Über den Wolken

Über den Wolken

„Fliegen als Luxusprodukt zu betrachten“ fordert die Hochschulgruppe Campusgrün und viele Umweltverbände stimmen zu. Was Fliegen zur Umweltbelastung macht, welche politischen Lösungen es gibt und was jeder dagegen tun kann. Außerdem: Urlaub vor der Haustür und Urlaub fürs Gehirn.

Immer mehr Menschen verreisen mit dem Flugzeug. 2017 stellte der Verband der deutschen Verkehrsflughäfen 234,7 Millionen Passagiere an deutschen Flughäfen fest – Tendenz steigend. Auch Studierende verreisen dank der günstigen Tickets von Billigfliegern immer häufiger mit dem Flugzeug. Der steigende Flugverkehr verstärkt allerdings den Treibhauseffekt. Ein Hin- und Rückflug auf die Malediven stößt beispielsweiße pro Fluggast etwa fünf Tonnen CO2 aus. Mit einem Mittelklassewagen fährt man für die gleiche Menge CO2 etwa 30.000 Kilometer – einmal nach Australien und zurück.

Flugzeuge stoßen nicht nur CO2 aus

Flugzeuge sind nicht nur durch den CO2-Ausstoß schlecht für die Umwelt, informiert das Umweltbundesamt auf seiner Webseite. Durch die Emissionen in großen Höhen werde Ozon gebildet, außerdem setzen Flugzeuge Wasserdampf und Rußpartikel frei. Hinzu kommt, dass durch diese Emissionen Zirruswolken verändert und gebildet werden. 

Jeder dieser Faktoren hat einen erwärmenden Effekt auf die Erdatmosphäre. Die Folge ist, dass der Treibhauseffekt verstärkt wird. In großen Höhen ist die Wirkung drei bis fünfmal höher, als nur die reine Wirkung des ausgestoßenen CO2. Deshalb ist der Einfluss von Flugzeugen größer, als der von anderen Verkehrsmitteln. Zudem ist CO2 ein langlebiges Gas. Das heißt, dass nicht nur jedes Jahr neues CO2 abgegeben wird, sondern, dass das CO2 aus den Jahren zuvor noch vorhanden ist.

Auch Fluglärm ist problematisch

Flugzeuge haben nicht nur negative Auswirkungen auf die Umwelt, sondern sind auch Verursacher anderer Probleme. 44 Prozent der deutschen Bevölkerung fühlen sich durch den Fluglärm belästigt, fand eine Studie des Bundesamtes für Umwelt 2016 heraus. Fluglärm erzeugt ein in Intervallen anschwellendes Geräusch. Der Körper kann sich an Dauerlärm nicht gewöhnen. Die Folgen sind zum Beispiel Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Kinder, die in der Nähe von Flughäfen leben, leiden unter Lern- und Konzentrationsschwierigkeiten. Obendrein verlieren Häuser und Grundstücke in der Nähe von Flughäfen an Wert, die lokale Luftqualität verschlechtert sich und durch den Bau von Flughäfen wird Fläche verbraucht.

Gesetze schränken den Flugverkehr kaum ein

Nun stellt sich die Frage nach den gesetzlichen Regelungen, um die negativen Folgen des Flugverkehrs einzudämmen. Der Luftraum ist ein globales Gemeinschaftsgut, das jeder kostenfrei und nahezu unbegrenzt nutzen kann. Ein Nutzungsentgelt entfällt damit nicht, obwohl dieses von vielen gefordert wird. Naomi Mansour äußert sich stellvertretend für Campusgrün, der grünen Hochschulgruppe an der Uni Freiburg, zum Nutzungsentgelt: „Wir sprechen uns auf jeden Fall ganz klar für CO2 Steuern aus. Der europäische Emissionshandel funktioniert nicht, weil der Preis viel zu niedrig ist. Es ist vom Ansatz her eine gute Idee, sollte aber ausgedehnt werden, damit auch der wahre Preis, also einen deutlich höheren Preis, verlangt werden kann.“      

