“Du kannst alles sein, was du willst!”

“Du kannst alles sein, was du willst!”

Die Rapperin Ebow aus München wird Mitte November ein neues Album veröffentlichen. Um das sollte es, als wir sie für ein Gespräch ans Telefon bekamen, aber nur am Rande gehen. Als eine der hierzulande selbstbewusstesten Akteurinnen innerhalb eines immer noch männerdominierten Genres der Popkultur war sie die ideale Gesprächspartnerin für die Sonderausgabe unseres HipHop-Magazins Basement Tape$, in dem es ausschließlich um die weibliche Perspektive auf die Rap-Szene gehen soll. Wir haben mit der Künstlerin über das Sprengen von Schubladen, Empowerment und den Sexismus innerhalb des Genres gesprochen.

uniFM: Beim Hören deiner Musik fällt zunächst die selbstbewusste und explizite Thematisierung deiner Weiblichkeit auf. Kann man als Frau im HipHop überhaupt agieren, ohne ständig sich und das eigene Geschlecht ins Zentrum der Texte zu rücken?

Ebow: Momentan finde ich es noch sehr wichtig, dass so explizit zu thematisieren, gerade weil es so wenig Frauenstimmen innerhalb der Szene gibt. Das würde sich natürlich ändern, gäbe es mehr weibliche Akteure. Wir brauchen Künstlerinnen, die selbst organisiert sind und die Frauenbilder repräsentieren, die sich nicht einer männlich dominierten Vorstellung von Weiblichkeit fügen.

uniFM: Was müsste innerhalb der Rap-Szene oder gesamtgesellschaftlich passieren, damit mehr Frauen im HipHop aktiv werden?

Ebow: Zunächst müsste man Räume schaffen, in denen Mädchen ihre eigene Musik produzieren können und in denen sie agieren können, ohne dass ihr Schaffen marginalisiert wird. Man muss ihnen klar machen, sie müssen nicht dem gesellschaftlich dominierten Bild einer jungen Frau entsprechen. Dass sie in ihrer Art laut zu sein, in ihrer Weise zu reden und zu gestikulieren nicht unbedingt etwas männliches haben sondern dass es auch Mädchen gibt, die eben lauter oder härter sind. Du kannst alles sein, was du willst! Hier gibt es aber definitiv zu wenig Identifikationsfiguren im deutschsprachigen Raum – also Künstlerinnen, die authentisch sind und keine medial funktionierenden Inszenierungen.

uniFM: Die Rapperin Sookee hat in einem Essay angeprangert, dass die männlich dominierte Szene sofort versuchen würde, Rapperinnen in Schubladen einzuordnen. Sie nennt als Kategorien unter anderem die bitch, also jene, die offensiv mit dem Thema Sexualität umgehen und auf der anderen Seite das pseudomännliche Gangster-Girl, das sich ausschließlich über die verbale Performance definiert. Hattest du auch teils das Gefühl, dass du von deinen männlichen Kollegen solche Etiketten aufgeklebt bekamst?

Ebow: Ich habe sehr oft den Vergleich mit M.I.A. gehört. Klar, du wirst als Frau, weil es eben weniger Künstlerinnen gibt, sehr gerne in solche Schubladen gesteckt, damit sie dich überhaupt einordnen können. Bei Männern gibt es dieses Phänomen kaum, da der Blick auf das Genre immer aus einer sehr männlichen Perspektive erfolgt. Eine Frau würde wahrscheinlich nicht auf den Gedanken kommen, einen Artikel zu verfassen, in dem sie behauptet, dieser Rapper klänge wie eine 2017-Version von Tupac.

uniFM: Was würdest du jungen Frauen auf den Weg geben, die wie du Rap als künstlerisches Ventil nutzen wollen?

Ebow: Dass sie sich organisieren sollen! Dass irgendein Typ ihnen ein Mikrofon in die Hand drückt oder ins Studio einlädt, weil er sie “süß” findet und mit ihnen flirten will – darauf braucht keiner zu warten, vor allem nicht in unserer heutigen Zeit! Rapperinnen wie Eunique haben gezeigt, dass man sich durch eine mediale Präsenz selbst etwas aufbauen kann. Die weibliche Rap-Szene muss das Konkurrenzdenken abstreifen und beginnen, sich gegenseitig zu unterstützen!

Das gesamte Interview mit Ebow hört ihr am Dienstag (14.11.17) um 21.00 Uhr in einer Spezialausgabe unseres HipHop Magazins Basement Tape$ mit dem Thema “Frauen als Akteurinnen im Rap”.

Das Interview führte Julian Tröndle
Fotos: Magdalena Fischer
Autoren:
Veröffentlicht am 14. November 2017

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