Zwischen Fernsehstudio und Examensprüfung

Zwischen Fernsehstudio und Examensprüfung

Jan Martyniak studiert Englisch, Geschichte und Politik auf Lehramt. Da jeder einmal eine Abwechslung während des Staatsexamens braucht, hatte ihn seine Schwester, ohne ihm etwas zu sagen, bei ‚Wer wird Millionär’ angemeldet. Monate später ist Jan völlig überrascht, als RTL anruft und ihm Probefragen stellt, während er gemütlich in der Mensa sitzt.

Jan studiert Englisch, Geschichte und Politik auf Lehramt an der Uni Freiburg und war bei ‘Wer wird Millionär’ erfolgreich.

Jan, du warst am 2. und 9. Oktober 2017 Kandidat bei ‚Wer wird Millionär’ und hast dort 64.000 Euro gewonnen. Warst du schon immer ein Fan von ‚Wer wird Millionär’?

Ich habe die Sendung als Kind regelmäßig geguckt. Das guckt ja jeder irgendwie so mit seinen Eltern. Aber als ich dann zum Studieren ausgezogen bin hatte ich keinen Fernseher mehr. Dadurch habe ich die Sendung zwangsläufig nicht mehr gesehen. Aber ich fand sie immer cool.

Wie hast du dich auf deine Teilnahme vorbereitet?

Mein Gedanke war, dass man sich gar nicht vorbereiten kann. Es war cool, dass ausgerechnet in dem Jahr, in dem ich zwei Examen hatte, auch die Sendung war. Ich denke ich war am Peak meines Allgemeinwissens. Es kam allerdings leider keine Geschichtsfrage.

Aber eine witzige Story ist, als die Kandidaten alle im Umkleideraum waren und darauf warteten, dass die Sendung losgeht, haben wir uns noch spontan ein bisschen vorbereitet. Wir haben gesagt jeder guckt noch mal was nach, der eine die Charts, der andere die Top 10 Bestseller und so. Und da habe ich gelesen, dass „die Geschichte der Bienen“ gerade die Bestsellerliste anführte. Zehn Minuten bevor die Sendung losging fand ich noch die Antwort auf die Frage, die mir da ja dann auch gestellt wurde.

Deine Nervosität hat dir ja durchaus einen Streich gespielt, bei der Frage: „Welche Werkzeug-Ersatzteile sind im Fachhandel erhältlich? – Sägeketten für Kreissägen, Sägekreise für Kreissägen, Sägestiche für Stichsägen oder Sägenerven für Nervensägen. Wie hast du dich gefühlt, als du bei 500 Euro den Publikumsjoker nehmen musstest?

Also ich war echt sehr aufgeregt! Und ganz ehrlich, man kann doch erwarten, wo es in der deutschen Sprache für alles mehrförmige Wörter gibt, dass es dann auch einen Sägekreis gibt. Man denkt sich beim Zugucken ‚was für ein Vollidiot‘, aber wenn man dann die Optionen liest, überlegt man es sich als Kandidat lieber zweimal. Der einzige Gedanke war, hoffentlich merken die Leute am Fernseher, dass ich kein Idiot bin, sondern einfach nur aufgeregt.

Dass man mal einen Aussetzer hat ist ja auch normal.

Ja eben. Am aufregendsten ist nicht, dass da jetzt Kameras sind oder Günter Jauch vor einem sitzt, sondern dass im Studio 200 Leute direkt zusehen. Es ist wie eine Prüfungs- oder Examenssituation, in der nicht nur ein Prof, sondern 200 Profs um einen herumsitzen. Das war mit Abstand das Stressigste von allem.

War es komisch, im Fernsehen zu sein?

Ja es war total absurd. Eigentlich ist mir das erst so richtig bewusst geworden, als ich es im Nachhinein gesehen habe. Wenn man in der Situation ist, merkt man fast gar nichts von den Kameras. Aber als ich es mir später angesehen habe, war es schon krass, weil man zum ersten Mal seine Stimme hört und sieht wie man sich bewegt und so.

Hattest du ein Ziel, wie viel Geld du auf jeden Fall gewinnen wolltest?