Allerdings schränkt das international gültige Chicagoer Abkommen die Gesetzgebung ein. Es verbietet, für den Durchflug, Einflug und Ausflug des nationalen Luftraums Gebühren zu verlangen oder für Flugbetriebsstoffe wie Kerosin, Steuern oder ähnliche Abgaben zu erheben. Obwohl es international keine Steuern auf den Flugverkehr gibt und dies laut dem Chicagoer Abkommen nicht erlaubt ist, hat sich Deutschland dagegengesetzt. Seit November 2011 gilt das Luftverkehrssteuergesetz, das innerdeutsche Flüge besteuert. 2014 waren es pro Passagier zwischen 7,50 Euro und 42,13 Euro, je nach Streckenlänge.  Dieser Betrag reicht allerdings längst nicht aus, um die Umweltschäden, die durch Flugverkehr entstehen, zu beheben. Hinzu kommt, dass der Luftverkehr innerhalb Deutschlands zusätzlich von der Ökosteuer befreit ist. Es gibt also kein Gesetz, das die ökonomischen Anreize zu fliegen effektiv senkt.

Ganz im Gegenteil, denn die Subventionierung des Flugverkehrs werden die Tickets günstiger, was den Anreiz, zu fliegen, erhöht. Eine Subvention ist unter anderem die fehlende Kerosinsteuer. Sie widerspricht der steuerlichen Gleichbehandlung, da zum Beispiel auf die Bahn Steuern entfallen. So kommt es zu einer Wettbewerbsverzerrung. Grundsätzlich wäre eine EU-weite Besteuerung des Flugverkehrs zwar möglich, aber viele Mitgliedstaaten sträuben sich dagegen.

Langfristig müsse sich politisch etwas ändern, fordert Naomi. „Auf jeden Fall müssen die Subventionen gestrichen werden. Sie müssen aus dem Flugverkehr rausgezogen und umgedreht werden, also keine Subventionen, sondern Steuern auf das Fliegen.“ Dies betreffe nicht nur die Kerosinsteuer, sondern auch die Subventionierung in anderen Bereichen wie der Flughafensanierung.

Der Ausbau der Luftverkehrssteuer oder des Emissionshandels können politische Ansätze sein, um die ökonomischen Anreize, für Flugreisen zu senken und damit den Flugverkehr einzudämmen.

Kompensationszahlungen – die freiwillige Lösung?

Das Umweltbundesamt schlägt Kompensationen als eine Möglichkeit vor, um die Umwelt zu entlasten. Eine Kompensation ist ein freiwilliger, zusätzlicher Beitrag zum Flugticket, womit  Klimaschutzprojekte unterstützt werden. Diese Angebote erfolgen durch externe Anbieter und sind unabhängig von Regierungen oder Fluggesellschaften.

Naomi sieht diese Zahlungen allerdings kritisch: „Wir setzen ganz klar auf Suffizienz, also weniger fliegen. Bei der Kompensation muss man auch beachten, dass es nur begrenzt möglich ist, zu kompensieren. Wir sollten die Kompensation nicht dazu nutzen, den Überschuss, den wir dann produzieren, zu verringern, sondern das runterfahren, was wir in den letzten Jahren aufgebaut haben.“

Leonore studiert Medienkulturwissenschaft an der Uni Freiburg und steht den Zahlungen ebenfalls kritisch gegenüber: „Damit wird der Anschein geweckt, dass man Umweltverschmutzungen mit Geld kompensieren könnte. Das versetzt wieder rein wirtschaftlich die Leute, die viel Geld haben, in die Lage, dass sie die Erde verschmutzen können und die Folgen auf andere umzuwälzen, die sich das nicht leisten können.“

Valentina ist ebenfalls Studentin der Medienkulturwissenschaft und hat wegen ihrer familiären Situation schon neunzehnmal den Atlantik überquert. Sie sagt: „Für mich gibt es keine Alternative zum Fliegen. Alleine schon, weil ich zur Hälfte aus Chile bin und das für mich ein Stück Heimat ist. Für mich ist das so, als wenn andere nach Berlin fahren, nur fliege ich um die Welt.“ Gedanken um ihren CO2-Ausstoß macht sie sich aber trotzdem: „Ich fühle mich auch nicht gut, wenn ich an meinen ökologischen Fußabdruck denke.“

Gerade für Menschen, die sich in einer ähnlichen Situation befinden und nicht auf das Fliegen verzichten können, sind die Kompensationszahlungen eine Lösung. Dass sich Flugreisen nicht verhindern lassen und die Zahlungen zumindest zur Klimaneutralität beitragen, sieht auch Naomi so: „Wir leben in einer globalisierten Welt. Man sollte sich trotzdem ganz bewusst überlegen, welche Verantwortung man trägt. In Situationen, in denen es nicht anders möglich ist, würden wir einfach auf die Kompensation verweisen. Das Bewusstsein zu haben und dann bewusst die Entscheidung zu treffen, ist ganz wichtig.“

