Meinung sagen

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Am Ende jedes Semesters erhalten alle Studierenden der Uni Freiburg Einladungen zur Lehrveranstaltungsevaluation. Viele denken jedoch, dass sie mit der Evaluation nichts bewirken können. Warum das nicht stimmt und welche Befragungen die Uni Freiburg sonst noch durchführt, erklärt Natalie Boros vom Team der Zentralen Befragungen.

Natalie Boros ist Diplom-Psychologin im Team für Qualitätsmanagement in Studium & Lehre.

Frau Boros, Mitglieder und ehemalige Studierende der Uni Freiburg werden regelmäßig nach ihren Erfahrungen zum Studium befragt. Welche Befragungen laufen aktuell?

Seit November 2017 läuft zum einen die Befragung von über 3.600 Absolventinnen und Absolventen, die vor zirka eineinhalb Jahren ihr Studium abgeschlossen haben. Wir möchten herausfinden, was die Ehemaligen retrospektiv über die Uni und ihr Studium denken. Außerdem interessiert uns, wie ihre Stellensuche verlief, welchem Beruf sie inzwischen nachgehen und inwieweit das Studium ihrer Meinung nach zum Erfolg im Berufsleben beigetragen hat.

Des Weiteren führen wir momentan zum ersten Mal eine Befragung von Exmatrikulierten durch, also von Abbrecherinnen und Abbrechern. Wir interessieren uns dafür, warum sie ihr Studium nicht beendeten, um dann daraus ableiten zu können, wie man intervenieren und die Studierenden unterstützen kann, bevor es zu einem Abbruch kommt. Die Befragung läuft noch bis Ende Februar 2018. Über 6.000 Exmatrikulierte, die im letzten Jahr ihr Studium abgebrochen haben, bekamen von uns eine Einladung zur Befragung per E-Mail. Im Servicecenter Studium liegen die Fragebögen auch aus.

In diese Befragung fallen auch Studierende, die ihren Studiengang gewechselt haben. Unter anderem möchten wir herausfinden, zu welchem Zeitpunkt, also nach welchem Semester, die Studierenden am häufigsten wechseln.

Die Uni möchte mit den Befragungen den gesamten Studienverlauf – vom Beginn an der Uni, über die Bedingungen bis zum Abschluss – abdecken. Da kommen ganz schön viele Daten zusammen. Wie werden die Infos ausgewertet?

Die Zentralen Befragungen werden von uns mithilfe einer Software ausgewertet. Dass wir das komplett selbst machen, ist neu und bietet uns den Vorteil, dass wir für die Uni Freiburg zielgerichteter und schneller auswerten können, als wenn eine externe Agentur das übernimmt, wie es bisher teilweise der Fall war.

Wir bereiten die Informationen in je einem Gesamtbericht und auf Fächerebene auf. Es entstehen pro Befragungstyp und -runde etwa 40 Einzelberichte. Die Fragen, die per Ankreuzen beantwortet wurden, werden automatisch statistisch ausgewertet. Die Antworten auf offene Fragen leiten wir an die jeweiligen Fächer weiter, die sich so einen Überblick über die Zufriedenheit und eventuellen Wünsche der Beteiligten verschaffen können.

Bei der aktuellen Exmatrikuliertenbefragung zeichnet sich zum Beispiel jetzt schon ab, dass die Teilnehmenden bei der Frage „Was hätte Ihnen seitens der Universität Freiburg geholfen, sich gegen das Beenden Ihres Studiums / den Wechsel Ihres Studiengangs zu entscheiden?“ sehr viel schreiben. Das werden wir nach Möglichkeit qualitativ auswerten. 

Zum ersten Mal wird die Befragung von Absolventinnen und Absolventen der Uni Freiburg in einem Verbundprojekt mit allen neun baden-württembergischen Universitäten durchgeführt. Warum erfolgt das in Kooperation?

Anfangs war die Kooperation sogar deutschlandweit, bevor sich die baden-württembergischen Universitäten entschieden haben, einen kleineren Verbund zu bilden, der einen eigenen Rahmen für die Befragung der Absolventinnen und Absolventen festgelegt hat und dadurch flexibler agieren kann.

Im BW-Verbund programmieren die einzelnen Unis die Befragungen eigenständig, das heißt auch wir führen die Befragungen selbst durch, aber die Ergebnisse können durch Verwendung eines identischen Kernfragebogens miteinander verglichen werden. Dieses Netzwerk zum Austausch von Erfahrungen ist von großer Bedeutung.

Ein weiterer Grund für den Verbund ist, dass wir damit einen politischen Standpunkt setzen können, da wir die Befragung zusammen entwickelt haben und die Unis dementsprechend dahinterstehen können. Damit bekommt die Befragung eine Legimitation und erfüllt gewisse Standards.