Also um ganz ehrlich zu sein hatte ich ja ohnehin schon daran gezweifelt, auf den Stuhl zu kommen. Als ich aber auf dem Stuhl saß, war da natürlich schon die Hoffnung, ein paar tausend Euro zu gewinnen. Am Ende war ich dann total glücklich mit 64.000 Euro.

War Günter Jauch so wie du ihn dir vorgestellt hattest?

Als Kandidat hat man nicht so viel mit ihm zu tun. Auch von Senderseite wird eine Distanz gewahrt, weil man sich ja sonst eventuell Vorteile erschleichen könnte. Aber er war total nett und umgänglich. Schon so, wie er auch im Fernsehen ist. Ich habe ihn ja ein bisschen länger getroffen, weil ich Überhangskandidat war und in der zweiten Sendung mit ihm reingelaufen bin.

Was hast du nach der Sendung als erstes gemacht?

Ich glaube ich war noch so aufgeregt, dass ich erst einmal eine geraucht habe. Da ging so viel Adrenalin durch mich durch. Ich habe eine Weile gebraucht, um zu checken was passiert war. Erst in dem Moment, in dem man dann das Geld auf dem Konto hat, wird einem das so richtig klar.

Welche Pläne hattest du vor der Sendung, welche danach?

Davor denkt man, ja wäre schon geil eine Million zu gewinnen, aber es ist ja gar nicht wahrscheinlich, dass man überhaupt auf den Stuhl kommt. Man wird bei der Bewerbung gefragt, was man mit dem Geld anfangen möchte und ich sagte, ich will meinen Eltern ein Haus kaufen und meiner Schwester das Studium finanzieren. Aber über die Summen, die zwischen Null und einer Million liegen, denkt man gar nicht nach.

Was ich mit dem Geld machen werde, habe ich mir erst im Nachhinein überlegt. Knapp zwei Drittel habe ich mir mittelfristig zurückgelegt, für Reisen und so. Und ich zahle mir monatlich Geld aus, sodass mich meine Eltern nicht mehr unterstützen müssen. Ich habe mir ein Motorrad gekauft, das war ein Kindheitstraum. Ich habe versucht, eine Balance zwischen Sparen und Geld verprassen zu finden.

Fühlst du dich mit dem Geld jetzt „freier“ in deinen Entscheidungen?

Eigentlich war es erst einmal eine Belastung. Ich war total froh, als ich einen Batzen auf ein Konto überwiesen hatte, auf das ich keinen Zugriff habe und den anderen Batzen für die Reisen auch nochmal auf ein anderes Konto gelegt hatte. Je weniger von dem Geld auf dem Konto ist, desto beruhigter bin ich. Das klingt komisch, aber man bekommt echt Angst, dass es verloren geht oder geklaut wird oder so. Geld ist auch total überfordernd.

Also auch eine Verpflichtung?

Ja, man muss plötzlich darüber nachdenken, was man damit macht, es gibt nichts Stressigeres. Geld macht viele Dinge nicht leichter. Das hört sich jetzt anmaßend an, aber das sagen viele Leute, die Geld haben. Vor dem Gewinn hatte ich immer rote Zahlen auf dem Konto und jetzt musste ich plötzlich lernen, mit so viel Geld umzugehen.

Hat sich dein Leben seit dem Gewinn grundlegend verändert?

Ich muss mir weniger Gedanken machen. Gerade beim Thema Essen ist es schon schön, wenn man das Bio-Produkt kaufen kann, ohne schlechtes Gewissen, weil man so viel Geld ausgegeben hat.

Versuche den Abend bei ‚Wer wird Millionär“ in drei Worten zu beschreiben.

interessant – aufregend – überwältigend

Noch eine Anekdote?

Alle Leute die mich kennen, haben mir während der Spargelfrage geschrieben, denn ich hasse Spargel und sie haben gedacht der arme Kerl, jetzt fliegt er raus oder braucht drei Joker. Zwei Joker musste ich bei der Frage ja dann schließlich auch opfern.

Fotos / Collage: Anna Greule
Autoren:
Veröffentlicht am 8. Februar 2018

Empfohlene Artikel