Ein Blick hinter den Vorhang

Ein Blick hinter den Vorhang

Acht studentische Theatergruppen an einer Universität – Streit um die besten Aufführungen, Clinch um Probenräume und Rivalitäten um das Publikum? Weit gefehlt. Denn in Freiburg gibt es den FIST. Außerdem: Mit Theaterpädagogik zu mehr Selbstbewusstsein und ein Blick hinter den Vorhang von “Arts Liberated”.

Wo anderorts vermeintliches Konfliktpotenzial lauert, gibt es in Freiburg den Freiburger Interessenverbund für Studentisches Theater, kurz FIST genannt, ein Zusammenschluss von acht Theatergruppen. Neben den vielen Theaterbegeisterten in den einzelnen Gruppen, stecken hinter dem FIST zwei Studentinnen, Johanna und Lilly, die sich die Koordinationsstelle neben Studium und eigenen Theaterprojekten teilen. Der FIST ist kein eingetragener Verein, was zwar durchaus schon zur Debatte stand, aber da es so schnelle personelle Wechsel gibt, lässt sich das nicht realisieren. Die Theatergruppen untereinander sind selbst organisiert und der FIST stellt deren gemeinsame Organisationsstruktur dar. „Im Endeffekt sind wir einfach zwei Leute von den Theatergruppen, die sich ehrenamtlich dazu bereit erklären, den ganzen Organisationskram zu erledigen“, erklärt Lilly.

Was damals zur Gründung des FIST geführt hat, ist bis heute die Hauptaufgabe des Interessenverbundes geblieben: 2014 wurde dem Freiburger Literaturhaus der Theatersaal der Alten Uni zugesagt, die langjährige Spielstätte der studentischen Theaterszene. Um nicht mit leeren Händen dazustehen, galt es für die Theatergruppen mit der Universität über andere Probenräume und eine neue Spielstätte zu verhandeln. Daher fanden sich die Mitglieder der einzelnen Gruppen zusammen, um geschlossen gegenüber der Universität ihr Interesse zu vertreten.

Gemeinsam mit Vertreterinnen und Vertretern der Stadt und der Universität diskutierten die Studierenden über unterschiedliche Räumlichkeiten. Im Gespräch war unter anderem die Lutherkirche im Stühlinger, doch dass junges und so auch mal anstößiges Theater nicht in eine solche Institution passt, war den Beteiligten schnell klar.

Der Vorschlag der Universität, den ehemaligen Kinosaal im Rektoratsgebäude als Spielstätte zu nutzen wurde schlussendlich realisiert. Seit dem Frühjahr 2016 bespielen die acht Theatergruppen den renovierten und mit neuer Lichttechnik ausgestatteten Saal, der heute als „TheaterFISTung“ bekannt ist. Die ehemalige Spielstätte in der Alten Universität wird darüber hinaus in Absprache mit dem Literaturhaus an dem einen oder anderen Wochenende zusätzlich für Aufführungen genutzt.

Unterschiedliche Resonanz auf die neue Raumsituation

Nicht alle sind aber glücklich mit dieser Lösung: „Viele Leute und Gruppen finden das immer noch nicht ganz ideal. Wir können zwar nun eine tolle Lichttechnik nutzen und haben richtige Zuschauerränge, gleichzeitig wird der Raum aber als Hörsaal genutzt und ist daher nicht ganz dunkel zu bekommen“, sagt Koordinatorin Lilly. Und tatsächlich, bei einem Probenbesuch der Gruppe „Arts Liberated“ wird klar, dass der Saal durch den hellen Anstrich sowie die Lichter an beiden Seiten nicht vollständig abgedunkelt werden kann. Keine ideale Theateratmosphäre, doch wenn das Geschehen auf der Bühne einen in seinen Bann zieht, ist das schnell vergessen. Des Weiteren erklärt Lilly, dass sich die hohe Bühne nicht im gleichen Maße umbauen lasse, wie das im Theatersaal der Alten Uni der Fall gewesen sei und darüber hinaus weniger Bühnenaufgänge vorhanden seien.