Die Entfernung des Kompensationsstandortes und dem Ort der CO2 Emission spielt für das Funktionieren dieses Modells keine Rolle. Es macht keinen Unterschied, ob die Flugreise innerhalb Europas und das Umweltschutzprojekt in Afrika stattfindet oder beides räumlich nah beieinander ist. Die Dauerhaftigkeit des Projekts spielt dagegen eine große Rolle. Ist das CO2 einmal ausgestoßen, so bleibt es und das muss das Kompensationsprojekt auffangen können. Der Anbieter muss garantieren, dass das Projekt nicht nur die nächsten zehn Jahre läuft, da ansonsten die Kompensation hinfällig wäre.

Jeder kann etwas tun

Grundsätzlich kann jeder Einzelne etwas tun, um die Emissionen, die durch den Flugverkehr entstehen, zu verringern. Leonore schlägt vor, dass man Bahn fährt und sich am Ort, wo man ankommt, ein Auto mietet.“ Sie findet, dass die Zugtickets in Deutschland zu teuer sind und fordert, dass diese günstiger werden „damit die Leute auch Anreize bekommen, mit der Bahn zu fahren, statt mit dem Flugzeug zu fliegen.“

Valentina sieht ebenfalls eine Alternative zum Flugzeug: Den Bus, denn der ist „innerhalb Europas auch meistens billiger.“ Jeder kann sich bei der nächsten Urlaubsplanung überlegen, ob eine Flugreise notwendig ist. „Generell weniger zu reisen“ ist die Empfehlung von Campusgrün. „Gerade in Freiburg können wir sehr glücklich über unseren Standort sein.“ Ausflüge in der Region sind so manchem Reiseziel ebenbürtig. „Wenn es einen ins Ausland zieht, ist man schnell im Dreiländereck, sogar mit dem Fahrrad in Frankreich. Man kann an den Bodensee fahren, eine Kanutour machen oder in den Vogesen wandern.“   

Und wenn ihr jetzt neugierig geworden seid, wie ein Urlaub in der Region aussehen kann, dann schaut doch mal in unseren TV-Beitrag „#wanderlust“ rein.

Kompensieren – aber wie?

Was muss ich beachten, wenn ich kompensieren möchte?

Wichtig ist, dass:

–    man Emissionen vermeidet und nur auf Kompensationen zurückgreift, wenn es nicht anders möglich ist

–    der Kompensationsanbieter die Emissionen realitätsnah berechnet

–    das Projekt anspruchsvoll und nachvollziehbar ist. Also auch regelmäßig von unabhängigen Dritten überprüft wird

–    alle Angaben über das Projekt transparent sind

Das Umweltbundesamt empfiehlt den Anbieter ATMOSFAIR: www.atmosfair.de

Weitere Informationen bietet das Umweltbundesamt: www.umweltbundesamt.de

Wenn ihr euren ökologischen Fußabdruck berechnen wollt, könnt ihr hier nachschauen: www.fussabdruck.de/fussabdrucktest

Knoten im Hirn

Schwirrt euch der Kopf? Dann gibt hier nun „Urlaub fürs Gehirn“. Ein entspannter Beitrag zu allem, was zu Urlaub im eigenen Kopf, Entspannung und Achtsamkeit gehört.

 

#wanderlust

Ob Thailand, Norwegen oder Australien – unter dem Hashtag Wanderlust posten heute viele junge Menschen Bilder von sich an Stränden, auf Bergen und vor anderen malerischen Kulissen. Was ist aber, wenn man im Studium mal nicht so viel Geld parat hat, um diesem Trend zu folgen? Für eine Auszeit vom Unistress und um den alltäglichen Pflichten zu entkommen haben – zumindest die Freiburger – das Paradies direkt vor der Tür.

 

Für den Textbeitrag verwendete Studien:

www.norah-studie.de

www.umweltbundesamt.de/sites

Eine Gemeinschaftsproduktion von Milena Rodrigues-Schmidt, Petra Leonore Strebel, Laura Vogelhöfer und Lara Wehler (Foto) im Rahmen des Seminars „Einführung in den crossmedialen Journalismus“ für Studierende der Medienkulturwissenschaft.

Seminarleitung, Redaktion: Silvia Cavallucci, Ragna Plaehn, Andreas Nagel.

Veröffentlicht am 25. Oktober 2018

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