jubilierende Senf

Apropos Aperitivo

Superfood – Berry good?

Slow Food, Soul Food & Solo Food

LED it shine

Athleisure everywear

Die Ausreden des mangelnden Bockes

Der Gleichklang von Wahl und Qual – Zufall?

Der erste Schritt in ein neues Leben führt zur Altpapiertonne

Emotionen WECKen

Mein postpubertäres Alter Ego und das präadultische Mini-Me

Body shaming – how about no!

Jedem Wahnsinn seine Unordnung

Der reisende Geduldsfaden

Von bittersüßer Nostalgie und Freundschaft

DIY? I did it my way!

Taxi bitte!

Surprise, Surprise …

Gegen den Strom in den Mainstream

Sind Messer heute den Schurken vorbehalten?

Liebesgrüße aus der Ferne

Heute ganz sicher vielleicht

Foto: Samantha Happ

Autoren:
Veröffentlicht am 5. September 2017

Empfohlene Artikel