Dass die Gruppen den Theatersaal in der Alten Uni weiterhin nutzen können, macht die Arbeit des Interessenverbunds nicht unbedingt leichter. Denn der FIST kümmert sich als Vermittler zwischen den einzelnen Gruppen, der Universität und nicht zuletzt auch dem Literaturhaus vor allem darum, die Raumbelegung der acht Theatergruppen zu organisieren. Gleichzeitig haben die Gruppen nun auch die Möglichkeit, zwei ganz unterschiedliche Räume zu bespielen, was für die Studentische Theaterszene eben auch eine Bereicherung sei, erklärt Lilly.

Der FIST organisiert auch gemeinsame Produktionen

Wenngleich die Raumvergabe und Organisation des Semesterprogramms die zentralen Aufgaben des FIST sind, beschränkt sich der Theaterverbund nicht allein auf die Koordination. Von Beginn an versucht der FIST, jedes Semester eine theatergruppenübergreifende Produktion auf die Beine zu stellen. Die Idee dahinter: „Kreativität austauschen, die FIST-Identität stärken und natürlich mal mit Leuten aus anderen Gruppen zusammenzukommen“, sagt Lilly.

Die Projekte sind mit ein bis zwei Monaten Probezeit deutlich kürzer angelegt und bieten abseits der normalen Produktionen eine gute Möglichkeit, sich im Theater auszuprobieren. Ein ganz besonderes Beispiel einer FIST-Produktion ist Arthur Schnitzlers frivoles Stück ‚Reigen‘, das im April 2016 innerhalb von 48 Stunden auf die Beine gestellt wurde. Aus solchen Projekten ergeben sich Einnahmen für gemeinsame Anschaffungen sowie für neue Produktionen. 

Die acht Theatergruppen bringen ein ganz unterschiedliches Programm auf die Bühne: Sowohl englisches als auch deutsches Theater, gespielt werden Klassiker, moderne und selbstgeschriebene Stücke.

Nicht nur die gut besuchten Aufführungen, sondern auch der hohe Zulauf bei offenen Proben zu Semesterbeginn zeigen, wie gefragt Theater unter Studierenden ist. Lilly sagt: „Ich glaube kaum, dass es in vielen anderen Städten so viel an Studitheater gibt wie hier, da haben wir in Freiburg echt Glück.“

Mit Theaterpädagogik zu mehr Selbstbewusstsein

Freiburgs studentische Theaterszene ist außergewöhnlich lebendig. Doch Schauspiel geht weit über die Bühne hinaus, auch an der Uni. Hier kommt die Theaterpädagogik ins Spiel – mit welchen Übungen und Methoden sie Studierenden im Alltag hilft, hat Laura von Regisseur und Schauspieler Frank Weik erfahren. 

Ein Blick hinter den Vorhang von “Arts Liberated” 

Beim Stichwort Laientheater denken die Meisten von uns an Umsetzungen großer Klassiker wie Shakespeares „Hamlet“ oder „Die Räuber“ von Schiller. Dass es auch anders geht, zeigen „Arts Liberated“, die Theatergruppe des Studiengangs Liberal Arts and Sciences an der Uni Freiburg.

Infos

Weitere Infos zum FIST sowie eine Übersicht der Theatergruppen und deren Produktionen gibt es auf der Website und der Facebook-Seite des Uni-Theaters.

Kontakt: fist.freiburg@gmx.de
           

Eine Gemeinschaftsproduktion von Vincent Kolominsky-Rabas, Laura Nasilowski (Foto), Jonas Hägele, Nicole Kauer im Rahmen des Seminars „Einführung in den crossmedialen Journalismus“ für Studierende der Medienkulturwissenschaft.

Seminarleitung, Redaktion: Silvia Cavallucci, Ragna Plaehn, Andreas Nagel

Veröffentlicht am 5. September 2018

Empfohlene Artikel