Wie werden die Teilnehmenden für die Befragungen ausgewählt und wie viele davon füllen dann tatsächlich den Fragebogen aus?

Bei der Befragung der Absolventinnen und Absolventen bekommen alle, die ihr Studium vor ein bis eineinhalb Jahren erfolgreich abgeschlossen haben, eine Einladung zur Teilnahme. Nur diese nehmen an der Befragung teil, da wir dann Aussagen für genau diesen Jahrgang treffen können. Momentan liegt die Beteiligung bei knapp 25 Prozent, die Befragung läuft allerdings noch bis Ende Februar 2018 und wir werden noch weitere Erinnerungen verschicken.

Bei der Exmatrikulierten-Befragung, die zum ersten Mal stattfindet, ist die Stichprobe offener gewählt, da wir erst herausfinden müssen, wann der beste Zeitpunkt für solch eine Befragung ist. Direkt nach dem Entschluss das Studium abzubrechen, wenn die Emotionen noch nicht verraucht sind, oder erst später, wenn die Befragten ihre Entscheidung retrospektiv betrachten können? Bisher haben 15 Prozent der Angeschriebenen teilgenommen, jedoch primär Fachwechslerinnen und Fachwechsler und weniger die tatsächlichen Studienabbrecherinnen und Abbrecher. Wenn über 20 Prozent der Befragten teilnehmen, sind wir zufrieden, das wäre ein Prozentsatz, mit dem man belastbare Auswertungen erstellen kann.

Was sind die häufigsten Gründe für einen Studienabbruch?

Die vorherigen Befragungen erfolgten deutschlandweit, dementsprechend gibt es nur ein paar Freiburger Antworten. Das ist ein Grund, warum wir diese Befragung nun auch selbst durchführen, da wir freiburgspezifische Gründe für einen Studienabbruch ermitteln möchten. Generell scheint aber der Wunsch nach mehr Praxis- und Berufsbezug ein großer Punkt zu sein. Viele nennen auch Überlastung und großen Druck im Studium als Grund für den Studienabbruch. Oft wird von den Teilnehmenden auch angegeben, dass sie sich das Studium anders vorgestellt hätten.

Die Studieneingangsphase – also der Beginn des Studiums – stellt einen der Schwerpunkte der aktuellen Befragungen dar.

Wir wissen schon aus deutschlandweiten Befragungen, dass die Studieneingangsphase eine kritische Zeit darstellt. Viele haben anfangs Orientierungsprobleme im Uni-Dschungel und berichten von Ankommens-Schwierigkeiten. Das Lernen von der Schule zur Uni umzustellen, Wissenslücken zu überwinden, um mit dem Stoff mitzukommen, das sind einige Herausforderungen, denen sich Studierende zu Beginn stellen müssen. Auch die Betreuungssituation ist an der Uni natürlich eine andere als in der Schule. 

Deswegen wird daran gearbeitet, mehr Hilfestellungen für Erstsemester anzubieten. Zum Beispiel können schon vor Studienbeginn ausführlichere Infos zum Studium helfen. Beratungen und Tutorien für Erstsemester sollen vermehrt angeboten werden.

Mit den Befragungen möchten wir herausfinden, ob die Angebote in die richtige Richtung gehen, indem wir die Studierenden fragen: Was hat dir am Anfang geholfen? Welche Angebote hast du wahrgenommen und würdest du sie weiterempfehlen? Im Sommer 2019 wird die dritte Befragung aller Studierenden stattfinden, die einen Schwerpunkt auf Fragen zur Studieneingangsphase legt.

Die Universität Freiburg stellt ihre Qualitätssicherung gerade auf „Systemakkreditierung“ um. Was heißt das?

Bisher wurden die Studiengänge programmakkreditiert, das heißt, sie wurden einzeln von externen Agenturen beurteilt. Im Rahmen der Akkreditierung werden die Studiengänge regelmäßig auf ihre Qualität hin untersucht. Jetzt findet eine Umstellung statt, da die Uni zum Verfahren der Systemakkreditierung zugelassen wurde. In diesem Verfahren weist die Universität Freiburg nach, dass sie die Qualitätssicherung ihrer Studiengänge selbständig übernehmen kann. Wenn das Verfahren positiv ausgeht, dürfte die Universität ihre Studiengänge künftig selbst einer Qualitätsprüfung unterziehen. Die Systemakkreditierung bescheinigt der Uni also, dass ihr internes Qualitätssicherungssystem geeignet ist, um das Erreichen der Qualitätsstandards zu gewährleisten.  Der Übergang auf das neue Verfahren soll Mitte 2019 abgeschlossen sein.

Die Zentralen Befragungen, die wir durchführen, sind ein Instrument der Qualitätssicherung. Somit fließen die Meinungen der Lehrenden und Studierenden über den Studiengang mit ein. Das liefert eine Basis, um beurteilen zu können, wie gut ein Studiengang ist und was man noch verbessern kann.

