Eine ‚grüne‘ Alternative

Eine ‚grüne‘ Alternative

In ganz Europa wird mit dem Euro bezahlt – und trotzdem gibt es zahlreiche Regionalwährungen. Auch Freiburg besitzt eine solche zusätzliche Währung: Den Freitaler. Der Verein wird von Studierenden geleitet. Warum sie davon begeistert sind und wie das Prinzip funktioniert.

Es herrscht geschäftiges Treiben im Eschholzpark – und das nicht nur wegen der Musik, die beim Musikfestival „Freiburg stimmt ein“ durch die Lautsprecher tönt und ganze Menschenmengen anlockt – sondern auch durch das „Transformation-Camp“. Hier präsentieren sich rund 40 Organisationen, alles soziokulturelle Initiativen. Darunter ist auch der Stand des Freitalers, der Freiburger Regionalwährung, an dem sich vor allem Studierende über die Idee dahinter informieren.

Komplementärwährungen basieren auf Vertrauen

Regionalwährungen sind räumlich begrenzte Komplementärwährungen, die neben der Landeswährung als Zahlungsmittel verwendet werden können. Ziel ist es, das Abfließen des Geldes aus der Region und die damit einhergehende Monopolisierung durch Einkaufsketten zu verhindern und Arbeitsplätze zu sichern. Eines der bekanntesten Beispiele für eine erfolgreiche Regionalwährung ist der Crédito, der 1995 in Argentinien eingesetzt wurde. Henriette Weser ist VWL-Studentin und Vorstandsmitglied beim Freitaler. Sie erklärt, dass der Crédito nach der Wirtschaftskrise die argentinische Provinz Buenos Aires wieder zum Florieren gebracht habe. Geschafft hat er es durch eine überschaubare Vertrauensbasis, die die Probleme des großen Markts wie Anonymität und Betrug unterband. Allerdings bekam das kleine Netzwerk einen rapiden Zuwachs an Teilnehmern. Fälschungen, Inflation und eine schlussendliche Wiedereinführung des Pesos waren die Folgen.

Der Freiburger Freitaler wurde 2008 als Reaktion auf die Finanzkrise und Antwort auf die Unzufriedenheit mit dem Markt von Johannes Weiermann und Gitta Walchner eingesetzt. Er bekam allerdings vier Jahre lang wegen fehlender Werbung und  Mitglieder wenig Aufmerksamkeit. 2012 wurden zwei feste Stellen eingerichtet und der Wert des Freitalers eins zu eins an den des Euros gekoppelt – zuvor musste man beim Rücktausch des Euros in den Freitaler einen zweiprozentigen Negativzins zahlen. Erst nach dieser Umstrukturierung der Organisation war ein Aufschwung festzustellen: Durch die Werbung, die das damalige Freitaler-Team betrieb, wurden im folgenden Jahr rund 50.000 Freitaler umgetauscht – das bisher beste Jahr für die Regionalwährung.

Michael Müller ist Besitzer des „Solaris Naturkost“ im Stühlinger. Sein Laden ist einer der fünf Stellen, an denen der Freitaler eingetauscht werden kann. Er hat festgestellt, dass die Nachfrage nach dem Freitaler seit einigen Jahren nun wieder deutlich gesunken ist, „was unter anderem daran liegt, dass es nicht mehr so viel Werbung gibt wie früher. Es ist ein ideologisches Projekt, was sich erst in den Köpfen verankern muss – und dazu müssen die Verbraucher wiederholt darauf aufmerksam gemacht werden. Es spricht sich nicht einfach herum.“ Seiner Erfahrung nach haben sich auch einige Unternehmen wieder abgesetzt, weil die Idee, einen regionalen Wirtschaftskreislauf aufzubauen, sich nicht zufriedenstellend habe umsetzen lassen.

Doch Jakob Rid, BWL-Student und ebenfalls Mitglied des Vorstands, sieht einen Lichtblick: „2016 ist die Zahl der eingetauschten Freitaler im Vergleich zum vorigen Jahr wieder gestiegen – es ist wichtig, zu sehen, dass der Abwärts-Trend durch unsere erneuten Bemühungen wieder durchbrochen wurde.“

Nicht nur die regionale Wirtschaft profitiert vom Freitaler

Henriette Weser erklärt das Konzept des Freitalers anhand von drei Säulen: „Das Soziale, das Ökonomische und das Ökologische. Das Ökologische steht dafür, dass wir den Konsum regionalisieren wollen, damit Transportwege verkürzen und CO2-Emissionen verringern. Durch die ökonomische Komponente wird der Einzelhandel in der Region unterstützt. Das Soziale besteht darin, dass die Rücktauschgebühr von Freitalern zurück in Euro für Unternehmen zwei Prozent beträgt und dafür verwendet wird, soziale Projekte in der Region zu unterstützen.“

Das Freitaler-Team sieht die Schwierigkeiten, die die Regionalwährung hat, sich durchzusetzen: Neue Unternehmen und Kunden können nur schwer gewonnen und nachhaltig von dem Konzept überzeugt werden. Trotzdem ist Jakob Rid fest davon überzeugt, dass der Freitaler eine große Zukunft haben wird und sich in Freiburg als Regionalwährung durchsetzen wird, weil „im jetzigen Wirtschaftssystem einiges falsch läuft. Und wir sind diejenigen, die eine konkrete Alternative bieten können.“

Und auch wenn der Stand mit dem Freitaler-Logo im Eschholzpark zwar klein ist, ist er umringt von Interessenten und Mitgliedern, die emsig über die Regionalwährung sprechen. 

Info

Wer selbst solche Projekte oder die regionale Wirtschaft unterstützen möchte, kann in den folgenden fünf Ausgabestellen den Euro eins zu eins umtauschen:

Fachmarkt Danner & Wießler
Mediacenter Rieselfeld
Café POW
Solaris Naturkost
Elephant Beans

Hat man den Freitaler eingetauscht, kann man damit in rund 70 Unternehmen in Freiburg bezahlen. Um vielleicht einigen von euch diesen Prozess zu erleichtern, findet ihr auf dieser Karte eine für Studierende interessante Auswahl an Unternehmen – viel Spaß beim Tauschen!

Mehr Infos über den Freitaler und die Gesamtübersicht der Geschäfte findet ihr unter: www.freitaler.com

Audio

Der Freitaler

Er ist kein Käse und auch kein Wein aus Freiburg, sondern ein Projekt von Freiburger Studierenden, die sich der zunehmenden Globalisierung in Freiburg entgegenstellen wollen. Was es mit dem Freitaler auf sich hat und welche Vorteile er bringt …

Eine Gemeinschaftsproduktion von Carola Krettenauer, Katharina Ströhm und Ylva Schütz (Foto) im Rahmen des Seminars „Einführung in den crossmedialen Journalismus“ für Studierende der Medienkulturwissenschaft.

Seminarleitung, Redaktion: Silvia Cavallucci, Ragna Plaehn, Horst Hildbrand.

Veröffentlicht am 2. November 2017

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