finding doves at the borderline

finding doves at the borderline

Ob Kurzgeschichte, Liebesgedicht, Romanausschnitt oder Poetry-Slam Text – Lu liebt Literatur! Auf uniCROSS stellen euch Mitglieder der Uni ihre Texte vor. Heute: “finding doves at the borderline” von Marvin Ludäscher.

Weite, grüne Hügel, große Häuser, Sonnenschein. Wir haben Abendsonne und sie glitzert schwach in den Fenstern überall um uns herum. Wir sitzen in einem offenen Geländewagen, mein bester Freund und ich. Er fährt, ich genieße die Aussicht. Ein berauschendes Panorama! Wir fahren auf einer Hochstraße entlang. Haben wir ein Ziel? Ich kenne es nicht. ‘Wo sind wir?’, frage ich. ‘In LA natürlich’, bekomme ich als Antwort, ‘wir besuchen meinen Dad’. Natürlich. Der Wagen steuert auf eine Haarnadelkurve zu. Wir werden langsamer.

Plötzlich sitze ich in einem Flugzeug. Sitz im Mittelgang, kein Fensterblick. Ich lehne mich nach links und schaue nach vorn. Ein Kerl steht da und erklärt etwas. Es geht um Sport. All die Männer in der Kabine hier – Wir gehören zusammen. Wir sind eine Mannschaft. Alle sind positiv gestimmt.
Mit derselben Mannschaft sitze ich jetzt in einem Bus. Keins dieser Luxusmodelle, ein Linienbus in Rot. Ich schaue aus dem Fenster. Die Sonne hat den Boden weitestgehend verbrannt. Hier wächst nur, was unbedingt will oder nicht anders kann. Die Straße führt eine Senke hinunter. Links und rechts ragt der Boden über uns hinaus. Wir befinden uns in einer Art Kanal. Die Wände sind abgerundet und verlaufen auf ein Plateau zu. ‘Sieht aus wie ‘ne Halfpipe’ sage ich und meine Kollegen stimmen lachend zu. Der Busfahrer macht eine Durchsage. Er will den Bus kontrolliert auf die Seite werfen. Aus Sicherheitsgründen. Natürlich. Keiner wehrt sich. Muss wohl Routine sein.

Der Fahrer beschleunigt. Er wird noch schneller. Ich wundere mich, dass ein Bus diese Geschwindigkeit erreichen kann. Angst verspüre ich keine. Dann lenkt der Fahrer nach rechts und fährt die Wand hoch. Wir heben ab. Ich spüre, wie ich der Schwerkraft trotze und meinen Sitz verlasse. Es kribbelt im Bauch. Wahnsinn! An der Sitzreihe vor mir suche ich Halt. Wir schlagen auf. Ich spüre die Erschütterung des Aufpralls bis auf das Knochenmark. Der Bus rutscht einige Meter weit. Das Metall kratzt über den sandigen Boden. Ringsum fallen Leute aus ihren Sitzen. Ist da gerade David Alaba an mir vorbeigeflogen?! Plötzlich ein Ruck. Der Bus springt erneut und kippt zurück in seine Ausgangslage. Wir werden langsamer, bis wir letztlich stoppen. Was war das denn, Bitte?! Die Menschen halten ihre Köpfe und Arme. Jeder im Bus scheint verwundet. Ich bin okay. Natürlich.

Aus der hintersten Reihe meldet sich jemand zu Wort. Der Kerl aus dem Flugzeug. Er trägt Brille und Bierbauch. Mit ernster Miene sagt er, dass Kevin bei der Übung aus dem Fenster gerutscht sei. Er sei wohl oder übel tot. ‘Wer zum Teufel ist Kevin?’ denke ich. Den Gesichtern der Anderen nach zu urteilen, war er ein guter Mann. Trauer durchflutet den Bus. Schräg vor mir sehe ich, wie Jerome Boateng das Gesicht in seinen Händen vergräbt und wimmert. Andere krümmen sich in ihren Sitzen. Ich blinzle zweimal. Akzeptanz prägt die Runde jetzt. Kurz darauf schwingt bereits Optimismus durch das Vehikel. ‘Wir dürfen uns davon nicht abhalten lassen’, ‘the show must go on’, ‘Blablablabla’. Die gesamte Mannschaft ist überzeugt: Jetzt. Erst. Recht. Natürlich. Und ich sitze da mit großen Augen und die einzige Frage, die mich beschäftigt, ist: Können wir das bitte wiederholen?

Autor: Marvin Ludäscher

Info

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Veröffentlicht am 16. Mai 2018

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