Die Uni bewertet ihre Studiengänge mit der Systemakkreditierung also selbst. Ist das nicht problematisch?

Die Umstellung auf das Verfahren der Systemakkreditierung wird von einer externen Akkreditierungsagentur kritisch begleitet und unsere geplanten internen Qualitätssicherungsmaßnahmen auf Adäquanz geprüft. Nachdem wir hoffentlich das Siegel der Systemakkreditierung erhalten haben, ist es auch weiterhin zwingend erforderlich, dass externe Gutachterinnen und Gutachter regelmäßig bei der Begutachtung der Studiengänge dabei sind. Die Systemakkreditierung sehen wir als Chance, um eine bewusstere Qualitätskultur zu schaffen und ein neues Verständnis dafür zu erhalten, was Qualitätssicherung eigentlich ist. Wir sind dann selbst verantwortlich und reflektieren uns stärker selbst.

Wurden aus den Ergebnissen der Befragungen schon konkrete Konsequenzen in den Fakultäten angeregt?

Aufgrund der Ergebnisse der letzten Befragungen und der anschließenden Klausurtagung haben sich schon einige Dinge in den Fachbereichen geändert. In Vorbereitung auf die Klausur, die 2014 durchgeführt wurde, haben sich Lehrende und Studierende von einem Fachbereich an einen Tisch gesetzt. Sie lasen die Fachberichte – also die Ergebnisse der Befragungen für ihr Fach – und sollten aufschreiben, was noch verbesserungswürdig ist und wie man handeln könnte. Das wurde dann in der gemeinsamen Klausur mit allen Fachvertretern und dem Prorektorat Lehre zusammengetragen, mögliche Lösungsansätze diskutiert und die Ergebnisse des Plenums als Stellungnahmen formuliert, welche auf unserer Website einsehbar sind.

Zum Beispiel wurde von den Biologiestudierenden das geringe Angebot an Berufsberatung kritisiert. Daraufhin wurde gemeinsam mit der Fachschaft die Veranstaltung „B³ – Berufsfelder für Biologen“ initiiert, die seitdem jährlich angeboten wird. Bemängelt wurden auch schlechte Kenntnisse in Statistik, weswegen nun seit zwei Jahren ein Statistikkurs angeboten wird.

Bei der juristischen Fakultät wurden die Angebote des E-Learning verbessert. Es wird jetzt ein „Examenskurs online“ angeboten. Um die Qualität der Klausurkorrekturen zu verbessern, wurde außerdem eine bessere Vergütung und Schulung der Korrekturassistentinnen und Assistenten eingeführt.

In der Befragung der Studierenden wurde auch nach der Zufriedenheit der Studierenden mit dem Kaffee-Verkauf der Fachschaften gefragt. Wie kam es zu der Frage?

Vor der ersten Befragung der Studierenden 2013 haben wir den StuRa besucht und gefragt, welche Themen ihnen auf der Seele brennen. Ein Vorschlag war daraufhin, die Studierenden zu fragen, wie sie den Kaffee-Verkauf der Fachschaften finden. Die Rückmeldungen der Studierenden: Sie scheinen mit dem Kaffee-Angebot zufrieden zu sein.

Info

Auf der Website des Teams der Zentralen Befragungen gibt es weitere Infos: www.uni-freiburg.de/befragungen

Die Ergebnisberichte der letzten Erhebungen sind online einsehbar. Hier findet ihr die Gesamtberichte von Absolventinnen und Absolventen, Lehrenden und Studierenden und die Einzelberichte der unterschiedlichen Fakultäten. Dort könnt ihr etwa herausfinden, wie zufrieden Absolventinnen und Absolventen eures Studiengangs sind, und welcher Tätigkeit sie nachgehen (nur aus dem Uni-Netz einsehbar).

Weitere Infos auf der Facebookseite DU kannst uns mal …

In diesem Blogeintrag der Lehrentwicklung findet ihr konkrete Beispiele von Angeboten, die aufgrund der Ergebnisse von Befragungen entwickelt wurden: blog.lehrentwicklung.uni-freiburg.de

Auch interessant: Die Sozialerhebung beleuchtet die wirtschaftliche und soziale Lage von Studierenden, wie beispielsweise die Wohnsituation, die Finanzierung, aber auch die Essgewohnheiten. Die Befragung erfolgte deutschlandweit, die Ergebnisse wurden von dem Team der Zentralen Befragungen angefragt. Unter den Befragten waren etwa 300 Freiburger Studierende. Die Ergebnisse gibts hier: blog.lehrentwicklung.uni-freiburg.de/werkzeugkasten-lehrevaluation/

Fotos: Beitragsbild: Nina Kramer, Foto Natalie Boros: Uni Freiburg / Lara Clausing
Autoren:
Veröffentlicht am 1. Februar 2018

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